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Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Titel: Der Teufel in dir: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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noch etwas ein. Als ich losgefahren bin, habe ich in den Innenspiegel geschaut. Es sah so aus, als berührte der Mann den Laternenpfahl, daran erinnere ich mich.«
    »Den Laternenpfahl vor dem Haus?«
    »Ja.«
    Jessica machte sich eine Notiz, die Kriminaltechniker zu bitten, die Analyse der Substanz auf dem Laternenpfahl sowie die Sicherstellung der Fingerabdrücke, falls sie welche fanden, vorrangig zu behandeln. Möglicherweise hatte Mara Reuben beobachtet, wie der Mann das X auf den Laternenpfahl gemalt hatte.
    »Und Sie sind jeden Abend gegen zehn Uhr hier?«, fragte Jessica.
    »Ja.«
    »Darf ich fragen, warum Sie heute Morgen hergekommen sind?«
    »Nun ja, ich bin ziemlich besorgt, nachdem in diesem Monat zweimal bei meiner Mutter eingebrochen wurde. Ich wollte nur kurz vorbeischauen, doch als ich die vielen Streifenwagen gesehen habe, bekam ich einen Schreck.«
    »Das ist verständlich.« Jessica reichte der Frau eine Visitenkarte. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich bitte an, auch wenn es Ihnen noch so banal erscheint.«
    »Mach ich.«
    »Ich weiß nicht, ob es eine Beruhigung für Sie ist«, fügte Jessica hinzu, »aber in den nächsten Tagen wird wohl niemand bei Ihrer Mutter einbrechen. Vorläufig wimmelt es hier von Polizisten.«
    Mara lächelte verhalten. »Das ist gut. Ich werde den Vorfall nutzen, meine Mutter zu überreden, dass sie zu mir zieht.«
    Jessica nickte bloß. Es gab gute und schlechte Viertel in der Stadt, doch vor Gewalt und Tod war man nirgendwo sicher. Jessica hatte in Mordfällen sowohl in Luxusvillen als auch in billigen Absteigen ermittelt.
    Zehn Minuten später stand Jessica an der Ecke gegenüber vom Tatort. Sie versuchte sich die menschenleere Straße vorzustellen, wie sie vermutlich gestern Abend gegen zehn Uhr ausgesehen hatte. Sie versuchte sich den Mann vorzustellen, der in einem langen schwarzen Mantel mit spitzer Kapuze dort stand und laut sprach oder sang.
    Latein.
    Jessica blickte auf die Überwachungskamera der Polizei an der Ecke. Wenn sie Glück hatten, war die Kamera eingeschaltet gewesen, und es gab Aufzeichnungen.
    Jessica seufzte. Nachdem die Befragungen in der Nachbarschaft nichts gebracht hatten, konnten sie ein bisschen Glück gebrauchen.

7.
    Byrne wusste es in dem Augenblick, als er das Gebäude betrat. Zuerst spürte eine beinahe panische Angst, während sich auf seiner Haut Feuchtigkeit niederschlug, die aus den Mauern zu dringen schien. Diese Steine hatten die Geheimnisse der letzten hundert Jahre bezeugt, und Byrne kam sich beinahe wie ein Eindringling vor. Hier, an diesem Ort, an dem ein Mord verübt worden war, beschützten die Mauern ihre Geister.
    Der Junge in dem roten Mantel.
    Seit vielen Monaten hatte Byrne nicht mehr an diesen Jungen gedacht – eine lange Zeit, wenn man seine Verbindung zu dem Fall bedachte. Der Junge in dem roten Mantel gehörte zu den bekanntesten und dramatischsten ungelösten Fällen in der Kriminalgeschichte Philadelphias. Byrne hatte einen Anruf vom Pfarrer der St. Gedeon Church bekommen, der Kirche seiner Jugend in Süd-Philadelphia. Als er dort eintraf, war die Kirche leer. Nur in der letzten Reihe saß ein Junge.
    Ein toter Junge in einem leuchtend roten Mantel.
    Byrne sicherte den Tatort und wartete auf die Detectives des zuständigen Polizeibezirks. Damit endete seine offizielle Verwicklung in den Fall. In den darauf folgenden Jahren schauten viele Detectives – auch Byrne – immer wieder in die Akten und versuchten, neue Spuren zu finden. Trotz aller Anstrengungen blieb der Fall ungelöst. Dennoch vergaß Byrne niemals das Gefühl, das ihn überkommen hatte, als er an jenem Tag die leere Kirche betrat und den toten Jungen sah.
    Es war dasselbe Gefühl, das er heute gehabt hatte, als er in den feuchten Keller hinuntergestiegen war und den blutüberströmten Körper des jungen Mannes erblickt hatte, den jemand so barbarisch mit Stacheldraht an einen Stuhl gefesselt hatte.
    Im Laufe seiner Dienstzeit war Byrne Zeuge aller nur denkbaren Gewalttaten geworden und war mit allen vorstellbaren Mordmethoden konfrontiert worden. Seitdem er vor Jahren seine eigene Nahtoderfahrung gemacht hatte, verfügte er über das »zweite Gesicht«, wie man es häufig nannte – eine Gabe, die ein Segen, aber auch ein Fluch sein konnte. Nach einem Unfall war er für tot erklärt worden, nach einer Minute aber ins Leben zurückgekehrt. Es war nicht etwa so, als könnte er nun in die Zukunft oder die Vergangenheit schauen, oder als

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