Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
war.«
Jessica wusste, was Byrne meinte. Manchmal musste man diesen armen Schweinen ein bisschen auf die Sprünge helfen.
»In diesem Augenblick machte sie total dicht, also erklärte ich ihr, was sich abgespielt hatte. Ich sagte ihr, dass ihr Freund stinkbesoffen nach Hause gekommen war. Er schubste sie durch die Wohnung. Sie sagte ihm, er solle aufhören. Als er ihr ins Gesicht schlug, nahm sie die Waffe in die Hand, worauf er sich einen Baseballschläger schnappte und auf sie losging. Da hat sie abgedrückt.«
»Was hat sie gesagt?«
»Zuerst gar nichts. Ich glaube, sie stand noch unter Schock. Ich sagte ihr, sie müsse sich schnell entscheiden, ob es sich so zugetragen habe, weil in wenigen Sekunden ein Dutzend Leute in ihrer Wohnung stehen würden, und dann gäbe es kein Zurück mehr.« Byrne nahm wieder das Foto in die Hand. »Nach fast einer Minute hob sie den Blick und sagte: ›Hier ist kein Baseballschläger.‹ Als ich sagte, ich würde mich darum kümmern, schaute sie mir in die Augen, und mir war alles klar. Ihr Blick wanderte zu der Leiche, dann zurück zu mir. Ich wusste, was sie meinte. Ich durchquerte das Zimmer und kauerte mich neben den Toten. Der Mann trug einen Ring an der rechten Hand. Ich zog ihm den Ring vom Finger, steckte ihn mir an denselben Finger und ging zu ihr zurück. Sie nickte und schloss die Augen.«
Jessica konnte sich denken, was jetzt kam.
»Dann habe ich sie geschlagen. Ich wollte ihr den Ring nur über die Wange ziehen, aber ich tat es nicht. Ich habe sie brutal geschlagen. Sie stürzte zu Boden. Ich steckte ihrem toten Freund sofort wieder den Ring an den Finger. Die Kriminaltechniker würden feststellen, dass die Wunde in ihrem Gesicht von dem Ring stammte, und sie würden Hautfetzen der jungen Frau am Ring finden. Zu dem Zeitpunkt waren noch keine Fotos gemacht worden. Den beiden Polizisten, die zuerst am Tatort waren, würde ich irgendeine Geschichte erzählen, und den Kriminaltechnikern, die die Beweismittel sicherten, würde ich einen Baseballschläger unterjubeln … irgendwie.«
Jessica hatte tausend Fragen, hörte aber nur zu. Sie wollte Byrne die Gelegenheit geben, sich die Sache von der Seele zu reden.
»Kurz bevor die Rettungssanitäter eintrafen, kam die Frau wieder zu sich. Als sie auf der Krankenbahre hinausgeschoben wurde, schaute sie mich an. Ich war mir nicht sicher, ob sie sich an das erinnerte, was wir besprochen hatten. Wenn sie dieses tote Arschloch immer noch liebte, hätte sie mich anzeigen können. Doch als sie an mir vorbeikam, strich sie mit einem Finger über meinen Handrücken. Da wusste ich, dass alles klargehen würde. Für sie jedenfalls. Was mich betraf, war ich mir nicht so sicher.«
Byrne schaute aus dem Fenster auf den Verkehr. Es schneite leicht.
»Was ist mit Marcus geschehen?«, fragte Jessica. Da sein Foto an der Wand im Roundhouse hing, stand fest, dass die Geschichte kein gutes Ende genommen hatte.
»Einen Monat später kam Jimmy zurück«, fuhr Byrne leise fort, »und ich arbeitete nicht mehr mit Marcus zusammen. Jedenfalls nicht nach Dienstplan. Marcus wurde in die Fahndungsabteilung versetzt. Eines Nachts traf ich ihn im Bonk’s. Er betrank sich und sagte, die Sache mit der jungen Frau sei vorbei. Drei Wochen später musste ich in der Fahndungsabteilung einspringen, um zwei Totschlägern einen Haftbefehl zu überbringen. Marcus war bei mir. Er näherte sich der Tür … meiner Tür. Kaum hatte er drei Schritte gemacht, eröffneten die Kerle das Feuer. Die ersten beiden Kugeln trafen Marcus in die Brust, die dritte in den Kopf. Er war auf der Stelle tot.« Byrne atmete tief ein und langsam aus. »Die Kugeln waren für mich bestimmt, Jess.«
Jessica schwieg einen Augenblick. »Und die junge Frau?«, fragte sie dann.
»Sie machte ihre Aussage. Der Bezirksstaatsanwalt schaute sich die Akte an und erhob keine Anklage. Er stufte den Schuss auf ihren Freund als Notwehr ein.« Byrne strich über das Foto. »Was ich getan habe, war nicht richtig.«
»Doch, es war richtig. In dieser Situation ging es nicht darum, Dienst nach Vorschrift zu machen. Es ging um richtig oder falsch. Wir alle müssen irgendwann einmal solche Entscheidungen treffen.«
»Ich weiß. Aber ich habe die Frau aus Wut geschlagen. Ich habe richtig zugelangt. Ich habe sie geschlagen, weil sie dumm war, weil sie Drogen nahm, weil sie sich mit einem Loser nach dem anderen einließ, weil sie hübsch war, weil ich diese Stadt kein bisschen verändern kann, und
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