Der Tempel der vier Winde - 8
Rüschen seines Hemdes baumelten zwei rote Strafer.
»Wird es nicht langsam Zeit, daß du mit dieser Verstellung aufhörst, Weib? Solltest du nicht langsam deinen Begierden nachgeben und dir dein Verlangen nach mir eingestehen?«
Kahlan blickte ihm haßerfüllt in die blauen Darken-Rahl-Augen. »Bist du tatsächlich wahnsinnig, Drefan, oder tust du nur so? Ich habe der Ehe mit dir zugestimmt, um Menschenleben zu retten, und nicht, weil ich es so wollte. Wann wirst du dir das endlich eingestehen? Weder liebe ich dich, noch werde ich dich jemals lieben.«
»Liebe? Wann habe ich je von Liebe gesprochen? Ich spreche von
Leidenschaft.«
»Du machst dir etwas vor, wenn du glaubst, ich würde je –« »Das hast du bereits. Und du willst es wieder.«
Es tat ihr in der Seele weh, daß er so mühelos dahintergekommen war,
was sich mit Richard zugetragen hatte. Ständig erinnerte er sie daran und verspottete sie deswegen. Es war ihre ewig währende Strafe für das, was sie getan hatte, ein Makel, den sie nicht mehr los wurde.
Ferner Donner rollte durch die Berge, während das Frühlingswetter, das so plötzlich aufgekommen war, weiterzog, fort von der Stadt. Die wilden Blitze hatten Kahlan an Richard erinnert. Sie hatte am Fenster gestanden, dem heftigen Lichtzucken zugesehen und sich dabei erinnert.
»Niemals.«
»Du bist meine Frau. Du hast einen Eid geschworen.«
»Richtig, Drefan. Ich habe einen Eid geschworen, und ich bin deine
Frau. Ich werde zu meinem Wort stehen, aber die Seelen sind mit dem, was ich gegeben habe, bereits zufrieden. Mehr verlangen sie nicht, sonst hätte die Pest nicht aufgehört.« Sie riß ihren Arm los. »Wenn du mich haben willst, wirst du mich vergewaltigen müssen, denn ich werde weder freiwillig noch aus Bequemlichkeit in dein Bett steigen.«
Sein Lächeln konnte einen in den Wahnsinn treiben. »Ich kann warten, bis du endlich deiner Lust nachgibst. Du sollst Freude daran haben. Ich kann es kaum aushalten, bis du dir das endlich eingestehst und mich darum bittest.«
Er stolzierte davon, drehte sich aber noch einmal um, als sie seinen Namen rief.
»Was hast du mit Caras und Berdines Strafern zu schaffen?«
Einen Strafer zu berühren war nur dann schmerzhaft, wenn dieser zuvor gegen denjenigen benutzt worden war – wenn man Gefangener einer Mord-Sith gewesen war. Strafer waren lediglich in den Händen jener Mord-Sith eine Waffe, denen sie gehörten. Ohne die Bande zu einem echten Lord Rahl jedoch verloren sie ihre Wirkung. Für Drefan waren sie nur ein obszöner Schmuck.
Er nahm die roten Stäbe von seiner Brust und betrachtete sie. »Nun, ich dachte, jetzt, da ich Lord Rahl bin, sollte ich sie als Symbol meiner Machtbefugnis tragen. Schließlich hat Richard auch einen getragen. Du trägst ebenfalls einen.«
»Die Strafer, die wir tragen, sind keine Symbole irgendeiner Machtbefugnis. Sie sind ein Zeichen des Respekts für die Frauen, denen sie gehört haben.«
Achselzuckend ließ er sie zurückfallen. »In der Armee ist man ziemlich beeindruckt, wenn man sie sieht. Das reicht mir. Gute Nacht, meine Liebe. Schlaf gut.« Sein verschlagenes Lächeln kehrte zurück. »Ruf mich einfach, wenn du etwas brauchst.«
Einen leisen Fluch murmelnd, stemmte Kahlan die Tür zu ihren Gemächern mit der Schulter auf. Sie war erschöpft und wollte nichts weiter, als ins Bett fallen, doch sie wußte, daß ihr die ruhelosen Gedanken den Schlaf rauben würden.
Berdine erwartete sie.
»Ist er zu Bett gegangen?« fragte sie und meinte Drefan.
»Ja«, antwortete Kahlan. »Genau wie ich gleich auch.«
»Nein, das wird nicht gehen. Ihr müßt mich begleiten.«
Kahlan runzelte die Stirn angesichts des ernsten Ausdrucks auf Berdines Gesicht. »Wohin wollt Ihr mich bringen?«
»Wir müssen hinauf zur Burg der Zauberer.«
»Was ist geschehen? Handelt es sich um die Sliph? Hat jemand versucht durch sie hierherzukommen?«
Berdine machte eine wegwerfende Handbewegung und trat näher. »Nein, nein, es geht nicht um die Sliph.«
»Um was dann?«
»Ich will bloß, daß Ihr mit hinaufkommt, das ist alles. Ich hätte gerne ein wenig Gesellschaft.«
Kahlan legte der Frau die Hand auf die Schulter. »Ich weiß, wie einsam Ihr Euch fühlen müßt, Berdine, aber es ist spät, ich habe Kopfschmerzen, und ich bin müde. Ich war den ganzen Nachmittag und Abend über mit Drefan, General Kerson und einer Reihe von Offizieren in einer Besprechung. Drefan will die Truppen nach D’Hara zurückmarschieren lassen
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