Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
ihr eingebrochen. Wahrscheinlich weiß jeder hier, dass niemand zu Hause ist, wenn ein Stapel Zeitungen und Werbung vor der Tür liegt.«
Jessica betrachtete die Frau. Die Kleidung, das gesamte Äußere verrieten viel über einen Menschen. Bei einer Frau waren es besonders die Accessoires. Mara Reuben trug moderne Ohrhänger, ein Tennisarmband und einen Saphirring am Mittelfinger der rechten Hand.
»Darf ich fragen, was da drüben passiert ist?«, wollte sie wissen.
»Nach dem jetzigen Stand der Dinge wurde in dem Haus ein Mord verübt«, antwortete Jessica.
Die Frau schlug eine Hand vor den Mund. »Das ist ja furchtbar!«
»Wenn Sie irgendetwas gesehen haben, Ma’am, könnte das sehr hilfreich für uns sein, auch wenn es Ihnen selbst unwichtig erscheint. Alles, was Sie mir sagen, wird vertraulich behandelt.«
Mara Reuben dachte kurz nach. »Okay. Vielleicht habe ich etwas, was Ihnen helfen könnte.«
Jessica schlug eine leere Seite in ihrem Notizheft auf.
»Ich war gestern Abend gegen zehn Uhr hier, um nach dem Rechten zu sehen«, berichtete Mara. »Ich habe die Zeitung aufgehoben und die Tür aufgeschlossen. Es sind drei Schlösser, deshalb dauert es eine Weile. Dann habe ich das Haus betreten und mich rasch vergewissert, dass die Fenster und die Hintertür geschlossen sind. Nach zehn Minuten hatte ich alles erledigt. Als ich rausging, fielen mir die Schlüssel aus der Hand. Um sie aufzuheben, musste ich um die Treppe herumgehen. Als ich die Schlüssel aufhob, kam es mir vor, als würde ich auf der anderen Straßenseite jemanden sprechen hören.«
»Sie haben ein Gespräch gehört?«
»Es war kein richtiges Gespräch. Ich habe einen Mann dort stehen sehen. Vor diesem Haus mit den zugenagelten Fenstern.«
»Einen einzelnen Mann?«
»Ja.«
»Und er hat gesprochen?«
»Ja.«
»Mit wem?«
»Mit sich selbst, nehme ich an.«
»Hat er telefoniert?«
»Ich glaube nicht. Jedenfalls hat er sich kein Handy ans Ohr gehalten. Es könnte so ein Headset gewesen sein, aber das habe ich nicht gesehen.«
»Konnten Sie ihn gut erkennen?«
»Nein«, sagte Mara Reuben. »Es war zu dunkel.«
»Das war zehn nach zehn gestern Abend?«
»Ja, ungefähr. Ich bin fast jeden Abend um diese Zeit hier. Nur um nach dem Rechten zu sehen.«
»Ist Ihnen an dem Mann irgendetwas aufgefallen?«
»Wie schon gesagt, es war dunkel, aber ich bin ziemlich sicher, dass er einen langen schwarzen Mantel getragen hat. Und er hatte eine Kapuze auf.«
»Eine Kapuze?«, fragte Jessica. »War es ein Kapuzenpullover? Ein Sweatshirt mit Kapuze?«
»Nein, die Kapuze war spitz.«
Jessica schrieb auf: spitze Kapuze?
»Wie groß war der Mann?«
Mara zuckte die Schultern. »Das weiß ich nicht.«
»So ungefähr.«
»Vorhin haben Sie vor dem Haus mit einem Mann gesprochen. Wissen Sie, wie groß er ist?«
»Knapp eins neunzig«, sagte Jessica.
»Dann war der Mann vielleicht eins fünfundachtzig.«
»Erinnern Sie sich, was er getan hat?«
Wieder zuckte Mara mit den Schultern. »Er hat gar nichts getan. Er stand nur da und führte Selbstgespräche.«
Jessica schaute die Straße hinunter. Hier war keine Bushaltestelle. Was immer der Mann getan hatte, auf einen Bus hatte er nicht gewartet.
»Können Sie seine Stimme beschreiben?«
»Wie meinen Sie das?«
»Hat er geflüstert, geschrien oder gemurmelt?«
»Geschrien hat er jedenfalls nicht. Es klang eher wie … Das hört sich jetzt bestimmt seltsam an.«
Jessica wartete.
»Es hörte sich fast wie ein Gebet an. Wie Kirchengesang oder so.«
»Kirchengesang?«
Mara Reuben schloss kurz die Augen, als versuchte sie, sich den Gesang, den sie gehört hatte, in Erinnerung zu rufen. »Ja. Es war dieser Rhythmus, verstehen Sie? Wie bei einer lateinischen Messe. Sind Sie katholisch?«
»Ja.«
»Es könnte sein, dass er Latein gesprochen hat«, fuhr Mara fort. »Sicher bin ich mir allerdings nicht.«
»Wissen Sie genau, dass er aus diesem Haus gekommen ist?«
»Das war ich, bevor Sie mich gefragt haben. Schwören könnte ich es nicht.«
»Gibt es sonst noch etwas, an das Sie sich erinnern?«
»Nein«, sagte Mara. »Sonst fällt mir im Augenblick nichts ein. Ehrlich gesagt habe ich mir gestern Abend gar nichts dabei gedacht. Sie wissen besser als ich, dass in Philadelphia jede Menge Sonderlinge herumlaufen. Ich habe das Haus abgeschlossen, bin in meinen Wagen gestiegen und weggefahren.«
»Okay. Das hilft uns schon mal. Wenn Ihnen …«
Die Frau hob einen Finger. »Moment. Da fällt mir
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