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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Meister Hiram. Ich
brauche dich noch. Jedes Jahr strömen große Reichtümer nach Jerusalem. Die
Arbeit der Provinzen, der Handel, Expeditionen in ferne Länder verschaffen mir
mehr als dreiundzwanzig Tonnen Edelmetalle. Die reichsten Herrscher schicken
mir Geschenke. Dank des Tempels ist Israel ein bedeutender Staat geworden, dem
das Glück hold ist. Mit dem Gold aus Saba wirst du mir zweihundert normal große
Schilde und dreihundert kleinere machen. Erstere soll meine Leibwache bei
großen Festen dem Volk zeigen. Letztere sind der Grundstock einer Schatzkammer,
die in ein Gebäude kommen soll, das du baust. Der Rest des Goldes wird unter
dem Fußboden des Allerheiligsten versteckt. Den kann man gut gebrauchen, wenn
mein Land schlimme Zeiten durchmacht. So will ich es, Meister Hiram.»
    Mit Feuereifer stürzte sich
der Baumeister in dieses neue Unternehmen. Meister, Gesellen und Lehrlinge
waren glücklich, daß sie unter dem Befehl des von ihnen verehrten Hiram mit
ihrem Abenteuer weitermachen konnten. Nachdem er dem König ein Modell
vorgestellt hatte, umgab Hiram drei Seiten des Tempels mit dreistöckigen
Gebäuden, die durch Schwingtüren verbunden waren und deren Stockwerke jeweils
etwas zurückgesetzt waren. Hier sollten die Reichtümer des Königreiches
gelagert werden.
    An der
Straße, die zur Stadt führte, erhob sich das beeindruckendste Gebäude, das Haus
vom Walde Libanon. Im Inneren dieser gewaltigen Schatzkammer, die hundert Ellen
lang und fünfzig Ellen hoch war, hatte Hiram viele Zedernstämme aufgestellt,
die das Dach stützten. Oben waren behauene Balken geschickt in die Äste von
rund sechzig Bäumen eingepaßt.
     
     
    Mehr als ein Jahr verging in
fieberhafter Gemeinschaftsarbeit, die jedoch schönste Früchte trug, und dann
kam ein Herbst, in dem die Trauben- und Olivenernte außergewöhnlich reich
ausfiel. Auf den Feldern bewunderten die Landarbeiter, wenn sie die Zugochsen
der Karren führten, die elegante Silhouette des Hauses vom Walde Libanon.
Dieses Bild tröstete sie über eine Arbeit hinweg, die ihnen durch die
Trockenheit des felsigen Bodens erschwert wurde, auf dem überall Disteln
wuchsen.
    Dem neuen
Jahr, das mit dem Versöhnungsfest gefeiert wurde, ging eine Fastenzeit voraus,
in der Israel rituell seine Sünden büßte. Beim Herbstgottesdienst, als das
ganze Volk Gott anflehte, sich gnädig zu erweisen, war Arbeiten unter
Todesstrafe verboten. Und es wurde streng gefastet.
    Nur bei
diesem großen Ereignis durfte der Hohepriester mit Salomos Genehmigung das
Allerheiligste betreten und es vom Makel des vergangenen, im Sterben liegenden
Jahres reinigen, indem er das Blut eines Stieres, vermischt mit dem eines
Ziegenbocks, opferte. Eingeleitet von Trompetenstößen, hatte sich eine
Prozession zum Tempel gebildet. Das Land war unter Gesängen gesegnet worden,
Bauern lagen auf den Knien und hörten die Stimmen der Vorfahren, die sie daran
gemahnten, daß nur der HERR das Land fruchtbar mache.
    Rings um
Jerusalem standen Laubhütten und Glückszelte. Tausende von Pilgern kamen und
verweilten dort genauso wie Stadtbewohner, die ihre Wohnungen während des
Laubhüttenfestes verlassen hatten, das auf das Versöhnungsfest folgte. So
gedachte man der ewigen Irrfahrt des Menschen auf dieser Erde. So erinnerte man
sich an die Verbannung einer zwischen Nomaden und Seßhaften zerrissenen Rasse.
    Auf dem
Vorhof lauschte Hiram neben Salomo den Gesängen der Priester und dachte an den
Eckstein, den ehemalige Baumeister verworfen hatten, den Jahwe jedoch zum
Fundamentstein gemacht hatte. Er, der Baumeister des Tempels, kam sich so
ausgeschlossen vor wie die kleine Pyramide, die nur Gott selbst hinzusetzen
verstand, damit das Bauwerk gelingen konnte. In welche Richtung des Universums
würde ihn sein Leben von nun an führen? Ägypten wollte ihn nicht haben, Israel
sperrte ihn ein.
    «Der
Ziegenbock!» rief ein zelebrierender Priester. «Das hier ist der Sündenbock,
der unsere Unreinheiten und Sünden auf sich nimmt!»
    Der Hohepriester
führte, unterstützt von zwei Helfern, ein prachtvolles, störrisches und
ungebärdiges Tier zum Fuß des Hauptaltars.
    «HERR»,
betete Zadok, «Dein Volk hat gesündigt. Es hat Verbrechen begangen und Dein
Gesetz gebrochen. Schenke ihm Deine Vergebung. Sei uns gnädig. Jage dieses Tier
in die Wüste. Führe es an einen Abgrund, in dem es zur Erlösung von unseren
Sünden stirbt. Es soll in der Einsamkeit umkommen. Und niemand darf ihm
helfen.»
    Zadok trat zurück.

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