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Der Tag mit Tiger - Roman

Der Tag mit Tiger - Roman

Titel: Der Tag mit Tiger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nicht, also musst du nicht versuchen, den Schlüssel ganz zu drehen. Das wäre sehr schwierig. Aber du musst ihn gerade richten, um ihn herausziehen zu können.«
    »Was heißt das?« Nina betrachtete Anne aufmerksam.
    »Du wirst dich am besten bis zum Schloss strecken und mit den Zähnen oder mit der Nase versuchen, den Teil des Schlüssels, der aus dem Schloss ragt, senkrecht nach unten zu schieben.Dann kannst du mit den Zähnen die Schwanzspitze packen und dich mit den Pfoten von der Tür abstoßen.«
    »Urgs!«
    »Nina, keine falsche Pietät, das tut Cleo jetzt nicht mehr weh.« Tiger, der Praktiker, sprang ein. »So wie Anne es sagt, könnte es funktionieren. Wir geben dir von hier oben Rat, wenn du nicht weiterkommst.«
    Nina raffte sich zusammen. »Danke, Anne. Also dann los!« Sie lief die Treppe hinunter und blickte zum Schloss hoch. »Ein bisschen warm hier unten«, kommentierte sie die Lage. Dann richtete sie sich auf und stützte sich mit den Vorderpfoten wie angewiesen neben dem Schloss ab.
    »Gut so, Nina«, lobte Anne sie. Dann begann für Nina der schwierige Teil, den Schlüssel in die richtige Position zu bringen. Mit den Zähnen bekam sie den Metallring nicht zu fassen, er war zu dicht am Schloss. Sie versuchte es mit dem Näschen und sprang entsetzt aufjaulend zurück.
    »Das ist heiß! Ich habe mir die Nase verbrannt.«
    »Mist!«, entfuhr es Anne. An diese Möglichkeit hatte sie nicht gedacht. »Soll ich dir helfen?«
    »Nein, bleib du oben, da bist du wichtiger«, war die Antwort.
    Tiger murmelte: »Brave Nina!« Dann rief er zu ihr hinunter: »Versuch’s noch einmal.«
    »Ja, aber nimm doch die rechte Pfote und stütz dich nur mit der linken auf dem Holz ab.«
    Nina streckte sich wiederum und suchte ihr Gleichgewicht mit einer Pfote zu halten. Langsame, kontrollierte Bewegungen waren ihr so aber nicht möglich, darum gab sie dem Schlüssel einen etwas zu energischen Tatzenhieb. Die Folgewar, dass er sich in die falsche Richtung drehte und jetzt schräg zur anderen Seite im Schloss steckte.
    »Noch einmal Nina, mit der anderen Pfote«, forderte Anne sie auf.
    »Geht jetzt nicht! Die Tür wird zu heiß. Ich muss erst die Pfoten abkühlen.« Sie kam auf den Boden zurück und leckte sich die Ballen. Über ihnen krachte das Dachgebälk in der Feuersbrunst, und Funken flogen in die Büsche.
    »O Dreck, das wird eng.« Tiger wurde nervös. »Nina, noch ein Versuch, aber schnell jetzt.«
    »Gut!«
    Nina ging in Position, und diesmal führte der Schnick mit der Tatze zum gewünschten Erfolg.
    »Klasse, Nina! Jetzt abstützen und ziehen!« Anne feuerte ihre Freundin an. Nina schnappte das obere Schwanzende und zog. Der Schlüssel kam aus dem Schloss, und in diesem Augenblick brach mit großem Getöse ein brennender Balken vom Dach herab.
    Anne und Tiger sprangen gemeinsam mit einem gewaltigen Satz aus der Gefahrenzone, doch Nina hatte sich nicht retten können. Sie saß, Schlüsselbund im Maul, unten an der Treppe. Vor ihr begann die Tür zu brennen, und über der Treppe lag der glühende Balken.
    Der rettende Betonrand lag anderthalb Meter hoch, und die Absprungbasis war eng und klein.
    Aber Nina blieb gelassen. Seit Generationen hatten sich ihre Vorfahren als Begleiter der schottischen Clans aus brennenden Torfhütten und verwüsteten Burgen retten müssen. Wildes Heldentum glomm in ihren bernsteinfarbenen Augen, als sie sich zum Sprung bereit setzte.
    Da barst die Kellertür mit einem dumpfen Knall, und glühende Splitter wirbelten um sie herum. Einer traf ihr rechtes Ohr, und in dem Fell verbrannten die Haare zu einem schwarzen Streifen. Die weißen Barthaare kräuselten sich in der tosenden Glut.
    »JAAAUUUU!«, schrie sie auf und sprang nach oben. Dabei streifte ihr Schwanz den brennenden Holzbalken und fing Feuer. Sie sprintete schmerzgetrieben vorwärts, ohne auf ihre verbrannten Pfoten zu achten. Doch kaum drei Sprünge weiter hatte Tiger sie auf das kühle Gras des Rasens geworfen und sich schützend über Kopf und Bauch gelegt. Anne warf sich über ihren Schwanz und erstickte die Flammen zwischen dem Erdboden, Gras und ihrem eigenen Körper.
    Schwer atmend lagen alle drei verknäuelt umeinander. In jedem von ihnen bebte noch die Angst nach, die sie soeben ausgestanden hatten.
    Anne erholte sich als erste. Vorsichtig erhob sie sich von Ninas Hinterteil und begutachtete den Schaden. Er war nicht so schlimm wie zunächst angenommen. Das Fell der Schwanzspitze war zwar geschwärzt und roch

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