Der Tanz des Maori (epub)
mit Ruiha sprechen«, lächelte Sina und verabschiedete sich, bevor er sie in ein längeres Gespräch verwickeln konnte.
Sie winkte zum Abschied und verlieà gemeinsam mit Katharina den Laden. »Nachdem wir nicht bis Ende der Woche in diesem Ort festsitzen wollen, suchen wir lieber selber nach Ruiha. Hier muss doch schlieÃlich jeder jeden kennen. Vielleicht kann uns sogar Mary-Ann weiterhelfen«, meinte Sina. Sie hatten sich bei Mary-Ann schon angekündigt, die ihnen natürlich sofort wieder das Gästezimmer angeboten hatte. Das ersparte ihnen immerhin die Kosten für das Hostel von Seddonville.
»Fahren wir doch einfach ein bisschen herum. Mit einem Auto können wir mehr von der Gegend sehen als vor ein paar Wochen beim Trampen!«, schlug Katharina vor. Sina hatte das Gefühl, dass Katharina diese ganze Suche inzwischen möglichst schnell hinter sich bringen wollte.
»Okay«, stimmte sie zu. Wenig später kurvten sie über eine schmale StraÃe einen Hügel hinauf. Die letzten Häuser lieÃen sie hinter sich, rechts und links neben der StraÃe versperrten groÃe Farnbäume die Aussicht, bis sie ein Hochplateau erreicht hatten. Sina fuhr ziellos weiter, bis sie urplötzlich ein Schild am StraÃenrand wiedererkannte. Sie bremste so abrupt, dass Katharina sich mit einem Schrei an der Tür festhielt. »Was soll denn das?«
Sina deutete auf das verwitterte Schild. »Haben sich die ernsten Jungs nicht vor dieses Schild gestellt? Das war damals alles neu und die StraÃe ein Schotterweg â aber dieser Schriftzug kommt mir irgendwie bekannt vor.«
Katharina sah das Holzschild genauer an. »Matakite. Was immer das bedeuten mag.«
Neugierig stieg sie aus dem Auto und trat näher an das Schild heran. Ein kleiner Pfad führte direkt daneben in den Wald. »Ob der früher gröÃer war?« Vorsichtig ging sie ein paar Schritte auf dem Pfad weiter â aber der schien nur bis zu einem kleinen Bach zu führen und dann einfach zu enden. Achselzuckend kehrte Katharina zum Auto zurück.
Sie seufzte und sah sich um. »Ich glaube, das hier bringt dich keinen Zentimeter näher an die Lösung deines Rätsels. Komm, wir fahren am besten wieder zurück. Vielleicht ist Mary-Ann ja schon zu Hause.«
Beide schwiegen, während sie durch den dichten Wald fuhren. Schon der kleine Ausflug hatte ihnen deutlich gemacht, dass sie ohne die Hilfe dieser Ruiha kaum weiterkommen würden.
Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie den kleinen Ort wieder erreicht hatten. Der Ausflug auf das Hochplateau hatte länger gedauert, als sie angenommen hatten. Aber schlieÃlich bogen sie in die StraÃe ein, an deren Ende Mary-Ann wohnte. Sina lieà ihren Blick über die gepflegten Gärten schweifen. Basketballkörbe, wenig Zäune, Rasen, Dreiräder ⦠eine ganz normale Wohngegend.
Auf einer Bank vor einem groÃen, aus grauen Steinen gemauerten Haus saà eine alte Frau in der Sonne. Sie reckte ihr Gesicht den wärmenden Strahlen entgegen und hielt ihre Augen geschlossen. Sina blinzelte und sah noch einmal hin. Es war eine Maori mit kurzen, weiÃen Haaren â und sie sah genauso aus wie die Maori, die sie suchten. Zum zweiten Mal an diesem Nachmittag stieg Sina heftig in die Bremse. Diese Frau sah nicht nur aus wie die Frau, die sie suchten. Das war sie! Das musste einfach Ruiha sein!
Diesmal sprang sie zielstrebig aus dem Auto und lieà Katharina zurück, die sich lautstark über den ruppigen Fahrstil ihrer Freundin beschwerte. Schnell näherte sie sich der alten Frau, bis sie schlieÃlich vor ihr stehen blieb. Schlief sie etwa? Vorsichtig räusperte Sina sich. Mit flatternden Lidern schien die Alte wieder zum Leben zu erwachen. Sie richtete sich auf, schlug die Augen auf und sah Sina mit dem gleichen hellwachen Blick an, mit dem sie sie schon vor ein paar Wochen gemustert hatte.
Dann nickte sie. »Ich habe dich früher erwartet.«
»Erwartet?« Sina fühlte sich wieder so beklommen wie bei ihrer ersten Begegnung.
»Sicher. Früher oder später würdest du das Bild von Ava entdecken. Und dich dann fragen, wer diese Frau ist. Und ich bin die Einzige, die dir das sagen kann.«
Ohne Umschweife setzte Sina sich neben die Alte auf die Bank. »Genau das ist der Grund, aus dem ich hier bin. Bitte, sagen Sie es mir: Wer ist das?«
»Das ist eine lange Geschichte. Und sie
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