Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
Vom Netzwerk:
Höhe, bis ihre Gesichter sich fast berührten. „Auge um Auge, Lehrer“, zischte Benedikt.
    Ein Schuss hallte über die Ebene.

Kapitel 45
     
    Benedikt hielt inne. Die tobende Menge erstarrte. Aus der Dunkelheit traten zwei vermummte Gestalten. Eine von ihnen hielt eine Pistole gut sichtbar über ihren Kopf erhoben. Die Ankömmlinge waren von Kopf bis Fuß in dicke Kleidung und Pelze gehüllt. Sie trugen Schneeschuhe an den Füßen und Rucksäcke auf ihren Schultern. Ihre Gesichter waren unter pelzbesetzten Kapuzen verborgen. Der Wind hatte sie in Schnee und Eiskristalle gehüllt, die sie umgaben wie eine zweite Schicht Kleidung. Sie wirkten unwirklich, wie Geister, die den tiefen Schneefeldern der Ebene entstiegen waren.
    Der Größere der beiden ließ die Pistole sinken und schwenkte den Lauf einmal über die Menge. Die Leute wichen vor ihm zurück. „Schluss damit!“, brüllte der Mann. Seine Stimme klang dumpf durch die Kleidungsschichten, die er schützend vor seinen Mund geschlagen hatte. Dann richtete er den Lauf der Pistole auf Benedikt Angerer.
    „Wo ist Erik Strauss?“, schrie der Mann.
    Erik stand langsam auf. „Ich bin hier.“
    „Gott sei Dank, Sie leben!“ Der Mann ging einige Schritte auf Erik zu. Dann blieb er stehen. Der Pfarrer hatte den Lauf der Schrotflinte auf ihn gerichtet.
    „Machen Sie keine Dummheiten, Hellermann“, sagte der Mann.
    „Runter mit der Waffe!“ Die Stimme des Pfarrers zitterte.
    „Dasselbe wollte ich gerade zu ihnen sagen“, rief der zweite Mann und näherte sich dem Pfarrer von rechts. Auch er hielt eine Pistole in der Hand. Er richtete den Lauf auf Thomas Hellermann. „Geben Sie mir die alte Flinte, Pfarrer. Damit können Sie doch nicht mal ein Karnickel wegpusten.“
    Die Augen des Pfarrers zuckten zwischen den beiden Männern hin und her. Er presste die Lippen aufeinander. Seine Hände begannen zu zittern. Nach einer Weile ließ er die Schrotflinte sinken.
    Der zweite, kleinere Mann riss sie ihm aus der Hand. „Bedankt“, sagte er. Dann schob er den Pfarrer beiseite und kam auf Erik zu. „Keine Minute zu spät, würde ich sagen. Was ist mit Ihrer Nase passiert? Sie bluten wie ein Schwein!“
    Erik starrte ihn verwirrt an und schüttelte den Kopf.
    „Sie sind ganz schön mitgenommen, was?“ Der Mann schlug die Kapuze zurück. „Trotzdem schön, Sie zu sehen, Herr Strauss“, sagte Friedrich Gutenberg.
    Der andere Mann legte Erik eine Hand auf die Schulter. Als er die Kapuze abnahm, kam ein grauer Haarschopf zum Vorschein. „Wir hatten große Angst, wir könnten das Beste verpassen.“ Karl Wagner lächelte grimmig.
    Gutenberg reichte Erik die Schrotflinte. „Können Sie damit umgehen?“
    Erik nickte. Er fühlte sich zu benommen, um zu antworten.
    „Wunderbar“, sagte Gutenberg. Dann drehte er sich zu der versammelten Menge um. „Ihr guten Leute! Hört gut zu!“
    Ein Raunen ging durch die Menge.
    Gutenberg lächelte. „Ich werde jetzt langsam bis drei zählen“, rief er. „Wenn sich bei drei noch einer von euch Spinnern hier herumtreibt, werde ich ihm eigenhändig in den Kopf schießen. Geht nach Hause!“ Er ließ seinen Blick über Benedikt, Kathi und den Pfarrer wandern. „Das gilt natürlich nicht für Sie“, sagte er lächelnd. Dann begann Gutenberg zu zählen. Die Leute warfen sich verunsicherte Blicke zu, ehe sich die ersten langsam in Bewegung setzten. Als Gutenberg bei drei angelangt war, hatte die Menge sich aufgelöst. „Aha“, sagte Gutenberg. „Sehr schön. Ich mag es, wenn alle auf den Doktor hören.“
    Eingehüllt in den Lichtschein ihrer Lampen verschwanden die Einwohner von Thannsüß stumm und gebeugt in der Dunkelheit wie ein Zug von Gespenstern.
    „Dann erzählen Sie mal, Herr Strauss“, sagte Gutenberg. „Was zur Hölle ist hier los? Und wo ist Ihre Frau? Ich hatte gehofft, ihre Bekanntschaft machen zu dürfen.“
     
    Nachdem Erik seine Fassung zurückgewonnen hatte, erzählte er in knappen Worten, was vorgefallen war. Gutenberg und Wagner schwiegen betroffen. Schließlich schüttelte Gutenberg nachdenklich den Kopf. „Sind Sie ganz sicher, dass der Junge unschuldig ist?“
    Erik betrachtete Albert, der mit blicklosen Augen in die Finsternis starrte. Der Junge hielt seine Hand fest umklammert. „Ja“, sagte er schließlich. „Irgendetwas stinkt hier ganz gewaltig. Ich weiß nicht, wer es getan hat.“ Er warf einen finsteren Blick auf Benedikt, Thomas Hellermann und Kathi Brechenmacher und packte die

Weitere Kostenlose Bücher