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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Geschichte viel zu nahe«, stellte er fest. »Ich meine, es ist wirklich spannend und interessant und all das, aber ich glaube, du kannst etwas Ähnliches in jeder Familie hier in Neuseeland finden. Das Leben der Einwanderer war hart, und zu Beginn des Jahrhunderts sind etliche Unglücke passiert.« Er dachte kurz nach. »Sie passieren bis heute. Vulkane brechen aus, Erdbeben erschüttern die Welt, Bergwerke stürzen nach Explosionen ein. Das Schlimme ist, dass viele der Unglücke immer noch aus den gleichen Gründen geschehen wie damals in Matakite: Habgier und Profitstreben sind keine guten Ratgeber! Deswegen werden Schiffe in Stürme geschickt, müssen Männer in unsichere Bergwerke oder in Gegenden, in denen Krieg herrscht.« Er nahm sie in den Arm. »Und trotzdem darfst du dir die Geschichten nicht zu nahegehen lassen. Du kannst nicht ganz alleine das Elend der Welt auf deinen Schultern tragen.«
    Â»Der Welt nicht«, murmelte Sina. »Aber was ist, wenn diese eine Geschichte tatsächlich etwas mit dir und mir zu tun hat?«
    Â»Das glaube ich immer weniger«, schüttelte Brandon den Kopf. »Wir hatten nie etwas mit einem Bergwerk zu schaffen. Wir Cavanaghs waren immer schon Männer der See. Da kann man nur ertrinken, nicht verschüttet werden.«
    Sina erwiderte nichts. Wie sollte sie erklären, dass sie durchaus das Gefühl hatte, als würde diese alte Geschichte aus ihrer eigenen Vergangenheit kommen? Sie warf noch einen letzten Blick auf den alten Mineneingang von Matakite. Eine paar Mücken summten vorbei, die schrägen Sonnenstrahlen des späten Nachmittags vergoldeten jeden einzelnen Grashalm. Sie versprach sich selber, dass sie nicht zum letzten Mal an diesem Ort gewesen war – dann folgte sie Brandon zurück zu seinem Auto.
    An diesem Abend gingen sie mit Hakopa essen. Als sie ihn nach dem angeblichen »Fluch von Matakite« fragten, hob er nur seine Schultern. »Die Leute hier reden davon, seit ich denken kann. Klar, da gab es dieses Unglück, von dem Ruiha euch erzählt hat. Aber ich denke, es ist damals noch mehr passiert …«
    Mehr sollten sie an diesem Abend nicht erfahren.
    Die Straße, in der Ruiha lebte, kam Sina fast schon vertraut vor, als sie am nächsten Morgen wieder vor ihrem Haus parkten. Sie sah das steinerne Gebäude an. Die blau gestrichenen Fensterläden mit der abblätternden Farbe waren fest geschlossen. Der Garten wirkte perfekt aufgeräumt, sogar der Tisch, an dem sie gestern gesessen hatten, stand ordentlich zusammengeklappt auf der Veranda. Sina hielt für einen Augenblick inne. »Würde mich nicht wundern, wenn Ruiha gar nicht mehr da ist«, meinte sie. »Das Haus sieht plötzlich verlassen aus.«
    Brandon drückte auf die Türklingel, die neben einem alten Türklopfer zusätzlich angebracht war. »Vielleicht schläft sie ja auch nur lange. Wer weiß, wie viele Stunden sie gestern noch den alten Erinnerungen nachhing. Vielleicht ist sie erst im Morgengrauen schlafen gegangen …«
    Das Schrillen der Türklingel hallte durch das Haus, aber nichts rührte sich. Brandon drückte noch einmal und trat einen Schritt zurück, um die Fassade in Augenschein zu nehmen. »Oder du hast recht.«
    Sina entdeckte in diesem Augenblick einen Nachbarn, der neugierig zu ihnen herübersah. Sie winkte ihm zu und ging durch Ruihas blühenden Kräutergarten zum Gartenzaun. »Entschuldigen Sie – wir suchen nach Ruiha. Können Sie uns sagen, ob sie zu Hause ist?«
    Er schüttelte entschuldigend den Kopf. »Tut mir leid. Ich glaube allerdings, dass sie für ein paar Tage fortgefahren ist. Sie ist gestern Abend mit einer Tasche aus dem Haus gegangen. Aber wo sie hingegangen sein könnte? Keine Ahnung!«
    Sina bedankte sich und ging zurück zu Brandon, der schon eine Runde um das Haus gedreht hatte.
    Â»Lass es, Brandon, es hat keinen Zweck. Sie ist fort. Womöglich hat das Erzählen gestern zu viele alte Geister geweckt – und sie wollte erst einmal fliehen.«
    Â»Und jetzt?« Brandon sah sie ratlos an. »Wir müssen morgen zurück nach Christchurch. Das Krankenhaus wartet auf dich – und die ›Pacific Princess‹ sollte mich an Bord haben, wenn sie ausläuft …«
    Â»Dann lass uns doch den Tag heute nutzen!«, schlug Sina vor. »Wir könnten nachsehen, ob hier oder in Westport ein Archiv der

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