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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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kleine Opfergabe, dem Herrn zu gefallen.“
    „Enttäuschen Sie uns nicht, Erik“, hörte er hinter sich Lothar Brant sagen.
    „Ich weiß, dass Sie es können.“ Kathi Brechenmacher legte ihm eine Hand auf den Rücken.
    „Los jetzt, Erik!“, forderte der Pfarrer. „Es ist nur ein kleiner Schnitt .“
    Erik schob zögernd das Messer unter den Hals des Lamms. Es schien den nahenden Tod zu ahnen, denn plötzlich begann es zu strampeln und mit den Beinen zu schlagen. Es hob den Kopf und blökte laut, und vielleicht gab dieses plötzliche Aufbegehren den Ausschlag. Erik setzte die Klinge an den Hals des Lamms und schnitt ihm die Kehle durch. Heißes Blut schoss über seine Hand und plätscherte in die Metallschüssel. Die Menge brach in lauten Jubel aus. Das Lamm schlug kraftvoll mit den Hinterläufen aus, und er konnte es nicht mehr halten. Es sprang von seinem Arm und landete auf dem Schotter des Hofes. Das Lamm machte einige unsichere Schritte. Statt eines Blökens brachte es nur ein jämmerliches, gurgelndes Geräusch zustande. Blut stob ihm aus Maul und Schnauze, und rot sprudelte es aus seinem Hals. Nach drei weiteren staksenden Schritten knickten die Vorderbeine unter ihm weg. Erik stand völlig reglos und starrte auf das zuckende weiße Fellknäuel zu seinen Füßen.
    Von weit her hörte er die Stimme des Pfarrers. „Das haben Sie gut gemacht, Erik. Wir alle sind sehr stolz auf Sie.“
    Jemand klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
    „Ich danke Ihnen, Erik“, sagte Benedikt neben ihm, legte ihm den Arm um die Schulter und drückte ihn an sich.
    Erik stand völlig reglos. Das Messer in seiner Hand war schwer, und plötzlich fühlte er sich sehr müde. Er ließ die Hand mit dem Messer sinken. Sie fühlte sich nass und klebrig an. Am Rande nahm er wahr, wie Benedikt das Messer aus seinem Griff wand. „Das brauchen Sie jetzt nicht mehr.“
    „Danke, Erik!“, rief der Pfarrer. Die Menge applaudierte erneut. Die Leute standen von den Bänken auf und liefen über den Hof auf Erik zu. Glückwünsche hagelten von allen Seiten auf ihn ein. Mit einem Mal war er umringt von einer Menschentraube, und jeder wollte seine Hand schütteln oder ihm zumindest auf die Schulter klopfen. Die Musik setzte wieder ein, schneller als zuvor, und plötzlich war der Platz voll von lachenden, tanzenden Menschen. Kathi packte seine Hand und zog ihn auf die Tanzfläche. Obwohl sie klein war, hatte er ihrer bestimmten Führung wenig entgegenzusetzen. Der Rhythmus nahm immer weiter an Tempo zu, ihre Drehung tat es ihm gleich. Schneller und schneller, immer im Kreis herum drehten sich die Tanzenden, bis es Erik so vorkam, als stünde er selbst still im Auge eines Sturms aus lachenden, schreienden, springenden Leibern.
    Mit einem Mal erlosch das Licht der Glühbirnen. Die Musik kam zu einem zögernden Halt, doch der Hof drehte sich weiter. Kathi schleppte Erik an den Rand der Tanzfläche, und er musste sich auf sie stützen. Jemand hielt ihm ein bis zum Rand gefülltes Schnapsglas hin, und er leerte es in einem Zug. Der Boden schwankte jetzt stärker. Am Rande seines pulsierenden Blickfelds registrierte er das flackernde Licht von Facke ln, die im Hof verteilt wurden.
    Der Pfarrer umfasste seine Schultern mit beiden Händen. „Ich wusste, Sie würden mich nicht enttäuschen, Erik“, sagte er. „Ich wusste , dass Sie einer von uns sind!“
    Erik konzentrierte sich auf das Gesicht des Pfarrers, aber er bek am den Fokus nicht richtig hin.
    „Es kommt nicht darauf an, was Ihr Kopf Ihnen sagt, Erik. Hören Sie auf Ihr Herz. Ihr Herz!“ Thomas Hellermann l egte eine Hand auf Eriks Brust.
    Eriks Beine rutschten unter ihm weg. Er schlug der Länge nach hin und spürte die vom Regen und den Jahren glattpolierten Steine des Hofes an seiner Wange. Er roch die alte Erde unter den Steinen. Dann schloss er für einen Moment die Augen.

K apitel 12
     
    Ein Hämmern an der Tür weckte ihn. Schummriges Tageslicht fiel durch die Fenster ins Innere des Gästehauses. Er richtete sich im Bett auf, und der Raum um ihn herum schwankte. Der tiefe und traumlose Schlaf klebte an ihm wie Harz. Sein Schädel fühlte sich an, als sei er mit Watte ausgestopft. Als Erstes fiel ihm auf, dass er in seinem Bett lag und dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, wie er hierhergekommen war. Als Zweites bemerkte er, dass er komplett bekleidet war. Noch einmal hämmerte jemand gegen die Tür des Gästehauses, und es klang laut und ungeduldig. Hinter der geschlossenen

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