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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Regenfällen der letzten Tage müssen wir die Mine womöglich sofort stilllegen.«
    Er stapfte nach draußen. Ava sah mich lange an. Dann sagte sie: »Ich hoffe nur, dass alles stimmt, was dein Anaru erzählt hat …«
    Es wurde später und später. Ava und ich saßen im Wohnzimmer, schwiegen, tranken Tee und warteten darauf, dass John endlich heimkam. Aber es wurde früher Morgen, ohne dass wir auch nur irgendetwas hörten. Die Arbeiter brachen schon wieder zur Arbeit auf, wir kümmerten uns um Junior, der laut schreiend seine Morgenmahlzeit und eine frische Windel einforderte. Es sollte noch einmal eine Stunde vergehen, bis es plötzlich laut und hektisch an der Tür klopfte und jemand Avas Namen rief. Wir stürzten an die Tür, rechneten natürlich mit dem Schlimmsten – aber es kam noch sehr viel schlimmer: Vor der Tür stand ein kleiner, verdreckter Junge, der immer noch nach Luft schnappte. »Master Denson hat mich geschickt. Sie sollen sofort zur Mine kommen. Es hat ein Unglück gegeben – der Stollen ist eingestürzt!«
    Ava stieß einen Schrei des Entsetzens aus. »Wie viele Arbeiter waren in dem Stollen?«
    Die Tränen zeichneten helle Spuren auf die dreckigen Wangen des Jungen. »Viele. Die Morgenschicht hat doch gerade eben erst begonnen …«
    Ava versuchte, eine sinnvolle Entscheidung zu fällen. »Wir nehmen alle Decken, die wir im Haus haben, mit«, befahl sie mir. »Und wir machen Tee. Nein, wir nehmen besser einen Kessel und die Teeblätter mit, dann können wir für Nachschub sorgen, wenn die Rettungsmannschaften ankommen.«
    Sie sah den Jungen an. »Es hat doch jemand nach Rettungsmannschaften geschickt, oder?«
    Â»Ich weiß es nicht«, heulte der nur noch.
    Â»Doch«, beruhigte Ava sich selber. »John würde auf jeden Fall nach der Rettungsmannschaft der Company schicken, da bin ich mir sicher!«
    Sie nahm ihr Regencape und zog sich ihre groben Schnürstiefel an, während sie mir gleichzeitig ihre Anweisungen gab. »Wickle Junior in ein paar dicke Decken, wir können ihn nicht alleine im Haus lassen. Dann ziehe dir auch etwas über, und wir fahren alle hoch nach Matakite.«
    Minuten später waren wir unterwegs. Natürlich hatte John den Ford genommen – uns blieb also nur der Handwagen und der Fußweg. Mir kam der Weg vor wie eine Ewigkeit. Auch wenn ich wusste, dass es nur ein paar Meilen waren, die man in höchstens zwei Stunden bewältigen konnte, kam es mir vor, als ob meine Beine sich durch zähen Schlamm bewegen mussten, der mich daran hinderte, schneller bei der Mine zu sein. Was war nur mit Anaru? Und all seinen Verwandten – und den ganzen anderen Männern?
    Der Regen prasselte unablässig weiter auf uns herab, während wir uns den Berg hinaufkämpften. Aber irgendwann tauchte endlich das Holzschild auf, das Angus und John erst vor ein paar Monaten voller Stolz aufgestellt hatten. Der Weg führte über eine kleine Brücke. Der Bach darunter war in den letzten Tagen zu einem reißenden Fluss angeschwollen. Einige Minuten später standen wir vor dem Eingang der Mine.
    Das Unglück war inzwischen schon mehrere Stunden her, aber es schien mir, als ob immer noch alle Männer wie gelähmt vor dem Eingang der Mine standen. Einige von ihnen waren mit dem Schlamm des Berges verschmiert, sie hatten es offensichtlich gerade noch ins Freie geschafft, als der Stollen unter der aufgeweichten Erde nachgegeben hatte.
    Ava wandte sich an einen Mann, der einfach nur auf dem Boden saß und ins Leere starrte. »Was ist passiert?«
    Er machte eine abwehrende Handbewegung. »Der Berg ist uns auf den Kopf gefallen. Genauso, wie es die alten Hasen schon seit Wochen vorhergesagt haben.« Er verstummte wieder und sah weiter vor sich hin. Ava schüttelte ihn an der Schulter und fragte noch einmal nach. »Wo ist mein Mann? John Denson?«
    Â»Der Berg ist uns auf den Kopf gefallen. Genauso, wie es uns die alten Hasen schon seit Wochen … auf den Kopf ist er uns gefallen! Ohne Vorwarnung ist er zusammengebrochen.«
    Ava sah ein, dass mit diesem Gesellen offensichtlich kein ordentliches Gespräch mehr möglich war. Sie sah sich suchend um und entdeckte in der Nähe des Eingangs ein paar Männer, die aufgeregt in den dunklen Stollen starrten. Sie klopfte einem auf die Schulter. »Können Sie mir sagen, was passiert ist?

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