Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
Police Department.«
»Philadelphia?«
Jessica hörte ein Geräusch hinter sich. Sie drehte sich um und sah den bellenden Jungen in einer dunklen Ecke hocken. Er musterte sie mit seinen kleinen Terrieraugen. Wann ist er ins Haus zurückgekehrt?, fragte Jessica sich.
Sie drehte sich wieder zu der Frau um. »Es war schwierig, Ihr Haus zu finden.«
»Es hat sich seit dreißig Jahren nicht von der Stelle bewegt«, sagte sie.
»Eigentlich wollte ich damit sagen, dass dieses Gebiet ziemlich dünn besiedelt ist.« Aus irgendeinem Grunde hatte Jessica das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen und sich dabei sprachlich korrekt auszudrücken. Das war nicht unbedingt ihre Stärke.
Die Frau zuckte mit den Schultern und strich sich übers Kinn. »Es gab hier einfach keine Arbeit mehr. Das ist das ganze Geheimnis. Nicht in den Bergwerken, nicht als Holzfäller, nicht in der Holzverarbeitung. Nichts, nirgendwo. Jeder, der ein bisschen Verstand hatte, hat seine Sachen gepackt und ist abgehauen.«
Jessica und Byrne hörten ihr zu.
Mrs. Munson zeigte mit abwesender Miene auf die Felder hinter dem Haus. »Früher haben wir alles angebaut, was wir brauchten, aber jetzt sind die Böden ausgelaugt. Wir sind nur in die Stadt gefahren, um Stiefel und Nägel zu kaufen. Manchmal Kaffee. Wir haben hier immer noch keine Wasserleitung. Als ich Ihren Wagen gehört habe, dachte ich, die Leute von der Gemeindeverwaltung wären gekommen, um mich wieder zu vertrösten.«
»Wir möchten Ihnen nur ein paar Fragen stellen, wenn es Ihnen recht ist«, sagte Jessica.
»Damit hab ich zwar überhaupt nicht gerechnet, aber okay, stellen Sie Ihre Fragen.«
Jessica nahm ihr Notizheft und einen Stift aus der Tasche. »Kennen Sie einen Mann namens Elijah Longstreet, Ma’am?«
Mrs. Munson wich zurück, als hätte sie in einen faulen Apfel gebissen. »Elijah?«
»Ja, Ma’am. Kennen Sie ihn?«
Die Frau schaute kurz aus dem Fenster und wandte Jessica dann wieder ihr Gesicht zu. In diesem Licht sah Jessica, dass sie einst hübsch gewesen war. Sie hatte hohe Wangenknochen und silberblaue Augen.
»Die Longstreets taugten alle nichts«, sagte sie. »Stellen Sie sich vor, es soll vor ewigen Zeiten einmal eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen unseren Familien gegeben haben. Das glaube ich aber nicht. Kein einziges Wort.«
Die Frau wippte im Schaukelstuhl hin und her.
»Wissen Sie, wo wir Elijah Longstreet finden können?«, fragte Byrne.
Ida-Rai Munson schnaubte wütend. »Ich an Ihrer Stelle würde in der Hölle nachsehen. Dürfte nicht lange dauern, bis Sie ihn da finden.«
Jessica und Byrne wechselten einen Blick.
»Soll das heißen, Mr. Longstreet ist verstorben?«, fragte Byrne.
»Gottesfürchtige Menschen versterben. Elijah Longstreet ist einfach tot.«
»Wissen Sie, was passiert ist?«
Mrs. Munson schaute Byrne an, als würde sie mit einem Verrückten sprechen. »Er ist gestorben, und jetzt ist er tot.«
Byrne atmete tief ein. »Ma’am, mich würde interessieren, wie er gestorben ist.«
»Es heißt, er hätte irgendwas an der Lunge gehabt, aber es war die Sauferei. Bei den Longstreets war das Saufen immer ein Problem.«
»Wann ist er gestorben?«
Die Frau blickte an die Decke und überlegte. »Das müsste jetzt zwanzig Jahre her sein. Oder sogar noch länger.«
Zwanzig Jahre, dachte Jessica. Warum wurden seine Fingerabdrücke dann in einem Messbuch gefunden, das ein Toter in dieser Woche in Philadelphia in der Hand hielt?
»Wissen Sie, ob Mr. Longstreet jemals in Philadelphia gewesen ist?«, fragte sie.
»Ich hab keine Ahnung, wo Elijah Longstreet war und wo nicht.«
Jessica nahm ein Foto des Messbuchs heraus, das Martin Allsop in den Händen gehalten hatte und das von dem Blut gereinigt worden war. »Kennen Sie dieses Buch?«
Die Frau schaute auf das Bild. »Mein Gott. So ein Buch habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen.«
»Haben Sie auch so eins?«
»Nein. Das ist ein Buch für Kinder.«
Bei dem Wort »Kinder« schaute Jessica sich im Zimmer um. Der bellende Junge war wieder verschwunden, ohne dass sie es bemerkt hatte. Sie fragte sich, wo er steckte. Hatten sie den Wagen abgeschlossen?
Als ein Holzscheit im Ofen platzte, sodass es laut knackte, zuckte Jessica zusammen.
»Elijah hatte eine Tochter namens Ruby«, sagte die Frau und begann wieder zu schaukeln. Vielleicht machte sie das immer, wenn sie Geschichten erzählte. »Ein Mädchen mit rotem Haar. Ein seltsames Kind. Ein bisschen verrückt, meinten einige. Zu ruhig,
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