Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
hoppla!“
Emily lehnte sich angespannt vor. „Was ist ? Ist das Konto im Minus?“
„Nein, ganz im Gegenteil, Miss. Auf diesem Konto befinden sich 125.000 Pfund!“
Ihre Kinnlade klappte herunter. „Meine Mutter hatte so viel Geld?“
„Ja. Genauer gesagt haben Sie jetzt so viel Geld.“ Er lächelte sie aufmunternd an.
„Davon kann ich die Beerdigung bezahlen. Ach nein, das ist ja schon geregelt.“
„Ich würde sagen, davon können Sie noch eine ganze Menge mehr bezahlen. Miss Watson, Sie sind jetzt eine wohlhabende Frau.“
In diesem Moment legte seine Kollegin ihm einen Faxausdruck auf den Tisch. Emily erkannte sofort die Kopie des Testaments ihrer Mutter.
„Schön. Jetzt kann ich das Konto auf Sie überschreiben. Oder möchten Sie das Geld auf Ihr eigenes Konto überwiesen haben und dieses schließen?“
Emily entschied sich dafür, das Konto zunächst zu behalten und erhielt wenig später die volle Verfügungsgewalt darüber.
Als sie die Bank schließlich verließ, war sie reich und so verwirrt wie nie zuvor in ihrem Leben.
3
Es klopfte leise an der Tür, als Emily Watson auf ihrem Bett in der Pension saß und sich die Haare mit einem Handtuch trocken rubbelte. Sie war völlig durchnässt dort angekommen und hatte von Mrs. Mallon strikte Anweisung erhalten, sofort eine heiße Dusche zu nehmen und sich trockene Kleidung anzuziehen. Zum Glück war sie schon angezogen, so dass sie schnell die Tür öffnen konnte. Mrs. Mallon auf dem Flur und war gerade im Begriff, ein kurzes Gespräch mit Mr. Eckkamp zu beginnen, der sich offensichtlich auf dem Rückweg in sein Zimmer befand. In den Händen hielt die Hauswirtin ein Tablett mit einem großen Teller von ihrer Hühnersuppe mit Ei. „Mr. Eckkamp, wie schön, Sie zu sehen! Ah, Sie sind wenigstens trocken geblieben. Möchten Sie einen kleinen Snack zum Mittagessen? Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, dass ich unseren neuen Gast etwas verwöhne. Sie ist durcheinander und kam völlig durchnässt zurück, deswegen bekommt sie ausnahmsweise Suppe auf ihr Zimmer gebracht. Sie haben doch nichts dagegen? Die junge Frau muss schließlich bei Kräften bleiben, bei allem, was sie erlebt hat…“
Sie plapperte munter weiter, während die Suppe in dem Teller gefährlich schwankte. Emily sah zuerst auf den Teller, dann auf Mrs. Mallon und dann schließlich zu Mr. Eckkamp, der sich ein Lachen offensichtlich kaum noch verkneifen konn te. Ihre Blicke begegneten sich und nun musste auch Emily an sich halten. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich leicht und schien danach zu betteln, von dem Gespräch erlöst zu werden. Emily grinste und nickte leicht, da ihre Hauswirtin gerade Mr. Eckkamp ansah.
„Mrs. Mallon, ich danke Ihnen herzlich für die Suppe. Das ist wirklich sehr lieb von Ihnen. Kommen Sie, ich nehme Ihnen das Tablett ab. Ich verspreche, ich werde ganz vorsichtig essen, damit nichts im Zimmer verkleckert wird. Mr. Eckkamp, es ist schön , Sie kennen zu lernen! Haben Sie noch einen schönen Tag.“ Sie lächelte beide Personen strahlend an und schloss dann langsam wieder ihre Zimmertür. Immerhin, die Begegnung hatte ein Lächeln auf ihr Gesicht gezaubert und ihr eine anscheinend sehr nette neue Bekanntschaft beschert. Vielleicht fand sie am nächsten Morgen beim Frühstück Gelegenheit, sich mit ihrem Zimmernachbarn zu unterhalten.
Zunächst aber setzte sie sich an den kleinen Tisch am Fenster und löffelte genüsslich die köstliche Brühe. Es war dieselbe Suppe wie am Vorabend, nur aufgewärmt, was der Sache aber keinen Abbruch tat. Große Stücke Hähnchenfleisch schwammen in der reichhaltigen Brühe, dazu etwas Ei, Nudeln, Suppengemüse und Champignons. Sofort wurde ihr von innen heraus warm, und das Zittern, das sie seit dem Besuch beim Anwalt nicht losgelassen hatte, legte sich endlich.
Nachdenklich starrte Emily aus dem Fenster. Sie hatte noch kurz mit Mr. Caine telefoniert und ihn damit beauftragt, alle nötigen Anrufe zu tätigen, das Arbeitsverhältnis zu kündigen und alles zu erledigen, was nicht direkt mit dem Cottage in Verbindung stand, denn davon musste die junge Frau sich erst selbst ein Bild machen. Nun überlegte sie fieberhaft, ob sie am Nachmittag zuerst zum Cottage fahren oder zunächst die Familiengruft auf dem Friedhof aufsuchen sollte. Beides war wenig verlockend. Sie wusste, dass sich im Cottage gegebenenfalls Spuren des Todes ihrer Mutter finden lassen würden, und dass es unter Umständen auch nach selbigem roch. Schon bei
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