Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
mit.“
„Was machen wir mit den beiden?“, fragte Wagner. „Und mit ihr?“ Er deutete auf Benedikt, den Pfarrer und Kathi.
„Wir sperren Sie ein .“ Erik schniefte und spuckte geronnenes Blut in den Schnee.
Der Pfarrer legte den Kopf schief. „Das ka nn nicht Ihr Ernst sein, Erik!“
Benedikt stürmte mit erhobenen Fäusten auf Erik zu. Gutenberg und Wagner reagierten blitzschnell. Sie richteten ihre Waffen auf seinen Brustkorb. Er blieb stehen und fixierte Erik. Die Adern in seinen Schläfen pochten. „Der Dreckskerl hat meine Frau umgebracht!“, keuchte er. Sein Blick löste sich von Erik, wanderte von Wagner zu Gutenberg. „Gott ist mein Zeuge: Ich werde ihn dafür zur Rechenschaft ziehen. Ihn, seine Frau, seine ganze Sippe und alle, die ihm jemals beigestanden haben.“
Gutenberg warf ihm einen kurzen Blick zu und wandte sich ab, als habe er plötzlich das Interesse verloren. „Ich habe Sie schon immer für ein Arschloch gehalten“, sagte er.
Benedikts Kiefer mahlten aufeinander wie die Steine in der alten Mühle.
Erik trat auf den Pfarrer zu und streckte die Hand aus. „Geben Sie mir den Schlüssel für die Zelle im Keller.“
Der Pfarrer reckte trotzig das Kinn vor. „Ich habe Sie für einen so guten Jungen gehalten, Erik. Einen so guten Jungen! Ich war immer auf Ihrer Seite.“
„Haben Sie mich deswegen auf den Gletscher geschickt?“
Der Pfarrer senkte den Blick.
„Geben Sie mir den Schlüssel“, wiederholte Erik und richtete die Schrotflinte auf seine Brust.
Thomas Hellermann griff langsam unter seine Soutane und holte einen Schlüsselbund hervor. Erik riss ihn aus seiner Hand. Die Schlüssel klirrten leise aneinander. Eine heftige Böe brauste über die Felder und peitschte Schnee und Eis vor sich her. Erik stemmte sich dagegen. Er senkte den Kopf, um die Eiskristalle abzuwehren, die wie Nadeln auf sein Gesicht einprasselten. Aber die Stimmen, die auf dem Wind ritten, fanden dennoch den Weg in seinen Schädel.
Ich warte auf dich , flüsterte sein Vater. Ich warte schon so lange auf dich, Junge.
Über das tief verschneite Feld gingen sie schweigend zum Pfarrhof zurück. Sie trieben den Pfarrer, Benedikt und Kathi Brechenmacher vor sich her. Sturmböen wehten vom Gletscher herunter.
Das Pfarrhaus war kalt und dunkel. Die Uhren des Pfarrers tickten laut in der Finsternis, als wollten sie sie daran erinnern, dass ihnen nicht viel Zeit blieb. Erik schloss die Kellertür auf. Die Stufen verloren sich unter ihnen in der Dunkelheit. Sie führten Benedikt, den Pfarrer und Kathi in den Keller.
Die Zelle war leer bis auf eine schlichte Holzbank. Der saure Gestank, der ihnen entgegenquoll, brachte Erik zum Würgen. Er blieb vor der geöffneten Tür stehen und hob die Schrotflinte. Benedikt Angerer, Thomas Hellermann und Kathi Brechenmacher betraten schweigend den kalten, dunklen Raum.
Der Pfarrer drehte sich zu ihm um. „Erik! Ich bitte Sie! Lassen Sie uns Ihnen helfen! Eine gemeinsame Suche nach dem Kind verspricht mehr Aussicht auf Erfolg. Sperren Sie uns nicht hier unten ein wie nutzloses Vieh.“
Erik schniefte und spuckte Blut auf den Kellerboden. Schmerz hämmerte in seiner gebrochenen Nase, als würde jemand sein Gesicht mit einem Meißel bearbeiten.
„Er ist krank“, sagte Kathi Brechenmacher und legte dem Pfarrer eine Hand auf den Arm. „Die kalte Luft hier unten wird ihn umbringen.“
Erik wandte sich wortlos ab und ging zum Sekretär hinüber. Er hob die Schrotflinte und schlug mit dem Schaft auf das Schloss ein, bis es scheppernd auseinanderbrach. Dann öffnete er die Lade, griff ins unterste Fach und zog einen Stapel Papiere heraus. Er blätterte sie flüchtig durch. Es handelte sich um Cornelius Piels Pass und neun geöffnete Briefe, die niemals abgeschickt worden waren. Dann hielt er inne. Ein Stechen schoss durch seine Brust. Denn unter Piels Briefen kamen weitere zum Vorschein. Auch sie waren geöffnet. Eine Münchner Adresse stand auf sämtlichen Umschlägen; es war stets dieselbe. Erik erkannte seine eigene, kantige Handschrift.
Der Name des Empfängers lautete Marie Strauss.
Er sog Luft durch seine zusammengebissenen Zähne ein. Dies war en alle Briefe, die er Marie seit seiner Ankunft in Thannsüß geschrieben hatte. Er atmete tief durch und wartete, bis die tanzenden schwarzen Flecken vor seinen Augen verblasst waren. Dann ging er langsam zurück zu der geöffneten Zelle. Er streckte dem Pfarrer die Briefe entgegen.
Der Pfarrer betrachtete sie mit
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