Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
fernzuhalten. Währendessen machten Jessica und Byrne sich bereit, das Kellergeschoss in Augenschein zu nehmen.
Sie trafen sich an der Treppe und schalteten ihre Taschenlampen ein. Jessica öffnete die Tür. Sie würde als Erste hinuntergehen. So hielten sie es immer; der heutige Tag bildete keine Ausnahme.
Sie leuchteten die Treppe mit den Taschenlampen aus. Die lautlose, beklemmende Dunkelheit unter ihnen schien das Licht zu verschlucken.
Der Keller, dachte Jessica. In vielen Fällen war er der Hort des Schreckens. Man gewöhnte sich nie an den Keller.
Jessica blieb stehen, umklammerte den Griff ihrer Waffe. Byrne stellte sich auf die andere Seite der Tür.
Draußen war es kalt, aber hier unten herrschten Temperaturen wie in Alaska. Ihr Atem bildete weiße Schwaden in der Luft. Trotz der Kälte spürte Jessica den warmen Schweiß auf ihrem Rücken.
Auf der obersten Treppenstufe blieb sie kurz stehen. Das alte Holz knarrte unter ihrem Gewicht. Sogar hier oben nahm Jessica den unverkennbaren metallischen Geruch des Blutes wahr.
Sie atmete tief ein, legte eine Hand auf das Geländer.
In diesem Augenblick hörten sie den Schrei.
5.
»Polizei!«, rief Jessica. »Ist da jemand?«
Keine Antwort.
Jessica zog ihre Waffe, richtete sie nach unten in die Dunkelheit und stieg langsam die Stufen hinunter, wobei sie dem Strahl der Taschenlampe folgte und auf zerbrochene oder fehlende Bretter achtete. Auf einer Stufe lag das Plastikspielzeug eines Kindes – eine Ente, der ein Fuß fehlte und um deren Hals ein schmutziges Band gebunden war. Zwei Stufen tiefer lag eine große Kugel aus trockenem, zerrissenem Zeitungspapier, in der vermutlich eine Mäusefamilie gewohnt hatte.
Schließlich stand Jessica auf der vorletzten Stufe. Zwei Stufen über ihr war auch Byrne stehen geblieben. Jessica ließ den Strahl der Taschenlampe durch den Kellerraum gleiten. Die niedrige Decke hing voller Spinnweben. Der Gestank von Schimmel und Urin war ekelerregend.
Unter der Treppe , hatte Martinez gesagt. Die Kellertreppe runter und dann rechts.
In dem Moment, als Jessica die letzte Stufe hinunterstieg, hörte sie ein Geräusch aus der Finsternis. Es war nicht die Stimme eines Menschen, sondern ein schwacher, tierhafter Laut, der unter der Treppe hervorkam und über den feuchten Boden zu kriechen schien.
Byrne legte Jessica die Hand auf die linke Schulter, um ihr wortlos mitzuteilen, dass er ihre linke Seite sichern würde.
Jessica kauerte sich hin und leuchtete den feuchten Betonboden ab. Verstreut herumliegende Essensabfälle, sauber abgenagtes, vertrocknetes Hähnchen und Rippchen. In einer Ecke lagen die Reste eines verrosteten Fahrrads, bei dem die Kette, die Räder und die Pedale fehlten. In einer anderen Ecke lag ein Stapel alter Neonröhren.
Eine Menge Blut.
Jessica hob eine Hand, zeigte nach rechts. Dann zählte sie stumm bis drei, sprang auf und wirbelte nach rechts herum, die Waffe im Anschlag, den Zeigefinger auf dem Abzugsbügel.
Unter der Treppe saß ein junger Mann. Das, was von ihm übrig war. Er saß auf einem Holzstuhl. Seine Hände waren auf den ersten Blick nicht zu sehen; offenbar lagen sie auf dem Rücken. Über seinen Kopf und die Brust rann frisches Blut. Vor seinen Füßen standen zwei Ratten auf den Hinterbeinen und starrten mit ihren winzigen schwarzen Augen trotzig in den Lichtstrahl der Taschenlampe.
Der Mann war nackt. Seine Brust war kreuz und quer mit Stacheldraht umwickelt. Die zum Teil verrosteten Spitzen bohrten sich vom Hals bis zur Taille tief in sein Fleisch. Eine messerscharf geschliffene Spitze in leuchtendem Silber stach unmittelbar neben der Halsschlagader in die Haut. Die Wunden dampften, als die eisige Februarluft über das warme Blut strich.
Der Mann lebte noch. Officer Martinez hätte seinen Puls überprüfen müssen, aber Jessica konnte jetzt verstehen, warum sie es nicht getan hatte.
Kevin Byrne trat an Jessicas linke Seite und richtete die Taschenlampe und seine Waffe auf den Mann, während Jessica sich umdrehte und den Blick durch den Kellerraum schweifen ließ. Es gab keine weiteren Türen und keine Nischen, in denen jemand sich hätte verstecken können.
Der Keller war leer.
Abgesehen von dem furchtbar zugerichteten Mann vor ihnen.
Jessica verständigte über Funk die Zentrale und forderte einen Rettungswagen an. Dann drehte sie sich wieder zu dem Mann um, die Mündung ihrer Waffe auf den Boden gerichtet. Jetzt sah sie, dass die Hände des Mannes hinter dem Rücken ebenfalls
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