Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
und arbeitete sich langsam bis zu den Anfängen des Gebäudes durch die Dokumente. Dazu gehörten Urkunden über Grundstücksvermessungen, Nutzungsgenehmigungen, zeitlich begrenzte Konzessionen zur Speisenabgabe (offenbar war das Haus einst als Restaurant genutzt worden), Baupläne, Genehmigungen für Stromanschlüsse und dergleichen. Jessica fand heraus, dass noch Steuerschulden auf dem Haus lasteten und derzeit kein Besitzer eingetragen war.
Nachdem sie sich ungefähr zwanzig Minuten lang mit diesen nüchternen Daten beschäftigt hatte, fiel ihr ein Name ins Auge, und von einem Moment zum anderen änderte sich alles.
»Das muss ein Witz sein«, murmelte Jessica. Rasch druckte sie alles aus, was sie gefunden hatte, schnappte sich ihren Mantel und eilte zum Wagen.
Als sie ins Roundhouse zurückkehrte, wartete Byrne bereits auf sie.
Jessica nahm den Ausdruck aus ihrer Mappe.
»Bist du bereit?«, fragte sie.
»Ich liebe Gespräche, die so anfangen.«
Sie reichte Byrne den Ausdruck, den sie von der Grundbuchverwaltung mitgebracht hatte.
»Das ist die Liste der Hauseigentümer?«, fragte er.
»Ja. Am besten, du schaust dir gleich den letzten Eintrag auf der zweiten Seite an. Der Rest ist ziemlich uninteressant.«
Byrne schlug die zweite Seite auf und überflog die Namen der ehemaligen Besitzer.
»Sieh dir den Eigentümer von 1853 an«, sagte Jessica.
Byrne riss die Augen auf, als er den Namen las. »Ich glaub’s nicht.«
»Ging mir ähnlich.«
Er las den Namen noch einmal. »Johannes Nepomuk Neumann?«
»Höchstpersönlich.«
»Bischof Neumann?«
»Heute der heilige Johannes Nepomuk Neumann. Ja, der ist es.«
Jessica hatte den Angestellten in der Grundbuchverwaltung nach den Besitzverhältnissen gefragt. Es stellte sich heraus, dass die katholische Kirche, die viele Jahre Besitzerin des Hauses gewesen war, den Bischof der Diözese als Eigentümer angegeben hatte.
»Das heißt dann ja wohl, dass das Haus früher eine katholische Kirche gewesen ist?«, fragte Byrne.
»Richtig. Ursprünglich hieß sie St. Adelaide Church. Nachdem die Pfarrei mit einem größeren Pfarrbezirk zusammengelegt worden war, wurde das Gebäude an die Methodisten verkauft. Ich nehme an, dass sich der Kauf für sie mehr oder weniger als Fehlinvestition erwiesen hat. Wie du siehst, wurde das Gebäude seitdem auf unterschiedlichste Weise genutzt.«
»Dem Haus haftet noch immer eine Aura des Katholischen an«, murmelte Byrne.
Jeder andere hätte wegen dieser Bemerkung vermutlich die Stirn gerunzelt, Jessica aber sagte nur: »Stimmt.«
Sie wusste, dass »Aura« für Byrne etwas anderes bedeutete als für andere Menschen. Ihr war nicht entgangen, dass ihr Partner noch einmal ins Haus verschwunden war, um sich eine Zeit lang alleine darin aufzuhalten. Schon vor Jahren hatte Jessica gelernt, Byrnes außergewöhnliche Fähigkeiten zu akzeptieren. Sie sprachen kaum darüber, aber das Wissen war stets da und stand zwischen ihnen. Jessica hoffte, dass Byrne ihr eines Tages alles darüber erzählen würde.
»Und jetzt ist niemand mehr als Eigentümer des Hauses eingetragen?«, fragte Byrne.
Jessica schüttelte den Kopf. »Seit zehn Jahren hat niemand mehr Steuern für das Haus bezahlt. Ich habe die letzten Eigentümer überprüft. Sie haben ihre Geschäfte längst aufgegeben.«
Byrne heftete die Dokumente der Grundbuchverwaltung in die Akte und schaute sich ein paar Außenaufnahmen des Gebäudes an, das einst die St. Adelaide Church gewesen war. »Das X auf dem Laternenpfahl muss eine Bedeutung haben.«
»Ja«, pflichtete Jessica ihm bei. »Wir sollten alles in ViCAP eingeben.«
Das ViCAP war eine Datenbank zur Verfolgung von Gewaltverbrechern, die 1985 vom FBI eingeführt worden war und in der Morde, Vergewaltigungen und Fälle registriert wurden, in denen es um vermisste Personen sowie um nicht identifizierbare sterbliche Überreste ging. Die im ViCAP eingegebenen Informationen standen Polizeibehörden auf der ganzen Welt zur Verfügung. ViCAP bot Ermittlern die Möglichkeit, ihre Beweismittel mit sämtlichen anderen Fällen in der Datenbank zu vergleichen und nach Ähnlichkeiten zu suchen.
Jessica zeigte mit dem Daumen über die Schulter in die Richtung, in der die Rechtsmedizin an der University Avenue lag. »Und wie sieht es in dieser Sache aus, Romeo?«
»Judy hat versprochen, die Fingerabdrücke unseres Opfers vorrangig zu behandeln«, sagte Byrne. »Sie ist schon dabei.«
»He, Leute«, ertönte eine Stimme hinter
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