Der Tempelmord
Euren Namen zu nennen.«
Der Phönizier deutete eine Verbeugung an. »Elagabal werde ich geheißen. Ich bin Kaufmann und Mitglied in der Boyie, dem Rat der Hundert.«
»Ihr schmeichelt mir, indem Ihr mir Eure Gunst erweist. Ich bin es nicht gewohnt, die Aufmerksamkeit so bedeutender Männer zu genießen. Man nennt mich Samu. Ich bin Priesterin der Isis, doch bekleide ich keinen besonderen Rang. Wollt Ihr, da Ihr dies nun wißt, mich immer noch bis zu meiner Unterkunft geleiten?«
Elagabal hob in pathetischer Geste seine Hände. »Welche Bedeutung haben Titel? Schon als ich Euch zum ersten Mal sah, begriff ich, was Schönheit bedeutet. Liebreiz und Anmut haben durch Euch einen neuen Namen bekommen. Samu!«
12. KAPITEL
P hilippos saß erschöpft im Hof des Tempels. Neben ihm kauerte der Eshmun-Priester, der geholfen hatte, die Wunde von Abimilku zu versorgen. Er reichte dem Griechen einen kleinen, tönernen Wasserkrug, aus dem er getrunken hatte. Dankbar lächelnd nahm der Arzt ihn an.
Seine Kehle war wie ausgedörrt. Es war Stunden her, seit er zum letzten Mal etwas getrunken hatte.
»Man sagte mir, du seist Söldner ...« Der Priester blinzelte Philippos freundlich an. Sein Gesicht wirkte offen, und er schien ein aufrechter Mann zu sein. Wie alle Priester im Tempel hatte auch er seinen Kopf kahlrasiert. Seine Augen waren mit dunkler Schminke umrandet. Er trug ein mit dicken Fransen geschmücktes Wickelgewand, das ganz ähnlich wie eine Toga geschnitten war.
Der Grieche nickte. »Das stimmt. Doch ich habe genug Tod und Unheil gesehen. Ich bin auf der Flucht vor dem Krieg und suche nach einer Heimat, in der ich ein Leben in Frieden führen kann.«
Der Priester wiegte den Kopf hin und her. »Ich habe schon viele Soldaten gesehen, doch bei dir scheint es mir, als könntest du besser Wunden verbinden, als sie schlagen. Das ist eine ungewöhnliche Begabung für einen Söldner. Nicht nur, daß du vorhin wußtest, daß man eine Blutung mit einem Brandeisen stillt, du wußtest auch genau, wo es anzusetzen war, um die Brandwunde möglichst klein zu halten. Du bist ein würdiger Gast im Haus des Eshmun. Manch ein Priester hier versteht sein Handwerk schlechter als du.«
Philippos musterte sein Gegenüber verstohlen. Was wollte der Priester? Wozu diese Fragen?
Der Eshmun-Priester lächelte, ganz so, als habe er Philippos’ Gedanken gelesen. »Mich interessiert es nicht, warum du dich als Söldner ausgibst. Vielleicht verstehst du ja auch etwas vom Kriegshandwerk, doch vor mir brauchst du dich nicht zu verstellen. Du bist ein Heilkundiger, Grieche, und als solcher bist du immer willkommen in diesem Tempel. Wußtest du, daß manche Gelehrte Eshmun mit dem griechischen Gott Asklepios gleichsetzen? Du bist hier unter Gleichgesinnten, und ich würde mich glücklich schätzen, einen Mann wie dich im Tempel zu Gast zu haben. Wenn du also jemals eine Zuflucht brauchst oder einfach nur jemanden suchst, mit dem du reden kannst, dann komm’ hierher und frage nach Chelbes. Deine Kunst macht dich zu meinem Bruder, und ich schwöre vor dem Angesicht Eshmuns, daß ich niemals einen Verrat an dir begehen würde.«
»Dein Angebot ehrt mich, Chelbes, doch fürchte ich, daß du mein Können überschätzt. Auch wenn du Zweifel haben magst, so kann ich bei Zeus schwören, daß ich zwanzig Jahre lang Soldat gewesen bin.« Das war ja auch nicht gelogen, dachte Philippos bei sich. Er war in der Legion gewesen und hatte als Soldat lediglich eine besondere Aufgabe erfüllt, wenn er als Arzt gedient hatte. Trotzdem war er oft genug in Kämpfe verwickelt gewesen und hatte das Handwerk des Kriegers gelernt, noch bevor seine Begabung als Heilkundiger aufgefallen war.
Chelbes musterte ihn mit gerunzelter Stirn und schüttelte den Kopf. »Sollte ich mich in dir so getäuscht haben? Wie dem auch sei, vor den Toren des Tempels wartet ein bärtiger Taucher auf dich. Er soll dich zum Haus von Abimilku bringen. Den Kapitän haben seine Freunde schon nach Hause gebracht. Sorge dafür, daß man sich dort gut um seine Wunde kümmert. Du sollst wissen, daß der Biß des Schlangenfisches sehr gefährlich ist. Meistens zieht eine solche Verletzung üble Säfte an. Die Wunde kann brandig werden und zum Tode führen. Deshalb ziehen meine Brüder es vor, bei einer Verletzung durch diesen Fisch das betroffene Körperglied zu amputieren. Ich habe mich von dir überreden lassen. Nun sorge dafür, daß die Angelegenheit auch gut ausgeht.«
»Ich werde
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