Der Tanz des Maori (epub)
auch keine Erfahrung. AuÃerdem widersprechen wir nicht, wenn er immer neue Stollen eröffnet und nur selten einen Stützpfeiler einbauen lässt. Die erfahrenen Arbeiter haben immer geschimpft und erklärt, dass man nicht zu viel aus einem Berg herausnehmen darf. Reiner Aberglaube, hat MacLagan sie immer ausgelacht. Aber ich bin mir inzwischen ziemlich sicher, dass sie recht haben!«
»Was ist, wenn etwas Schlimmeres passiert?« Ich wollte mir so eine Katastrophe nicht einmal vorstellen!
Anaru deutete auf die tief hängenden Wolken. »Ich glaube, wenn es noch weiter regnet, dann gibt der Berg wirklich nach. Dann ist niemand mehr sicher in Matakite â¦Â«
Entschlossen deutete ich in die Richtung des Denson-Hauses. »Wir müssen John warnen, was in seiner Mine geschieht! Wir machen uns mitschuldig, wenn wir jetzt nichts tun. Ich werde zu Ava gehen und ihr von Angusâ Betrug erzählen. Sie wird sicher einen Weg finden, um John davon zu erzählen, ohne dass dein Name fällt.«
Diesmal widersprach Anaru mir nicht mehr. Er nickte. »Du hast recht. Ich will nicht das Blut von Matakite an meinen Fingern kleben haben. Geh zu Ava â¦Â«
Ich fuhr ihm über sein schlammverkrustetes Gesicht â obwohl ich ihn eigentlich nie berührte. Ich wollte meinen Ruf nicht gefährden â aber in diesem Augenblick war ich so froh, dass Anaru nichts Schlimmes passiert war, dass ich mich nicht beherrschen konnte. »Du hast eine gute Entscheidung getroffen, als du nicht mehr in die Mine zurückgegangen bist«, flüsterte ich. »Wir werden einen anderen Weg finden, um Geld zu verdienen.«
Er nickte, drückte mir zum Abschied kurz die Hand und verschwand in der einsetzenden Dämmerung. Ich ging zurück in unser Haus, fest entschlossen, Ava die ganze Wahrheit über Angus MacLagan und seine mörderischen Sparpläne zu erzählen. Aber das Schicksal meinte es an diesem Abend nicht besonders gut mit den Arbeitern von Matakite. Ava und John waren bei einer Einladung, sie kamen erst spät in der Nacht nach Hause. Und auch am nächsten Tag kam ich nicht dazu, mit Ava ein vertrauliches Wort zu wechseln. Es war erst am späten Nachmittag des Dienstag, als ich sie alleine im Salon antraf und sie endlich um ihr Gehör bitten konnte.
Ich erzählte Ava alles so genau, wie ich konnte. Ich weià es noch wie heute: Der Regen strömte drauÃen unaufhörlich herunter, während Ava vor Zorn immer bleicher wurde. Als ich mit meiner Erzählung am Ende war, sah sie mich noch einmal ernst an. »Und du bist dir ganz sicher, dass alles, was dein Anaru dir erzählt hat, der Wahrheit entspricht?«
Ich konnte nur nicken. »Wie ich ihn kenne, hat er eher noch untertrieben.«
Ava sah mir in die Augen. »Ich habe John nichts von dem erzählt, was zwischen Angus und Miriam passiert ist. Er ist viel zu anständig, er würde sofort die Partnerschaft mit Angus beenden. Und ich habe befürchtet, dass es Miriam dann noch schlechter ergeht ⦠Aber jetzt muss ich diese Blase platzen lassen. Mein Mann hat den falschen Partner gewählt, und ich fürchte, jetzt ist es an der Zeit, dass er dafür bezahlen muss.« Sie biss sich auf die Lippe. »Ich spreche mit ihm, sobald er nach Hause kommt. Er trifft sich gerade mit einem Händler für weitere Stützpfeiler ⦠wahrscheinlich kauft er immer wieder dieselben Pfeiler ein und hat keine Ahnung, wie er betrogen wird! Mach dir keine Sorgen mehr, Ruiha. Ich werde dafür sorgen, dass Matakite sicher gemacht wird.« Ich erinnere mich noch genau, dass sie eine kleine Grimasse zog, als sie weiterredete. »Auch wenn ich mir noch nicht ausmalen mag, was uns das kosten wird â¦Â«
Ruiha schwieg. Es wirkte fast, als sei sie in den letzten Stunden gealtert, dachte Sina. Die Falten hatten sich tiefer in ihr Gesicht gegraben, und die Augen lagen tiefer in ihren Höhlen als sonst. Aber vielleicht hatte sie die lange Erzählung ja auch nur ermüdet. Mitternacht war schon lange vorbei. Ruiha lächelte ihre Gäste müde an. »Ich fürchte, heute werde ich nicht mehr fertig. Wir sollten uns ein wenig Ruhe gönnen â ich brauche jetzt meinen Schlaf.«
Sina nickte verständnisvoll und sah Brandon neugierig an. Aber er schien jetzt genauso begierig wie sie selber zu sein, das Ende der Geschichte von Ava zu hören. Er reichte Ruiha die Hand. »Wir haben Sie schon viel
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