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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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standen alle neben ihm und halfen ihm, das kleine Loch möglichst schnell zu vergrößern. Man kann sich nicht vorstellen, wie wunderbar es sich anfühlte, als sich der erste Verschüttete mühsam durch das Loch schob. Es war uns tatsächlich gelungen, Verschüttete zu retten! Wir brachen in Jubel aus, applaudierten und klopften alle dem ersten Geretteten auf den Rücken.
    Â»Wie viele sind noch dahinten?«, wollte John Denson sofort von dem Mann wissen.
    Â»Wir waren sechsundzwanzig Männer, aber zwei waren zu schwer verletzt. Sie sind inzwischen gestorben. Aber nicht alle von den Überlebenden werden sich aus eigener Kraft durch dieses Loch schieben können«, sagte er. Ich werde nie seine Stimme vergessen. Er war heiser, seine Stimme versagte ihm immer wieder vor Erschöpfung den Dienst. John Denson klopfte ihm auf die Schulter. »Wir bringen alle da raus. Das verspreche ich. Jetzt gehen Sie schnell hinaus. Meine Frau hat Decken und heißen Tee, wärmen Sie sich auf!«
    Der Mann nickte und wankte in Richtung Ausgang. Nach ihm kamen hintereinander elf Männer heraus, denen nichts fehlte, außer einer warmen Mahlzeit und der Glaube daran, dass sie das Licht des Tages wiedersehen würden. Dann wurden noch drei oder vier Leichtverletzte durch das Loch geschoben. Wir warteten, starrten gespannt auf die kleine Öffnung. John Denson schüttelte den Kopf. »Das hat keinen Zweck. Wir müssen den Männern helfen!«, erklärte er. Entschlossen nahm er sich eine der beiden Fackeln und fing an, seinen kräftigen Körper durch die kleine Öffnung zu schieben. Ich konnte nicht anders: Ich kletterte ihm hinterher. Anaru war noch immer nicht aufgetaucht, ich musste ihm jetzt beistehen!
    Ich glaube, Master Denson merkte nicht einmal, wer ihm da hinterhergeklettert war. Mit meinem Kopftuch und dem dicken Cape sah ich wahrscheinlich genauso aus wie ein Mann – und seit Stunden war Schlamm und Dreck auf mich heruntergefallen. Ich hatte keine Ähnlichkeit mehr mit seinem Hausmädchen Ruiha.
    Er packte einfach an. Mit kurzen Anweisungen sagte er mir, was zu tun war. Gemeinsam schafften wir der Reihe nach die Verwundeten durch die schmale Öffnung, wo sie von den anderen Rettern in Empfang genommen wurden.
    Ich kann selbst heute nicht beschreiben, wie ich mich fühlte, als ich in dem schwachen Licht der Fackel Anaru erkennen musste. Er lehnte gegen die Wand und sah uns mit unbewegter Miene entgegen. Auf den ersten Blick schien ihm nichts zu fehlen – aber dann sah ich das merkwürdig verdrehte Bein. Ich kniete mich neben ihm nieder und strich ihm über das Gesicht. »Wie geht es dir, was ist passiert?«
    Erst als ich meine Fragen stellte, erkannte er mich. »Was machst du hier in diesem Loch? Das kann jede Sekunde endgültig zusammenstürzen, dann werden wir beide hier begraben!« Seine Stimme war voller Panik.
    Ich bemühte mich darum, möglichst ruhig zu sein. »Erst schaffen wir hier alle raus, dann stürzt das Bergwerk zusammen!«, erklärte ich ihm. Ich habe keine Ahnung, wie ich mir so sicher sein konnte. Aber es funktionierte. Anarus Atmung wurde wieder langsamer, er schien sich zu beruhigen. »Kannst du mit zu der Öffnung kommen, wenn du dich auf mich stützt?«, fragte ich. Er nickte.
    Mühsam erhob er sich. Die wenigen Schritte zu der Öffnung kamen mir vor wie endlose Meilen, so schwer stützte er sich auf mich. Gemeinsam mit Master Denson schoben wir ihn durch den Spalt, als hinter uns der Berg mit einem schauerlichen Geräusch bebte.
    Master Denson fuhr herum. »Drei sind noch da drin!«, rief er. Erst jetzt sah er mir ins Gesicht und erkannte mich. Mit einem Kopfschütteln schob er mich in Richtung Ausgang. »Ruiha, du warst sehr tapfer – aber jetzt musst du hinaus aus dem Stollen. Ich versuche alleine, die letzten Verwundeten herauszuschaffen. Das ist zu gefährlich für dich!«
    Ich wollte widersprechen, aber er schüttelte den Kopf. »Das ist keine Bitte, Ruiha. Das ist ein Befehl! Geh aus dieser Mine heraus! Geh!«
    Â»Aber ich kann Sie doch nicht alleine lassen …«, setzte ich noch einmal an. Aber er schüttelte nur den Kopf.
    Dann sah er mir mit einem Mal tief in die Augen. Seine Stimme klang dumpf vor Sorge und Müdigkeit. »Nur für den Fall, dass ich Matakite nicht lebend verlasse: Sorge für Ava! Versprichst du mir das? Sage ihr, dass sie das

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