Der Tempel der vier Winde - 8
versuchte, irgendwohin zu zeigen, doch die beiden hielten ihre Arme fest. »Richard hat die Pest …. Ich brauche das Buch.«
Berdine beugte sich näher zu ihr vor. »Lord Rahl … hat die Pest?«
Kahlan nickte heftig. »Ich muß das Buch beschaffen. Das Buch, das aus dem Tempel der Winde entwendet wurde. Ich muß es beschaffen, sonst stirbt er.« Kahlan riß ihre Arme los. »Bitte, so helft mir doch. Richard hat die Pest.«
»Was müssen wir tun?« fragte Cara.
»Ich gehe in die Alte Welt. Beschützt ihn.«
»In die Alte Welt!« entfuhr es Berdine. »Wißt Ihr überhaupt, wo sich das Buch befindet? Hat er Euch gesagt, wo Ihr danach suchen müßt? Hat er Euch irgendeinen Hinweis gegeben?«
»Ich habe keine Ahnung, wo es sich befindet! Aber es ist seine einzige Chance! Er hat die Magie der Pest auf sich genommen, um in diese Welt zurückkehren zu können. Um mich um Vergebung zu bitten. Er wollte mir sagen, es tue ihm leid, daß er mich so verletzt hat. Wenn wir das Buch nicht vernichten, stirbt er – und das nur, weil er sich entschuldigen wollte. Er stirbt! Ich muß sofort los!«
»Aber Mutter Konfessor«, meinte Berdine, »die Alte Welt ist groß. Wenn Richard tatsächlich die Pest hat … wie könnt Ihr dann hoffen, das Buch zu finden?«
Rechtzeitig. Das war es, was sie meinte. Wie konnte sie hoffen, das Buch rechtzeitig zu finden? Bevor Richard starb.
Kahlan krallte ihre Hand in rotes Leder. »Ich muß es versuchen! Beschützt Richard. Drefan darf nicht erfahren, daß Richard wieder da ist. Ich weiß nicht, was er dann unternehmen würde. Verratet es ihm nicht!«
Cara schüttelte den Kopf. »Macht Euch deswegen keine Sorgen. Wir werden Drefan nichts verraten. Wir werden uns um Richard kümmern, solange Ihr fort seid. Wir werden ihn hier in der Burg der Zauberer verstecken. Aber beeilt Euch. Solltet Ihr es nicht finden, kommt bitte zurück, bevor –«
Kahlan stürzte in den Raum der Sliph und rannte zum Brunnen. Die Sliph lächelte, als sie die Mutter Konfessor erblickte.
»Möchtest du –«
»Reisen! Ich muß reisen! Sofort!«
»Wohin möchtest du reisen?«
»In die Alte Welt!«
»Wohin in der Alten Welt? Ich kenne dort eine Reihe von Orten. Wir können reisen, wohin du willst. Ich bringe dich hin. Du wirst zufrieden sein.«
Kahlan preßte sich die Hand auf den Kopf und stöhnte verzweifelt, als die Sliph sich anschickte, Orte aufzuzählen, von denen Kahlan noch nie gehört hatte.
»Ich will dorthin, wo du mit Richard warst, mit deinem Herrn und Meister, als er mich holen wollte! Als ich das erste Mal mit dir gereist bin!«
»Ich weiß, welchen Ort du meinst.«
Kahlan raffte ihr weißes Kleid und kletterte umständlich auf die Ummauerung des Brunnens. »Dahin will ich! Bring mich dahin! Beeil dich! Das Leben deines Herrn und Meisters steht auf dem Spiel!«
»Beschützt Richard!« rief sie Cara und Berdine zu.
»Was sollen wir Drefan sagen, wenn er fragt, wo Ihr seid?« rief Berdine ihr hinterher.
»Keine Ahnung. Ihr werdet Euch etwas einfallen lassen müssen.«
»Wir werden uns bis zu Eurer Rückkehr um Richard kümmern«, sagte Cara. »Mögen die Guten Seelen mit Euch sein.«
»Sagt ihm, ich liebe ihn!« rief sie noch, als der Silberarm der Sliph sie vom Mauerrand holte.
Ihre Stimme hallte noch von den Steinmauern wider, als Kahlan in die quecksilbrige Gischt gestürzt wurde. Keuchend sog sie die Sliph in sich hinein und betete zu den Guten Seelen, sie möchten ihr dabei helfen, das Buch zu finden. Unter wahnsinnigen Mühen durchschwamm sie, was zuvor stets ein Gefühl reinster Wonne gewesen war.
Jetzt war da nur noch finsteres Grauen.
65. Kapitel
Ann beugte sich zu ihm vor. »Das ist deine Schuld, weißt du das?«
Zedd, der mit ihr auf dem Fußboden mitten im Zimmer hockte, blickte kurz zu ihr hinüber. »Den kostbaren Spiegel hast du zerbrochen.«
»Das war ein Unfall«, beharrte Ann. »Dafür hast du ihren Reliquienschrein kaputtgemacht.«
»Ich habe lediglich versucht, das Ding sauberzukriegen. Woher sollte ich ahnen, daß es gleich Feuer fängt? Sie hätten es eben nicht überall mit diesen getrockneten Blumen behängen sollen. Dafür hast du den Beerenwein über das beste Kleid der Frau des Häuptlings geschüttet.«
Ann reckte die Nase in den Himmel. »Der Krug war zu voll. Und gefüllt hast du ihn. Obendrein hast du seinen kostbaren Messergriff zerbrochen. Einen Wassenwurzelknoten wie diesen wird er nie wieder finden. Verständlich, daß er ziemlich aufgebracht
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