Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
Antwort ein, die sie laut aussprechen wollte.
Carson warf einen Blick über die Schulter, dann schaute er Ruby wieder an. »Der Prediger hat sich mit einem Jahrmarkt zusammengeschlossen. Nur so schafft er es noch, Leute herbeizulocken. Ich möchte, dass du heute Nachmittag mit dem Jungen kommst.« Er griff in die Tasche und zog ein paar Chips und eine dicke Rolle roter Karusselltickets heraus. »Kommt um drei Uhr. Ich habe etwas für dich.«
»Etwas vom Prediger?«
»Ja, Ma’am.«
Ruby wählte ihre Worte sorgfältig. »Ich möchte Sie bitten, mir noch etwas vom Prediger zu besorgen. Falls er es noch hat. Würden Sie das für mich tun?« Carson Tatum lächelte.
*
Auf dem kleinen, heruntergekommenen Jahrmarkt roch es nach Schmierfett, Zuckerwatte und Hoffnungslosigkeit. Der Jahrmarkt war nicht mehr das, was er einst gewesen war; man konnte ihn kaum noch als solchen bezeichnen. Es gab ein kleines Riesenrad, ein Karussell mit bunten Pferden, einen Autoskooter mit vier kleinen Autos und die üblichen Glücksspiele. An einem halben Dutzend Buden wurden Schweinsohren, Rührteiggebäck und in heißen Karamell getunkte Äpfel angeboten. Ein Feuerwerk war angekündigt worden.
Ruby war schon einmal hier gewesen. Das wusste sie, als sie den Platz betrat, und dieses Wissen versetzte sie in höchste Erregung.
In ihren Träumen war sie hier gewesen.
Ruby nahm ihren Jungen an die Hand. Sie warf einen Blick über den Platz und entdeckte wie erwartet die schwarzen Hunde. Den Versuch, die Tiere voneinander zu unterscheiden, hatte sie seit Langem aufgegeben. Sie nahm an, dass sie schon aus dem vierten oder fünften Wurf stammten. Es waren immer zwei, und sie hielten sich stets in ihrer Nähe auf.
Um drei Uhr sah sie Carson neben dem Karussell stehen. Ruby ging mit dem Jungen auf ihn zu. Carson zog sie hinter eine der Buden.
»Große Neuigkeiten. Er ist schon dabei, alles zusammenzupacken«, sagte Carson, der natürlich den Prediger meinte. »Ich habe gerade gehört, wohin er fährt. Er will nach …«
Philadelphia, dachte Ruby.
»… Philadelphia«, sagte Carson. »Da hat er mal gewohnt, weißt du.«
Ruby wusste es. Sie hatte das Buch des Predigers gelesen und kannte seine Vergangenheit ebenso, wie sie seine Zukunft in ihren Träumen sah. Sie sah ihren Sohn vor Augen, einen großen, starken, intelligenten Mann. Sie sah seine Silhouette auf dem Delaware River – endlich vom Teufel in seinem Innern befreit.
»Der Prediger hat gesagt, er will in Philadelphia eine Missionsstation eröffnen«, fuhr Carson fort. »Eine kleine Kirche in einem ehemaligen Geschäftslokal. Vielleicht auch einen Secondhandladen.«
Auch das sah Ruby in ihren Träumen.
»Haben Sie besorgt, um was ich Sie gebeten habe?«, fragte sie Carson.
»Ja, Miss.«
Carson schaute sich um, griff unter den Mantel und zog eine dicke Papiertüte hervor. Er reichte sie Ruby.
»Soll er ruhig glauben, dass ich es war.«
Ruby nahm die Tüte entgegen. Sie war viel schwerer, als sie erwartet hatte. »Was ist noch in der Tüte?«
Als Ruby einen Blick hineinwarf, fiel sie beinahe in Ohnmacht. Außer der Sache, die sie Carson gebeten hatte, für sie zu besorgen, steckte ein dickes Geldbündel in der Tüte.
»Es müssten vierzigtausend Dollar sein«, sagte Carson. »Nimm das Geld und bau dir etwas auf.«
Ruby verdrängte den Schock. Mit Tränen in den Augen drückte sie Carson fest an sich und schaute ihm nach, als er davonging. Er humpelte leicht. Ruby vermutete, dass dieses Gebrechen von den schweren Lasten herrührte, die er so viele Jahre für den Prediger schleppen musste.
Nachdem Ruby ihre beiden Tickets abgegeben hatte und auf das Karussell trat, sah sie Abigail und Peter zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder. Wie groß sie geworden waren. Es schmerzte, ihnen so nahe zu sein. Am Liebsten hätte sie die beiden in die Arme geschlossen, aber das war unmöglich.
Ein paar Minuten später entdeckte sie den Prediger. Trotz seiner finanziellen Nöte und der vielen Jahre, die vergangen waren, sah er gut aus. Ruby nahm an, dass sie immer so empfunden hätte, obwohl dieser Mann ihr großes Leid zugefügt hatte.
Er sah sie nicht, als er Abigail und Peter auf die Pferde setzte. Alles schien sich in Zeitlupe abzuspielen.
Ruby nahm an, dass der heilige Johannes es ebenso erlebt hatte.
*
Der Prediger suchte für Peter ein weißes und für Abigail ein rotes Pferd aus. Die Kinder waren zweieiige Zwillinge und ähnelten sich sehr.
Dann setzte der Prediger einen kleinen
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