Der Tempel der Ewigkeit
zu kümmern?»
Romet lächelte treuherzig.
«Die Sicherheit hat ihre guten und ihre schlechten Seiten… Wenn ich auch weiterhin ab und an erlesene Speisen zubereiten darf, will ich gern mein Glück versuchen. Nur, etwas bedrückt mich gleichwohl…»
«Sprich.»
«Mit Verlaub, Majestät, dir kann kein Erfolg beschieden sein.»
«Warum siehst du die Dinge so düster?»
«Weil Majestät noch zu jung ist. Weil es dir an Erfahrung mangelt und du keine Neigung zeigst, dich dem Oberpriester des Amun und einem Dutzend hoher Beamter zu beugen, die mit allen Schlichen der Verwaltung vertraut sind. Die Kräfte sind zu ungleich verteilt.»
«Du hast wohl keine sehr hohe Meinung von der Macht des Pharaos?»
«Eigentlich nicht. Deshalb glaube ich, daß der Zusammenstoß unausweichlich sein wird. Und was soll ein Mann allein schon gegen ein Heer von Feinden ausrichten?»
«Besitzt der Pharao nicht die Stärke des Stiers?»
«Selbst der wilde Stier kann keine Berge versetzen.»
«Wenn ich dich recht verstehe, rätst du mir, dem Herrschen zu entsagen, obwohl ich eben erst gekrönt worden bin.»
«Wem würde es denn auffallen, wenn du die Macht jenen überläßt, die schon hohe Ämter bekleiden, und wer sollte dir daraus einen Vorwurf machen?»
«Vielleicht du?»
«Ich bin nur der beste Koch im ganzen Königreich, und meine Meinung zählt nicht.»
«Bist du nicht jetzt der Vorsteher des Palastes?»
«Würdest du auf mich hören, Majestät, wenn ich dir einen Rat erteilte?»
«Das kommt ganz auf den Rat an.»
«Dulde nie minderwertiges Bier oder mangelhaftes Fleisch! Das wäre der erste Schritt zum Untergang. Darf ich jetzt meinen Aufgaben nachgehen und damit anfangen, die Verwaltung deines Hauses neu zu gestalten, die zu wünschen übrigläßt?»
Ramses hatte sich nicht getäuscht. Romet war gewiß der Mann, dessen es hier bedurfte.
Beruhigt lenkte er seine Schritte in den Garten des Palastes.
VIERZEHN
NUR MIT Mühe unterdrückte Nefertari ihre Tränen. Was sie befürchtet hatte, war eingetreten. Sie, die davon träumte, in Stille nachzudenken und sich zu sammeln, wurde von einer ungeheuerlichen Welle fortgespült. Gleich nach der Krönung hatte sie sich von Ramses trennen müssen, um sich ihren Pflichten einer großen königlichen Gemahlin zu widmen und den ihr unterstehenden Tempeln, Schulen und Webereien Besuche abzustatten.
Tuja stellte ihr die Aufseher über die Ländereien der Königin vor, die Vorsteherinnen der Harims, denen die Erziehung der jungen Mädchen oblag, dann die mit der Verwaltung ihrer Güter betrauten Schreiber, die Steuereinnehmer sowie die Priester und Priesterinnen, die in ihrem Namen die Riten der «Gottesgemahlin» vollzogen, um die Kraft des Schöpfers auf Erden zu erhalten.
Tagelang war Nefertari von einem Ort zum anderen geführt worden, ohne daß ihr eine Atempause gegönnt gewesen wäre. Sie hatte Hunderte von Menschen getroffen, für jeden das rechte Wort finden müssen, keinem ihr Lächeln versagen und nicht das geringste Anzeichen von Müdigkeit zeigen dürfen.
Jeden Morgen bemächtigten sich die Haarkräusler und Lockendreher, die Schminkmeisterin sowie die Hand- und Fußpfleger der jungen Königin und machten sie noch schöner als am Tag zuvor. Ihr Liebreiz war für das Wohlergehen Ägyptens ebenso wichtig wie Ramses’ Stärke. Und war sie in ihrem vornehmen, um die Taille von einem roten Gürtel zusammengehaltenen Kleid aus weißem Leinen nicht wirklich eine überaus bezaubernde Königin?
Erschöpft sank die junge Frau auf ihr Lager. Sie konnte sich nicht mehr überwinden, am nächsten Festmahl teilzunehmen, in dessen Verlauf ihr Gefäße mit duftenden Salbölen zum Geschenk gemacht werden sollten.
Da tauchte im Halbdunkel des Gemachs Tujas zierliche Gestalt auf.
«Ist dir nicht wohl, Nefertari?»
«Ich habe keine Kraft mehr.»
Sethos’ Witwe setzte sich auf den Rand des Bettes und griff nach der rechten Hand der jungen Frau.
«Ich bin auch durch diese Prüfung hindurchgegangen. Es gibt zwei Heilmittel, die dir helfen werden: ein stärkender Trank und die große Anziehungskraft von Ramses, die er von seinem Vater geerbt hat.»
«Ich bin nicht zur Königin geboren.»
«Liebst du Ramses?»
«Mehr als mich selbst.»
«Dann wirst du ihn nicht im Stich lassen. Er hat sich mit einer Königin vermählt, und eine Königin wird an seiner Seite kämpfen.»
«Und wenn er sich geirrt hat?»
«Er hat sich nicht geirrt. Glaubst du, ich habe diese Augenblicke
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