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Der Tanz Der Klingen

Der Tanz Der Klingen

Titel: Der Tanz Der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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stählte sich für einen weiteren Tag, eine weitere Runde schändlichen
Versagens. Sein Leiden musste bald ein Ende haben.
Großmeister hatte unglaubliche Geduld gezeigt, aber er
konnte nicht ewig beide Augen zudrücken. Der Stau
musste beseitigt werden, indem Anwärter Glockmanns
Füße den langen Weg durch das Moor antraten. Die Tür flog auf und prallte krachend gegen die Wand. Anwärter Mark war von kleinem Wuchs, dafür von
lauter Stimme. »DIE GARDE IST WIEDER DA!«, rief er
schrill. »ES GIBT EINE WEITERE BINDUNG!« Die Ankündigung wurde mit einem Hagel aus Stiefeln,
Kissen und jugendlichen Unflätigkeiten erwidert, doch
Mark war bereits wieder fort, um die Kunde andernorts
zu verbreiten. Leiber drängten sich am Fenster, undja, es
marschierten tatsächlich zwei Klingen in blauer Livree
über den Innenhof. Wo zwei waren, waren für gewöhnlich mehr.
Heftige Streitgespräche entflammten. Würde Großmeister zulassen, dass auch nur ein einziger Altgedienter
gebunden wurde, wenn er insgesamt nur drei hatte?
Flaumlinge verfolgten leidenschaftlich die Fechtkünste
jedes Anwärters, und sie wussten, dass Raunzer gemessen an Klingennormen nach wie vor mittelmäßig war. Er
konnte nicht einmal Sir Luis besiegen, den größten
Stümper in der Garde. Ringwald war Eisenburgs bester
Anwärter, trotzdem musste Raunzer zuerst gebunden
werden.
Niemand erwähnte den völlig unzulänglichen Anwärter Glockmann, aber so lange er noch das Brot des Königs aß, würde es keine neuen Altgedienten geben. Altgediente waren höchst erhaben; immerhin trugen sie
Schwerter. Flaumlinge geiferten ob dieser Aussicht regelrecht. Sie träumten jede Nacht davon.
Dies musste das Ende sein, beschloss Glockmann. Er
stand auf und zog seine bessere Hose aus dem Korb neben seiner Pritsche. Er würde sich rasieren, waschen und
sich bestmöglich für das letzte, schmerzliche Gespräch herausputzen. Das qualvolle Warten hatte sich bereits viel zu lange hingezogen. Sofern Großmeister ihn heute nicht von der Klippe stoßen würde, würde Glockmann
ehrenvoll handeln und selbst springen.
Frei! Endlich frei! Ringwald musste an sich halten, um
nicht loszurennen, als er sich auf die Suche nach Waffenmeister begab. Er fand ihn auf Anhieb in der Esse, wo
er das Feuer schürte. Die große, widerhallende Gruft war
das geheimnisumwitterte Herz von Eisenburg. Acht Ambosse standen entlang der Wände, jeder mit einem eigenen Ofen und einem Wassertrog, den die eigene Quelle
der Esse nährte. Hier wurden die prächtigen Katzenaugenschwerter geschmiedet, und dort, auf dem neunten
Amboss, einem sargförmigen Stahlblock in der Mitte des
Oktogramms auf dem Steinboden, wurden die Klingen
gebunden.
Heute um Mitternacht würde Ringwald mit abgelegtem Hemd dort sitzen, damit sein künftiges Mündel ihm
das Schwert durchs Herz stoßen konnte. Der Gedanke
verursachte ihm ein Kribbeln im Bauch, aber es war ein
durchaus angenehmes Kribbeln. Er hatte zahlreiche Bindungen miterlebt, und nie war jemand gestorben. Freiheit! Vier Jahre Gefangenschaft neigten sich dem Ende
zu.
Waffenmeister war ein frohgemuter junger Hüne mit
einem grauenhaften Westerth-Akzent, zwei Lehrlingen,
die älter waren als er, und einem geschickteren Händchen
beim Schwertschmieden als jeder andere Waffenschmied auf der Welt. Wie üblich trug er ein Paar Stiefel und eine knielange Lederkluft, aus der nackte Arme und Schultern hervorragten, an denen uralte Verbrennungsmale prangten. Seine Muskeln schürten den Neid jedes Jungen der Schule, und seine Schwerter galten als Staatsschatz. Als
er die Neuigkeiten erfuhr, runzelte er die Stirn. »Primus ‘s keen Problem«, erklärte er und fuhr sich
mit den mächtigen Fingern durchs Haar. »Für den passt
‘ne Axt wie de Faust aufs Auche. Bloß über dich hab’ ich
mir de Birne noch nich’ so sehr zerbrochen, Kam’rad.
Versprichste mir, dass de nich’ mehr wächst?«
»Ich hoffe schon. Dass ich noch wachse, meine ich.
Habt Ihr denn schon ein Schwert für mich gemacht?« »Nee. Gib’ mir ma’n Tipp.«
»Rapier? Mit einem Breitschwert bin ich nicht besonders gut.«
»Mit’m Säb’l biste nich’ üb’l. Hab ich geseh’n. Komm
ma’ mit, Kam’rad.« Waffenmeister stapfte quer durch die
Esse voraus.
Auf der gegenüberliegenden Seite schloss er eine Truhe auf und öffnete den Deckel. Darin kamen zig Rapiers
und zierliche Stoßwaffen zum Vorschein. Er durchwühlte
die Truhe, holte ein Stück nach dem anderen heraus, wickelte es aus, um es zu begutachten, und

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