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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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schwierig werden, zuverlässige Auskünfte zu erhalten, auch wenn die Bestechung nach wie vor eine der wichtigsten Waffen im Kampf gegen Ramses bleiben würde.
    Der Syrer preßte ein Ohr an die Tür seiner Schreibstube. Kein Laut, also versuchte niemand auszukundschaften, was er tat. Zur Vorsicht stieg er noch auf einen Hocker und spähte durch ein winziges Loch in der Wand.
    Dann ging er beruhigt in den Lagerraum, in dem er unzählige kleine Alabastervasen aus dem mit Ägypten verbündeten Süden Syriens verwahrte. Da die Damen der vornehmen Gesellschaft begierig danach waren, bot Raia sie nur einzeln feil.
    Er suchte diejenige heraus, die am Hals mit einem unauffälligen roten Punkt gekennzeichnet war, und entnahm ihr ein längliches Holztäfelchen, auf dem die besonderen Merkmale dieser Vase standen: ihre Höhe, die Durchmesser am oberen Rand, in der Mitte sowie am Fuß und ihr Wert.
    So viele verschlüsselte Zahlen, aus denen Raia die geheime Nachricht seiner Auftraggeber aus dem Hethiterreich herauslas.
    Ihre Botschaft war unmißverständlich: Ramses bekämpfen, Chenar unterstützen.
    «Ein prachtvolles Gefäß», stellte Chenar bewundernd fest, während er liebevoll über die Wölbung der Vase strich, die Raia ihm vor den Augen seiner wohlhabenden Kundschaft andiente, von der es keiner wagen würde, den Preis zu überbieten, den Ramses’ älterer Bruder zu zahlen bereit war.
    «Es ist das Meisterwerk eines alten Künstlers, der ängstlich darauf bedacht ist, seine Geheimnisse zu hüten.»
    «Ich biete dir dafür fünf Milchkühe der besten Rasse, ein Bett aus Ebenholz, acht Stühle, zwanzig Paar Sandalen und einen Spiegel aus Bronze.»
    Raia verneigte sich.
    «Du bist sehr großherzig, Hoher Herr. Erweist du mir die Ehre, den Handel mit deinem Siegel zu bestätigen?»
    Der Kaufmann bat Chenar, ihm in eine hinter dem Laden gelegene Stube zu folgen. Hier konnten sie leise miteinander sprechen, ohne belauscht zu werden.
    «Mir ist eine ausgezeichnete Nachricht zugekommen: Unsere fremdländischen Freunde sind von deinen Absichten sehr angetan und haben beschlossen, dir zur Seite zu stehen.»
    «Unter welchen Bedingungen?»
    «Es gibt weder Bedingungen noch Vorbehalte.»
    «Das muß ein Traum sein, ich vermag es kaum zu glauben.»
    «Über die Einzelheiten werden wir uns später unterhalten. Für den Augenblick handelt es sich allein um ein grundsätzliches Einverständnis. Erachte es als einen großen Sieg, und nimm meine Glückwünsche entgegen, Hoher Herr. Ich spüre, daß ich vor dem künftigen Herrscher des Landes stehe, auch wenn der Weg dahin noch weit ist.»
    Chenar fühlte sich von einer Art Trunkenheit erfaßt. Dieses geheime Bündnis mit den Hethitern war ebenso wirksam und gefährlich wie ein tödliches Gift. Nun mußte er sich geschickt seiner bedienen, damit er Ramses zu Fall brachte, ohne sich selbst zu schaden und ohne Ägypten übermäßig zu schwächen. Er würde ein unermeßliches Wagnis eingehen, traute sich aber zu, es zu bestehen.
    «Wie lautet deine neue Botschaft?» fragte Raia.
    «Übermittle ihnen meinen Dank und lasse sie wissen, daß ich unermüdlich meine Aufgaben erfüllen werde - als Oberster Gesandter.»
    Das Gesicht des Syrers verriet, wie sehr ihn die Nachricht überraschte.
    «Hast du dieses Amt erlangt, Hoher Herr?»
    «Ich werde allerdings unter strenger Aufsicht stehen.»
    «Meine Freunde und ich vertrauen darauf, daß du es weise nutzen wirst.»
    «Mögen deine Freunde sich nicht davor scheuen, in die schwächsten ägyptischen Schutzgebiete einzudringen, die Stammesfürsten zu bestechen und so viele falsche Gerüchte wie nur möglich zu verbreiten.»
    «Und was sollen diese Gerüchte besagen?»
    «Daß Eroberungsfeldzüge bevorstehen, daß ganz Syrien dem Hethiterreich angeschlossen werden soll, daß die Häfen im Libanon überfallen werden, daß die ägyptischen Soldaten in den Fremdländern ihre Pflichten vernachlässigen… Wir müssen Ramses in Angst und Schrecken versetzen, damit er seine Besonnenheit verliert.»
    «Gestatte mir, daß ich untertänigst dein wohldurchdachtes Vorgehen preise.»
    «Ich habe noch viele Pläne, Raia. Deine Freunde werden es nicht bereuen, sich für mich entschieden zu haben.»
    «Und ich halte mir zugute, daß meine bescheidenen Empfehlungen nicht vergebens waren.»
    «Zu dem, was ich dir für die Vase bezahle, füge ich noch einen Beutel Gold aus Nubien hinzu.»
    Darauf verließ Chenar das Hinterzimmer. Sein hoher Rang gestattete ihm keine

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