Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
zu.«
Pfarrer Leones Gedanken schweiften in die Vergangenheit. »Erinnern Sie sich noch, wie ich ihn gefunden habe?«, fragte er Byrne.
Jetzt wusste Jessica, worüber sie sprachen. Über den Jungen in dem roten Mantel.
»Ja. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen.«
»Mir erscheint nichts mehr wie gestern.«
»Es war Montagmorgen«, sagte Byrne. »Sie haben mich um Viertel nach sechs angerufen.«
Leone musterte ihn erstaunt. »War es so früh?«
»Ja.«
»Waren Sie wach?«
»Ich habe mich bemüht. Mein Dienst ging noch bis acht Uhr morgens, und ich habe versucht, wach zu bleiben.«
»Sie waren nicht unten an der Platt Bridge, oder?«
Jessica lachte. Sie hatte nicht gewusst, dass dieser Ort so bekannt war. Früher fuhren die Polizisten, deren Schicht von Mitternacht bis acht Uhr früh ging, in der letzten Stunde ihres Dienstes auf den Platz unter der Platt Bridge, um ein bisschen zu schlafen. Jessicas Vater hatte ihr einmal erzählt, er sei eines Morgens unter der Platt Bridge in seinem Streifenwagen aufgewacht, und unter jedem Scheibenwischer habe ein totes Eichhörnchen geklemmt. Niemand konnte seinen Kollegen derbere Streiche spielen als Polizisten.
»Ich weiß, warum Sie hier sind«, sagte Leone.
Byrne kniete sich auf den Boden. »Wir brauchen Ihre Hilfe, um das alles zu verstehen.«
Der alte Mann nickte. »Sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann.«
Byrne skizzierte in kurzen Worten, was passiert war.
»Diese Opfer wurden in geschlossenen Kirchen gefunden?«, fragte Leone.
»Ja.«
»Wo wurde die erste Leiche entdeckt?«
»In der St. Adelaide Church.«
»Ein grässlicher Ort. Mir gefiel die Kirche nie, auch nicht, als sie neu war.«
Jessica überlegte kurz, ob sie ihm sagen sollte, dass die St. Adelaide Church 1853 erbaut worden war, entschied sich aber dagegen.
»Aber ich meinte eigentlich, wo genau in der Kirche die Leiche gefunden wurde, Mr. Byrne«, fügte Leone hinzu. »Wo in der Kirche wurde der Leichnam entdeckt?«
»Im Keller.«
»Wo im Keller? Bezogen auf den Kirchenraum oben, meine ich. Genau unter dem Altar? Unter dem Eingangsbereich? Unter der Sakristei?«
Byrne warf Jessica einen Blick zu. Jessica schloss die Augen und rief sich die Sekunden in Erinnerung, als sie die Treppe hinuntergestiegen war. Einer der ersten Detectives am Tatort hatte immer die Aufgabe, eine Bleistiftskizze des Tatorts anzufertigen. Es war eine einfache Skizze, aber sogar im Digitalzeitalter wurde – abgesehen von der Körperskizze – am häufigsten auf dieses Dokument Bezug genommen. Jessica hatte eine Skizze des Untergeschosses der St. Adelaide Church angefertigt. Sie steckte in ihrer Akte. Jessica zog sie heraus und zeigte sie Pfarrer Leone.
Der alte Mann betrachtete die Skizze einen Moment lang. Plötzlich strahlten seine müden Augen. »Dieses X … Wurde da die Leiche gefunden?«
»Ja.«
Leone drehte die Skizze in alle Richtungen. »Wo ist Norden?«
Jessica ärgerte sich, dass sie es nicht auf der Skizze markiert hatte. Sie hatte die Himmelsrichtungen noch nie auf einer Tatort-Skizze eingezeichnet. Von nun an würde sie es tun. Sie drehte das Blatt herum und zeigte Pfarrer Leone, wo Norden war.
»Das ist unter der Sakristei«, sagte der alte Geistliche. »Und die Leiche in der St. Damian Church?«
Diese Skizze hatte Byrne angefertigt. Nun zog er sie aus seiner Tasche. Der alte Mann schaute sie sich an.
»Sie können immer noch nicht zeichnen, nicht wahr?«
Byrne errötete wie ein Schuljunge und zeigte auf das N am oberen Rand der Skizze. »Dafür zeichne ich wenigstens den Norden ein.«
Er warf Jessica einen Blick zu, und sie streckte ihm die Zunge heraus.
»Ich war nur zweimal in der St. Damian Church«, sagte Leone mit Blick auf die Skizze. »Ja, das ist auch unter der Sakristei.« Er reichte Byrne das Blatt zurück. »Das war das Baby?«
»Ja.«
Leone bekreuzigte sich. »Die dritte Skizze brauche ich mir nicht anzusehen.«
Gut so, denn die hatten sie nicht. Das war Maria Carusos Fall.
»Schauen Sie ins Sakrarium«, sagte Leone.
Byrne nickte. Jessica schrieb sich das Wort auf. Sie hatte es mal gehört, wusste im Augenblick aber nicht genau, was ein Sakrarium war. Sie musste sich informieren, auch wenn es letztendlich keine Bedeutung hatte und sich der Hinweis als Hirngespinst eines alten Mannes entpuppte.
»Ich hasse den Gedanken, dass noch weitere Morde geschehen werden. Dennoch müssen wir darauf vorbereitet sein«, sagte Byrne. »Wenn es irgendeine Möglichkeit gibt,
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