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Der tanzende Tod

Der tanzende Tod

Titel: Der tanzende Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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Leiche.
    »Aber wenn er noch lebt, so bin ich bereit, alles zu tun, um ihn von diesen Ungeheuern fortzuholen. Ich gehe lieber dieses Risiko ein, als ihn bei ihnen zu lassen.«
    Der Griff ihrer Hand verstärkte sich, dann ließ sie sie herunterfallen und sagte nichts mehr.
    Als alles vorbereitet worden war, übergab ich meinen Stockdegen und meinen Dubliner Revolver Elizabeths Obhut, da ich wusste, dass sie für mich nur ein Hindernis bedeuten würden.
    »Du solltest zumindest die Pistole mitnehmen«, protestierte sie.
    »Man benötigt zwei Hände, um nachzuladen, und ich werde beide benötigen, um Richard zu tragen.«
    »Dann möge Gott mit dir sein, kleiner Bruder.«
    Ich sah, wie sich ihr Gebet in den Gesichtern der anderen widerspiegelte, und empfand plötzlich Angst. Nicht meinetwegen, sondern wegen meines hilflosen Sohnes. Was, wenn meine Taten ihm schaden würden, statt ihn zu erlösen? Was, wenn er, Gott behüte, getötet würde? Wenn ich mir wahrhaftig wünschte, dass er in Sicherheit sei, wäre es dann nicht besser, ihn gehen zu lassen? Meine kühnen Worte Nora gegenüber schienen nur eine wenig überzeugende Anmaßung. Clarinda konnte doch wahrhaftig nicht so herzlos sein, ihr eigenes Kind zu verletzen. Gewiss hatte ein Teil der Sorge um ihn, welcher sie mir gegenüber Ausdruck verliehen hatte, ein winziges Körnchen Ehrlichkeit enthalten. Das Klügste wäre es, ihr das Geld zu geben und das Beste zu hoffen. Dies wäre vollkommen vernünftig und dem wilden, gefährlichen und nur halbwegs durchdachten Plan, den ich erst vor wenigen Augenblicken ersonnen hatte, vorzuziehen.
    Es war ihm deutlich vorzuziehen, außer für die Stimme in meinem Inneren, welche mir sagte – um nicht zu sagen, mich anschrie –, in dieser Angelegenheit die Vernunft zu ignorieren und meinem Herzen die Führung zu überlassen. Sie schrie alleine, gegen jede Vernunft. Mein Instinkt sagte mir eindeutig, dass dies das Richtige war, das, was ich tun musste.
    Aber dadurch hatte ich nicht weniger Angst.
    Selbstvertrauen ist eine äußerst kurzlebige Eigenschaft, die dich in einem Augenblick so überfluten kann, dass du zu bersten meinst, und im nächsten Moment plötzlich meilenweit fort ist, um dich ausgedörrt und nach Luft ringend in der Leere zurückzulassen. Ich war jämmerlich ausgetrocknet, als ich die Vorderseite der Klippe hinabgeglitten war, um mich unbeweglich in ein Durcheinander von durch das Wasser abgeschliffenen Felsbrocken zu kauern.
    Oliver rief bereits etwas von seiner Position in luftiger Höhe herab, von der ich mich nun ein deutliches Stück entfernt hatte. Er konnte sie nicht ewig beschäftigt halten, während ich zwischen Vernunft und Torheit schwankte. Vielleicht hatte ich in einer entlegenen Ecke meines Geistes dieses Zögern erwartet, und dies war der Grund, dass der Beutel mit Steinen und nicht mit Geld gefüllt war. So war ich nämlich gezwungen, rasch zu handeln, damit dies nicht zu früh entdeckt würde.
    Aber die Gründe spielten keine Rolle – die Zeit war schließlich gekommen. Ob mein Herz nun funktionierte oder nicht, es schlug mir dennoch bis zum Halse, und ich verschwendete mehrere kostbare Augenblicke mit dem Versuch, es zu beruhigen.
    Ich war ein kleines Stück östlich von den Männern am Strand hinabgeschwebt. Die gesamte Gegend schien furchtbar hell zu sein, und ich bangte jedes Mal, wenn sich ein Kopf in meine Richtung wandte. Aber keiner von ihnen sah mich. Niemand. Was mir wie heller Tag erschien, war für sie völlige Dunkelheit.
    »Ich glaube nicht, dass der Beutel groß genug ist«, brüllte Oliver von oben. »Er ist gewiss zu schwer, als dass ich ihn weit werfen könnte.«
    »Tun Sie Ihr Bestes, Dr. Marling«, brüllte Summerhill zurück. Er klang unerschütterlich und so, als sei er vollkommen Herr der Lage.
    Er wandte mir nicht das Gesicht zu, aber ich erkannte seine Stimme und seine Haltung. Klugerweise stand er ein Stück vom Fuß der Klippe entfernt, den Stock in der einen Hand und eine dunkle Laterne in der anderen. Das Licht war abgedeckt worden, sodass Oliver ihn nicht sehen konnte.
    »Dummer Esel«, knurrte einer der beiden Männer, welche sich in der Nähe herumdrückten.
    »Solang er 'n reicher Esel is'«, warf der andere ein, womit er meinen Vetter und nicht etwa ihren Kapitän als Gegenstand der Bemerkung identifizierte.
    Ich entledigte mich meines Umhanges, meines Hutes und meines Schals und entsagte damit ihrem Schutz zugunsten meiner größeren Beweglichkeit. Dann entsagte

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