Der Tanz des Maori (epub)
ankündigte.
Er sprang auf und sah zur Tür. Eine Sekunde lang wieder voller Sorgen â was, wenn sie ihn nicht sehen wollte, sich nicht freute? Aber dann kam sie um die Ecke, sah ihn, lieà alle ihre Taschen fallen und fiel ihm in die Arme. Nicht nur für einen Moment, sondern für mehrere Minuten. Erst dann sah sie ihn an. In ihren Wimpern glitzerten ein paar Tränen, die er behutsam mit seinem Daumen wegwischte.
»Ich habe dich so vermisst! Warum hast du mir nicht gesagt, dass du zu Besuch kommst?«, fragte sie schlieÃlich.
Er sah sich um. Sinas Mutter hatte den Raum längst verlassen. Sie wusste wohl, wann ihre Tochter keinen Wert auf die Gegenwart ihrer Eltern legte. Er lächelte Sina an. »Ich hatte Angst, dass du mich vielleicht nicht sehen willst. Oder wieder viel zu vernünftig bist und mir erzählst, dass du für dein Staatsexamen lernen musst. Und deswegen keine Sekunde für deinen Freund aus Neuseeland verschwenden kannst.«
Sina küsste ihn. »Du lieber Idiot, natürlich hätte ich mich immer über dich gefreut. Obwohl du recht hast, allzu viel Zeit habe ich nicht â¦Â« Er verschloss ihre Lippen mit einem Kuss.
»Jetzt ist es zu spät. Ich bin hier und verordne dir für drei Tage eine Pause vom Lernen. Das ist der Rat von Doktor Brandon!«
Sina gab sich geschlagen. »Okay, ich nehme deine Pille an. Keine Lernerei für die drei Tage, die du hier bist ⦠wie sieht dein Alternativprogramm aus?«
Er beugte sich zu ihr hinunter und zog sie fest an sich. Nach einem langen Kuss sah er ihr mit einem breiten Grinsen in die Augen. »Was hältst du davon ⦠für den Anfang?«
»Fühlt sich gut an«, lächelte Sina zurück und nahm ihn an die Hand. »Ich glaube, ich muss dir unbedingt zeigen, wo ich wohne. Mein Reich ist unter dem Dach â und da sind wir weit weg und völlig ungestört von meinen Eltern.«
Kichernd wie kleine Kinder erklommen sie die steile Treppe, die zu Sinas groÃem Dachzimmer führte.
Einige Zeit später lagen sie gemeinsam unter dem Dachfenster, das weit offen stand. Grillen zirpten, und beide nippten gemütlich an einem Glas Wein. Langsam strich Sina Brandon über den Oberschenkel.
»Hast du eigentlich herausgefunden, was deinen GroÃvater so sehr gegen mich aufgebracht hat?«
»Nein«, schüttelte Brandon den Kopf. »Dabei habe ich es wirklich versucht. Aber mein GroÃvater weigert sich, auch nur über das Thema zu reden. Und meine Eltern sind auch keine Hilfe. Mein Vater meinte sogar, dass Geheimnisse einfach zur Natur meines GroÃvaters gehören, ich sollte mich am besten einfach daran gewöhnen. Lächerlich, das ist kein Geheimnis, sondern Willkür. Meine Mutter hat sowieso Angst vor ihrem Schwiegervater, da ist nichts zu holen â¦Â«
»Ob Ruiha wohl mehr weiÃ?« Sina dachte laut nach. »Immerhin hat sie mir bis jetzt nur den Anfang der Geschichte von Ava erzählt. Vielleicht taucht dein GroÃvater ja noch irgendwann auf, keine Ahnung.«
»Wir besuchen sie auf jeden Fall, wenn du wieder nach Neuseeland kommst!«, erklärte Brandon. »Immerhin könnten ihre Erzählungen ja auch etwas mit meiner Vergangenheit zu tun haben. Dann würde ich das gerne wissen.«
»Das wäre dann im Spätherbst!«, erklärte Sina. »Dann sollte ich diese Prüfungen alle abgelegt haben. Wenn ich mich jetzt um eine Stelle in Christchurch bemühe, dann kann ich wirklich kommen.« Sie sah Brandon prüfend an. »Du willst das wirklich? Was, wenn dein GroÃvater dir auf die Schliche kommt?«
Brandon machte eine wegwerfende Handbewegung. »Irgendwann wird er sich ja doch an dich gewöhnen müssen. Und wer weiÃ? Vielleicht finden wir bei Ruiha ja den wahren Grund für seine Abneigung. Dann können wir das Hindernis aus dem Weg räumen und â¦Â« Er küsste sie. »Wie heiÃt es im Märchen? Dann leben wir glücklich und zufrieden bis ans Ende unser Tage!«
11.
Die aufheulenden Turbinen hatten schon fast etwas Vertrautes. Sina lieà sich in ihren Sitz zurückfallen und atmete tief durch. Die Anspannung der letzten Monate fiel endlich von ihr ab, und sie freute sich nur noch auf das Wiedersehen mit Brandon und ihr Jahr in Christchurch. In Deutschland herrschte schon tiefer Herbst, die ersten Weihnachtsdekorationen leuchteten in den regennassen FuÃgängerzonen. Aber
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