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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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eine kleine, schlicht gearbeitete Fichtentruhe, vermutlich für persönliche Dinge. An der Wand über dem Kopf des Bettes hing eine Tuschzeichnung zweier in Leidenschaft vereinter Menschen. Sie überließ nichts der Phantasie.
    Neben der Frau, hinter der Tür, stand auf einem wackelig aussehenden Schränkchen ein Waschbecken. Die weiße Schüssel wies am Rand eine nierenförmige Absplitterung auf und hatte einen Sprung, der wie eine Ader aussah, die von der Niere fortlief. Die Kleider, die über dem Beckenrand hingen, tropften noch. Das milchig trübe Wasser schwappte träge von einer Seite auf die andere. Sie hatte sich gerade gewaschen.
    Sie hatten alle ihre Eigenheiten. Manche machten sich nicht die Mühe, sich zu waschen, aber das waren gewöhnlich die älteren, unattraktiven Frauen, die wenig Geld bekamen und die nur wenig scherte. Ihm war aufgefallen, daß die jüngeren, hübscheren, teureren Frauen sich nach jedem Mann wuschen. Er zog jene vor, die sich wuschen, bevor er zu ihnen kam, doch am Ende war ihm seine Lust wichtiger als derart banale Dinge.
    Träge dachte er darüber nach, ob die, mit denen er zusammengewesen war und die keine Berufshuren waren, jemals einen Gedanken an diese Dinge verschwendeten. Vermutlich nicht. Er bezweifelte, ob andere Menschen sich über derart abseitige Dinge den Kopf zerbrachen. Andere achteten einfach nicht auf das Zusammenspiel der Einzelheiten.
    Andere Frauen, die auf der Suche nach Liebe waren, befriedigten ihn, wenn auch nicht auf die gleiche Weise. Stets wollten sie reden und umworben werden. Sie wollten. Er wollte. Am Ende war sein Wollen stärker als das, was er vorgezogen hätte, und er gab ihnen, bevor sein Verlangen befriedigt werden konnte, ein wenig von dem, was sie verlangten.
    »Ich dachte, ich wär’ für heute abend fertig«, sagte sie. Ihre Worte hatten einen seidig glatten Klang, mit einem angenehmen, leicht kecken Schwung, verrieten aber kein wirkliches Interesse bei der Aussicht auf einen weiteren späten Gast.
    »Ich glaube, ich bin der letzte«, sagte er und versuchte zu klingen, als wolle er sich rechtfertigen, um sie nicht zu verärgern. Es war nie so befriedigend, wenn sie verärgert waren. Nichts mochte er mehr, als wenn sie geradezu versessen darauf waren, ihm alle Wünsche zu erfüllen.
    Sie seufzte. »Na schön.«
    Weder zeigte sie sich verängstigt darüber, daß ein Mann, obwohl sie kaum etwas anhatte, einfach, ohne anzuklopfen, in ihr Zimmer eintrat, noch verlangte sie Geld. Silas Latherton unten, mit seinem Knüppel und dem langen Messer im Gürtel, sorgte dafür, daß die Frauen nichts zu befürchten hatten. Er ließ auch niemanden die Treppe hinauf, der nicht im voraus bezahlt hatte, damit die Frauen nicht mit der Unannehmlichkeit behelligt wurden, das Geld einzufordern. Allerdings hatte dadurch er und nicht sie die Kontrolle über ihre Einkünfte und deren Verteilung.
    Ihr kurzes, glattes Blondhaar war zerzaust – von Meister Dickbauch, zweifellos – er fand das Wirrwarr jedoch aufreizend. Es verriet deutlich, was sie soeben getan hatte, und verlieh ihrem Äußeren etwas Erotisches – einem Äußeren, das ihm im übrigen ausgesprochen gut gefiel.
    Sie hatte einen ansehnlichen, festen Körper, lange Beine und wundervoll geformte Brüste, zumindest nach dem, was er davon gesehen hatte, bevor sie den Morgenmantel geschlossen hatte. Er würde ihre Schönheit noch einmal sehen, und er konnte warten.
    Die Vorfreude steigerte seine Erregung noch. Im Gegensatz zu ihren anderen Männern hatte er es nicht eilig, die Sache hinter sich zu bringen. Hatte es erst einmal angefangen, war es nur allzu schnell vorbei. Er konnte sich nicht mehr bremsen, wenn es einmal angefangen hatte. Erst einmal wollte er all die kleinen Einzelheiten genießen, damit er sie für alle Zeiten in seinem Gedächtnis aufbewahren konnte.
    Sie war mehr als nur hübsch, entschied er. Sie war ein Geschöpf, das Züge besaß, die die Phantasien der Männer mit quälenden Erinnerungen an sie aufheizte, und sie zwang, immer und immer wieder zu ihr zurückzukehren, um zu versuchen, sie, wenn auch nur für flüchtige Augenblicke, zu besitzen. Die Selbstsicherheit, die sich in ihrer Körperhaltung offenbarte, verriet ihm, daß sie dies wußte. Die Häufigkeit, mit der Männer ihr Geld ausgaben, um sie zu besitzen, war eine dauernde Bestärkung dieser Selbstsicherheit.
    Bei aller Anmut und unübersehbarer Schönheit besaßen diese Züge jedoch eine gewisse Härte, eine Schroffheit,

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