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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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Haltung auf jeden wirken musste, der ihm zufällig über den Weg lief, und richtete sich auf. Während er zum Marktplatz hastete, vorbei an den dunklen Häusern und ihren schlafenden Bewohnern, wurden seine Schritte fester und sicherer. Er fühlte, dass die Wirkung der Drogen nachließ.
     
    Kurz bevor er den Marktplatz erreichte, hielt er inne. Die Straße war menschenleer. Erik drückte sich an eine Hauswand und wartete, bis sein Herzschlag sich beruhigt hatte. Alles blieb ruhig.
    A ls er weiterlaufen wollte, hörte er plötzlich das Geräusch von Schritten, die sich von der anderen Seite des Platzes her näherten. Erik reagierte instinktiv. Er verließ die Straße und suchte Schutz in der Dunkelheit zwischen den Tannen abseits des Weges. Während die Schritte näher kamen, wich er tiefer in die Finsternis zurück, bis seine ausgestreckten Hände die kalte, raue Felswand des Großen Kirchners berührten. Er ging in die Knie und presste seinen Rücken gegen den zerfurchten Stein. Zwischen zwei Baumstämmen hindurch konnte er einen kleinen Ausschnitt der Straße überblicken. Er hielt den Atem an.
    Das Geräusch der Schritte auf dem Schotter wurde lauter. Dann hörte Erik das Meckern einer Ziege. Die Härchen in seinem Nacken stellten sich auf. Die Gestalt eines Mannes schob sich in sein Blickfeld. Der Mann ging gebeugt, sein Blick war fest auf den Boden geheftet. Im weißen Licht des Mondes ging Felix Sonnleitner an Eriks Versteck zwischen den Bäumen vorüber, ohne aufzusehen. Felix führte ein Zicklein an einem Seil hinter sich her. Als das Zicklein erneut meckerte, murmelte Felix leise beruhigende Worte.
    Dann waren beide aus Eriks Sichtfeld verschwunden, und als sie endlich außer Hörweite waren, ließ er den verbrauchten Atem aus seinen Lungen strömen und sog die frische Nachtluft in tiefen Zügen ein. Er fragte sich, was Felix zu dieser Zeit hinaus in die Kälte getrieben haben mochte. Aber ihm fiel nichts ein. Es musste mit dem Zicklein zu tun haben. Vielleicht ist es davongelaufen, und er hat es gesucht , dachte er vage, aber der Gedanke schien ihm nicht sehr schlüssig. Es war vier Uhr morgens.
    Schließlich ging er vorsichtig zur Straße zurück. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe war, überquerte er den Marktplatz. Ohne es zu wollen und ohne es zu bemerken, verfiel er dabei zurück in seine geduckte Haltung. Vor dem Bürgermeisterhaus blieb er stehen. Hinter ihm lag der Marktplatz leer und dunkel in der Nacht. Er betrat den Feldweg und folge ihm zu Konrads Haus. Die Äcker und Wiesen glänzten kalt im Schein der Sterne. Dahinter ragten die Tannen in den Nachthimmel wie schwarze Palisaden. Erik musste die offene Fläche überqueren, um zu Konrads Haus zu gelangen. Es gibt kein Zurück , dachte er. Wenn du dir jetzt keine Gewissheit verschaffst, wirst du nie wieder ruhig schlafen können.
    Gelächter brachte die erste Stimme in seinem Kopf zum Schweigen. Es klang rau und bösartig. Schau dir nur an wie du zitterst , sagte die zweite Stimme. Sie war voll von Hohn und Verachtung. Du zitterst wie ein altes Weib. Ich wünschte, du wärst es gewesen in jener Nacht. Ich wünschte, du hättest gebrannt. Ich wünschte, dein Bruder wäre an deiner statt nach Hause gekommen.
    Erik presste sich die Hände gegen die Schläfen.
    Davon kannst du nichts wissen , brüllte er innerlich. Du warst gar nicht da. Du kannst es nicht wissen!
    Die Stimme seines Vaters klang bitter, als sie sagte: Ich weiß alles über dich. Alles.
    Dann verstummte sie. Erik stand in der Dunkelheit und hielt seinen Kopf mit beiden Händen umklammert, so als wollte er verhindern, dass er in Stücke sprang. Schließlich ließ er die Hände sinken und sah sich vorsichtig um. Er war allein.
     
    Er ließ die Schmiede rechterhand hinter sich, überquerte den Hof und drückte sich in den Eingang des Wohnhauses. Nach einer Weile vernahm er ein leises Schnarchen, das aus dem Inneren des Hauses drang. Er legte eine Hand auf die Klinke. Die Tür schwang lautlos auf. Erik wartete, bis seine Augen sich an die Finsternis gewöhnt hatten. Er streckte seine Hände tastend vor sich aus, bis er das Treppengeländer berührte. Als er den Fuß auf die erste Stufe setzte, beschleunigte sich sein Herzschlag. Langsam und vorsichtig arbeitete er sich nach oben vor. Das Schnarchen wurde lauter. Er setzte seine Füße so behutsam wie möglich auf. Der Teppich dämpfte das Geräusch seiner Schritte, aber die Stufen waren alt, und einige davon

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