Der Tempel der Ewigkeit
ein. Dieser verfluchte Beamte, der sich in seinen Vorrechten sonnte, würde doch wieder einmal versuchen, ihm einen unfähigen Gehilfen aufzubürden, weil die Familie des Jungen ihn bestochen hatte.
«Sei gegrüßt, Romet! Ich bringe dir…»
«Ich weiß schon, wen du mir bringst.»
«Dann verneige dich, wie es sich geziemt.»
Der Oberste Koch stemmte die Hände in die Hüften und begann schallend zu lachen.
«Ich soll mich vor diesem Burschen verneigen? Schauen wir doch erst einmal, ob er überhaupt Geschirr spülen kann.»
Dem Vorsteher trieb es die Schamröte ins Gesicht, und er flehte den König an:
«Vergib mir, er…»
«Ich kann Geschirr spülen», erklärte Ramses. «Und du, kannst du kochen?»
«Wer bist du, daß du meine Fähigkeiten in Zweifel ziehst?»
«Ramses, der Pharao von Ägypten.»
Starr vor Schreck begriff Romet, daß dies gewiß das Ende seiner Laufbahn bedeutete.
Mit einem Ruck nahm er seine lederne Schürze ab, faltete sie zusammen und legte sie auf einen Tisch. Eine Beleidigung des Königs hatte, sofern sie vom Gericht des Wesirs als solche bestätigt wurde, harte Strafen zur Folge.
«Was hast du für das Mittagsmahl vorbereitet?» fragte Ramses.
«Ge… gebratene Wachteln, einen Barsch aus dem Nil mit feinen Kräutern, Feigenmus und einen Honigkuchen.»
«Klingt verlockend, aber hält es auch, was es verspricht?»
Romet fühlte sich in seiner Ehre verletzt.
«Solltest du das bezweifeln, Majestät? Ich stehe in dem Ruf…»
«Auf den Ruf gebe ich nicht viel. Trage mir deine Gerichte auf!»
«Ich lasse sogleich die große Tafel im Palast decken», verkündete der Vorsteher salbungsvoll.
«Das ist nicht nötig, ich werde hier speisen.»
Unter den beunruhigten Blicken des Vorstehers aß der König mit Wohlbehagen.
«Das war vortrefflich», stellte er nach dem Mahl fest. «Wie heißt du, Koch?»
«Romet, Majestät.»
«Romet, ‹der Mann›… Du verdienst diesen Namen. Ich ernenne dich zum Vorsteher des Palastes, zum Mundschenk und zum Oberaufseher über alle Küchen des Königreichs. Folge mir, ich habe einige Fragen an dich.»
«Und… und ich, Majestät?» stammelte der soeben seines Amtes enthobene Vorsteher.
«Nutzloses Tun vergebe ich ebensowenig wie Gaunereien. Es mangelt immer an Geschirrwäschern, das wird für dich genau das richtige sein.»
Gemessenen Schritts begab sich der König mit Romet in einen überdachten Säulengang.
«Die Anweisungen für deine Ämter wird dir mein Oberster Schreiber, Ameni, erteilen. Er sieht zwar kränklich aus und weiß das Wohlleben nicht zu schätzen, doch er arbeitet unermüdlich. Und vor allem ehrt er mich mit seiner Freundschaft.»
«Du überträgst einem einfachen Koch große Verantwortung», sagte Romet verwundert.
«Mein Vater hat mich gelehrt, die Menschen nach meinem Gefühl zu beurteilen. Wenn ich mich irre, mag es mir schlecht bekommen. Um herrschen zu können, brauche ich einige treue Diener. Kennst du bei Hof deren viele?»
«Wenn ich die Wahrheit sagen soll…»
«Sag die Wahrheit, Romet! Nur keine Ausflüchte!»
«An Majestäts Hof haben sich die größten Heuchler und Ehrgeizlinge des ganzen Königreichs versammelt. Man möchte schwören, sie hätten sich verabredet, um gemeinsam das Feld zu erobern.
Zu Lebzeiten deines Vaters, dessen Zorn sie fürchteten, da krochen sie im Staub. Nach seinem Tod sind sie jedoch aus ihren Schlupflöchern hervorgekommen wie die Blumen der Wüste nach einem Gewitterregen.»
«Man verabscheut mich, nicht wahr?»
«So kann man es nennen.»
«Was erhofft man sich?»
«Daß es nicht lange währen wird, bis du dich als unfähig erweist.»
«Wenn du auf meiner Seite stehst, fordere ich deine uneingeschränkte Aufrichtigkeit.»
«Traust du mir das zu?»
«Verfügt ein Koch über Geschick, trachtet ein jeder danach, ihm seine Rezepte zu stehlen. Durch seine Küche schwirren tausenderlei Schmeicheleien, und er muß sich darauf verstehen, sie zu sieben, wie er die Zutaten für seine Speisen auswählt. Welchen Kreisen gehören diejenigen an, die sich gegen mich auflehnen?»
«Nahezu der gesamte Hof ist dir feindlich gesinnt, Majestät. Man hält es für ein völlig aussichtsloses Unterfangen, die Nachfolge eines so großen Pharaos wie Sethos antreten zu wollen. Deine Herrschaft wird demnach nur so lange dauern, bis sich ein ernsthafter Anwärter auf den Thron findet.»
«Nimmst du dennoch das Wagnis auf dich, deine thebanische Küche zu verlassen und dich um den ganzen Palast
Weitere Kostenlose Bücher