Der tausendfältige Gedanke
verscheuchen. Der General fluchte verdrießlich wie einer, für den Tiere zählen. Plötzlich betrauerte Conphas den Verlust von Martemus. Sompas war nützlich – gerade durchkämmten seine Feldposten die Gegend auf der Suche nach Kundschaftern des Scylvendi –, doch sein Wert lag mehr in seiner Verfügbarkeit als in seiner Kompetenz. Er war ein fähiges Werkzeug, aber kein Florett, wie Martemus es gewesen war. Und alle bedeutenden Männer brauchten ein Florett.
Zumal bei Anlässen wie diesen.
Wenn er nur diesen Scylvendi vergessen könnte! Was hatte es mit ihm bloß auf sich? Sogar jetzt glomm in einem Winkel seiner Seele ein Leuchtfeuer für den Fall, dass er zurückkehren sollte. Der Barbar schien ihn durch die Wucht seiner Gegenwart befleckt zu haben, und dieser Fleck haftete ihm wie ein Geruch an, der sich nicht abspülen, nur abschrubben ließ. Nie zuvor hatte jemand eine solche Wirkung auf ihn ausgeübt.
Vielleicht, dachte Conphas, fühlt sich Sünde für einen Gläubigen so an: wie die Einschüchterung durch etwas Größeres, das einen beobachtet; wie das Gefühl einer gewaltigen und doch unaussprechlichen Missbilligung – nah wie Nebel und doch so weit weg wie der Rand der Welt. Es war, als besäße der Zorn selbst Augen.
Vielleicht war auch der Glaube eine Art Fleck… eine Art Geruch.
Er lachte auf und scherte sich nicht darum, was Sompas oder die anderen dachten. Sein altes Ich war zurückgekehrt, und er mochte sein altes Ich… sehr sogar.
»Herr Oberbefehlshaber?«, fragte Sompas.
Dieser Dummkopf aus dem Hause Biaxi – immer verzweifelt darum bemüht, im Innern der Dinge zu sein.
»Sie kommen«, sagte Conphas und wies mit dem Kopf in die Ferne.
Ein Reitertrupp von etwa zwanzig Mann hatte einen Zypressenhain verlassen, kam nacheinander einen gegenüberliegenden Hang herunter und suchte sich einen Weg zwischen den Erhebungen hindurch, die wie Maulwurfshügel aus dem Weideland stachen. Conphas tat gelangweilt, blickte aber gleichzeitig verstohlen auf sein kleines Gefolge und sah, dass sich hier und da bereits eine Stirn verwirrt oder sorgenvoll in Falten legte. Beinahe hätte er losgekichert. Was führte er nur im Schilde, ihr göttlicher Oberbefehlshaber?
Dieser Tag war lange im Voraus geplant worden. Der Prinz aus Atrithau hatte keine Zeit damit verschwendet, seine Kommandogewalt über den Heiligen Krieg abzusichern. Mochten die Orthodoxen ihm auch gegrollt haben – sein Sieg über den Padirajah hatte ihre Vorbehalte ausgeräumt. Conphas zwinkerte noch immer erstaunt, wenn er an diesen Tag dachte. Dass eine solche… Gewissheit in solcher Verzweiflung hatte Wurzeln schlagen können! Selbst seine Männer hatten mit dem Eifer von Besessenen gekämpft.
Conphas hatte seine Rolle gespielt und angesichts des knappen Ausgangs der Schlacht zweifelsohne entscheidenden Anteil am Erfolg des Heiligen Kriegs gehabt. Doch jeder Dummkopf konnte sehen, dass seine Tage als Mann des Stoßzahns gezählt waren. Also hatte er… Maßnahmen ergriffen. Eine davon war es gewesen, über Mittelsmänner der Cironi dieses Treffen zu arrangieren. Eine andere war, eine Kompanie Kidruhil in der Wildnis von Enathpaneah zu verbergen. Natürlich hatte er keinen über seine Absichten informiert, schon gar nicht Sompas. Menschen ohne Visionen durfte man nicht mit Dingen betrauen, die weite Voraussicht erforderten.
»Was sind das für Leute?«, fragte Sompas ins Dunkel hinein. Die anderen spähten ebenfalls in die Nacht, und obwohl sie steif und still im Sattel saßen, wusste Conphas, dass sich ihr Inneres vor Spannung zusammenzog – wie bei Kindern, die sich nach Honigkuchen sehnen. Dass die nahenden Reiter gekleidet waren wie Fanim, bedeutete nichts, denn mit Ausnahme der Nansur trugen alle Männer des Stoßzahns geplünderte Gewänder. Conphas fragte sich, was Martemus gedacht hätte. Im Spiegel seiner listigen Augen war ihm das Leben feiner vorgekommen. Weniger rücksichtslos.
»Herr Oberbefehlshaber!«, rief Sompas plötzlich und wollte sein Schwert ziehen.
»Halt!«, schnauzte Conphas. »Lasst die Waffen stecken!«
»Aber es sind Kianene!«, rief der General.
Diese verdammten Biaxi! Kein Wunder, dass sie es nie schafften, den Kaisermantel an sich zu reißen.
Conphas ritt einige Schritte nach vorn und wendete sein Pferd, um seine Leute anzusehen. »Wer anders als die Gottlosen«, rief er, »würde die Gerechten vertreiben?«
Alle sahen ihn verblüfft an. Sie waren durchweg Orthodoxe, verachteten den Prinzen aus
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