Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
Mensch wurde. Ich fiel auf die Knie. Mir war zum Heulen, aber es kamen keine Tränen. Die kamen erst später. Seitdem kommen sie fast jeden Tag. Aber damals, mitten in der Nacht, musste ich mich fragen, warum. Ich meine, warum die Tür sich für mich geöffnet hat.
Hundert tote Kinder. Gott zeigt dir so etwas nicht ohne Grund, oder? Auf keinen Fall.
Ich kehrte in die Staaten zurück, gammelte zwei Jahre herum und trank zu viel. Ich wusste, dass ich nicht schlau genug war, um Arzt oder Anwalt oder etwas in der Art zu werden. Daher beschloss ich, Cop zu werden. Wie sonst hätte ich Gutes tun können?
Wie sonst hätte ich Gutes tun können?
Marcus Haines hatte Byrne damals angeschaut und diese Frage gestellt.
Wie sonst hätte ich Gutes tun können?
Ein paar Tage später trat Marcus Haines vor eine andere Tür. Byrne erinnerte sich genau an das Feuer der Automatikwaffen und sah vor Augen, wie Marcus Haines’ Hinterkopf zerbarst und Blut, Hirnmasse, Hautfetzen und Knochensplitter umherspritzten.
Dieses Mal war die Tür nicht in der Türkei, sondern vor irgendeinem Dreckloch in Nord-Philadelphia, wo Kinder mit einer Droge namens Crack zu Sklaven gemacht wurden. Marcus Haines hatte schließlich die Tür gefunden, hinter der hundert andere Kinder hausten, und er fing sich die Kugel ein, die für Kevin Byrne bestimmt war.
Wie soll man eine solche Schuld begleichen?
Byrne nahm das Bild von Marcus in die Hand und zog das Schulfoto von Gabriel aus der Tasche. Er hielt sie nebeneinander. Zwischen Vater und Sohn bestand eine große Ähnlichkeit, aber der Vater hatte seinen Sohn nie kennengelernt. Byrne erinnerte sich gut an die Nacht, als er Tanya Wilkins aufgesucht hatte, um es ihr mitzuteilen. Die Nachricht hatte sie furchtbar getroffen. Sie war damals mit Gabriel schwanger. Das hatte Byrne nicht gewusst.
Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer. Die Frau meldete sich nach dem zweiten Klingeln.
»Wissen Sie, wer hier ist?«, fragte Byrne.
»Ja. Wir haben Ihren Anruf erwartet.«
»Wir?«
»Mein Sohn und ich.«
Byrne erwiderte nichts.
»Gott hat uns aus einem bestimmten Grund ausgewählt«, sagte die Frau. »Sind Sie bereit?«
»Ich bin bereit.«
»Wissen Sie, was Sie tun müssen?«, fragte sie nach kurzem Zögern.
»Ja.«
»Es hat alles zu diesem Augenblick geführt. Spüren Sie die Last der Vorhersehung?«
Mehr als Sie sich vorstellen können, dachte Byrne. »Ja, aber zuerst muss ich noch etwas besorgen.«
»Ich höre.«
Byrne sagte ihr, was er brauchte. Die Frau willigte ein, ihm behilflich zu sein.
»Wollen Sie wissen, wo wir sind?«, fragte sie.
»Ich weiß, wo Sie sind. Ich weiß aber nicht, wie lange ich brauche, um zu Ihnen zu kommen.«
»Wir warten.«
»Ich komme auf jeden Fall.«
Byrne beendete das Gespräch und legte sein Handy auf den Esstisch neben die Dienstwaffe und die Dienstmarke.
Wie sonst hätte ich Gutes tun können? Kevin Byrne wusste es.
54.
Jessica konnte Byrne nirgendwo finden. Sie versuchte es auf seinem Handy, seinem Festanschluss, seinem Pager und per SMS. Sie hatte Maria nichts von Mateos Anruf erzählt und Mateo gebeten, es so lange wie möglich für sich zu behalten. Natürlich konnte sie ihn nicht bitten, zu lügen oder Kevin vom Film zu löschen. Aber Mateo war ein erfahrener Cop und willigte ein. Er versprach, zumindest vorläufig nichts zu sagen.
In der St. Simeon Church wimmelte es jetzt von Polizisten. Jessica hatte Dana Westbrooks Miene gesehen, als sie am Tatort ankam, und das war nicht gut. Ihr Killer hatte vor den Augen zweier Detectives einen Mord begangen, und das würden die Medien ausschlachten.
Jessica beschloss, später über die Wut ihrer Vorgesetzten nachzudenken. Ihre erste Sorge galt Kevin Byrne.
Was hatte er an der Kirche gemacht?
Jessica trat ins Freie, als ihr Handy klingelte. Es war Maria.
»Hi, Maria.«
»Ich habe die Fahrzeuge auf der Straße überprüft. Einen halben Block von unserem Wagen entfernt steht ein Kleinwagen.«
Jessica erinnerte sich, den Wagen gesehen zu haben, als sie die Kirche betreten hatte. »Was ist damit?«
»Sieht so aus, als hätten wir ein zweites Opfer.«
»In dem Wagen liegt eine Leiche? «
»Ja. Und daneben auf dem Sitz liegt etwas, was du dir ansehen solltest.«
Jessica lief die Gasse hinunter und bog um die Ecke. Einen halben Block entfernt sah sie Maria neben dem Wagen stehen. Jessica verlangsamte ihr Tempo. Es bestand kein Grund zur Eile. Ein Toter wurde nicht wieder lebendig.
Als sie
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