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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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Raumschiff Enterprise brachte.
    Damals, als der Mann meinen Vater besuchte, nannte er sich nicht Sunlight Gardener. Ich kann mich nicht an seinen Namen erinnern – es war so etwas wie Banlon – oder Orion …«
    »Osmond?«
    »Ja, so hieß er. Seinen Vornamen habe ich nie gehört. Aber er tauchte ungefähr jeden Monat einmal auf. Manchmal öfter. Einmal kam er eine Woche lang fast jeden Abend, und danach ließ er sich fast ein halbes Jahr lang nicht blicken. Wenn er kam, habe ich mich immer in meinem Zimmer eingeschlossen. Ich mochte seinen Geruch nicht. Er benutzte eine Art Parfüm – Kölnisch Wasser, nehme ich an, aber es roch irgendwie stärker. Wie ganz billiges Parfüm. Aber darunter …«
    »Darunter roch er, als hätte er ungefähr zehn Jahre nicht gebadet.«
    Richard sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Ich habe ihn auch als Osmond kennen gelernt«, erklärte Jack. Er hatte es Richard schon früher erzählt – zumindest einen Teil davon –, aber Richard hatte nicht zugehört. Jetzt hörte er zu. »In der Gegend der Region, die New Hampshire entspricht, bevor ich ihn in Indiana als Sunlight Gardener kennen lernte …«
    »Dann musst du auch dieses – dieses Ding gesehen haben.«
    »Reuel?« Jack schüttelte den Kopf. »Reuel muss damals im Verheerten Land gewesen sein und sich einer intensiven Kobalt-Behandlung unterzogen haben.« Jack dachte an die offenen Geschwüre auf dem Gesicht des Geschöpfes, dachte an die Würmer. Er betrachtete sein geschwollenes Handgelenk, in das die Würmer gebissen hatten, und schauderte. »Reuel habe ich erst jetzt zu Gesicht bekommen, und sein amerikanischer Twinner ist mir nie begegnet. Wie alt warst du, als Osmond aufzutauchen begann?«
    »Ich muss vier gewesen sein. Die andere Geschichte – du weißt, die mit dem Schrank – passierte erst später. Ich erinnere mich, dass ich danach noch mehr Angst vor ihm hatte.«
    »Nachdem dich das Ding im Schrank berührt hatte.«
    »Ja.«
    »Und das passierte, als du fünf warst.«
    »Ja.«
    »Als wir beide fünf waren.«
    »Ja. Du kannst mich absetzen. Ich kann eine Weile laufen.«
    Jack tat es. Sie gingen schweigend weiter, mit gesenkten Köpfen, ohne einander anzusehen. Als sie beide fünf waren, hatte etwas aus der Dunkelheit Richard berührt. Als sie beide sechs waren
    (sechs, Jacky war sechs)
    hatte Jack gehört, wie sich sein Vater und Morgan Sloat über eine Gegend unterhielten, die sie aufsuchten, eine Gegend, die Jacky die Tagtraum-Landschaft nannte. Und später im gleichen Jahr hatte etwas aus der Dunkelheit ihn und seine Mutter berührt. Es war nicht mehr und nicht weniger gewesen als Morgan Sloats Stimme. Morgan Sloat, der aus Green River, Utah, anrief. Schluchzend. Er, Phil Sawyer und Tommy Woodbine waren drei Tage zuvor zu ihrem alljährlichen November-Jagdausflug aufgebrochen – ein anderer Studienkollege, Randy Glover, besaß in Blessingston, Utah, eine luxuriöse Jagdhütte. Gewöhnlich ging Glover mit ihnen auf die Jagd, aber in diesem Jahr hatte er in der Karibik gekreuzt. Morgan rief an, um ihnen mitzuteilen, dass Phil erschossen worden war, vermutlich von einem anderen Jäger. Er und Tommy Woodbine hatten ihn auf einer provisorischen Trage aus der Wildnis herausgeschleppt. Auf dem Rücksitz von Glovers Jeep war Phil noch einmal zu Bewusstsein gekommen, und hatte Morgan gebeten, Jack und Lily zu sagen, dass er sie liebte. Fünfzehn Minuten später war er gestorben, während Morgan Green River und dem nächsten Krankenhaus entgegenjagte.
    Morgan hatte Phil nicht getötet! Tommy konnte bezeugen, dass sie alle drei zusammen waren, als der Schuss fiel, falls irgendwelche Zeugenaussagen erforderlich gewesen wären (was natürlich nie der Fall war).
    Doch damit war nicht gesagt, dass er nicht jemanden angeheuert hatte, dachte Jack jetzt. Und damit war auch nicht gesagt, dass Onkel Tommy nicht seine eigenen Zweifel gehabt hatte über das, was damals geschehen war. Wenn dem so war, dann war Onkel Tommy vielleicht nicht nur deshalb umgebracht worden, damit Jack und seine sterbende Mutter Morgans Nachstellungen schutzlos ausgeliefert waren. Vielleicht war er getötet worden, weil Morgan sich keine Gedanken mehr darüber machen wollte, ob die alte Tunte nicht doch eines Tages Phil Sawyers Sohn gegenüber andeuten würde, dass hinter Phils Tod möglicherweise mehr steckte als ein Unfall. Jack spürte, wie ihm Bestürzung und Abscheu eine Gänsehaut über den Rücken jagten.
    »Tauchte der Mann auf, bevor dein

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