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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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sich die Umrisse eines einsamen Gebäudes schwarz vor dem Nachthimmel ab. Ihm blieb keine Zeit, das Haus außer Sichtweite zu umgehen, deshalb lief er geradewegs darauf zu.
    Als er die Gestalt bemerkte, die im Garten vor dem Haus stand, war es bereits zu spät. Das Geräusch seiner Schritte, das Keuchen seines Atems, das Klappern der Petroleumlampe hatten sein Kommen von weitem angekündigt. Die Gestalt stand reglos in der Finsternis und wandte ihm ihr Gesicht zu. Sternenlicht glitzerte in dunklen Pupillen. Felix Sonnleitner starrte ihn erstaunt an. Erik nickte ihm zu, und Felix erwiderte das Nicken wortlos. Erik lief an ihm vorbei, ohne seine Schritte zu verlangsamen. Dann hatte er das Haus der Sonnleitners hinter sich gelassen.
    Er presste sich eine Hand auf die Leiste, um das Seitenstechen zu lindern. Erik spürte, dass ihn die Kräfte verließen. Der Speichel in seinem Mund war zu klebrigem Schleim geronnen. Trotz der Kälte lief ihm der Schweiß in Strömen über den Körper. Als sich schließlich vor ihm leuchtend weiß die Kirche von Thannsüß aus der Dunkelheit erhob, entrang sich ihm zwischen zwei rasselnden Atemzügen ein triumphierendes Lachen, das wie das Schnauben eines Tieres klang.
     
    Er schlug die Tür des Gästehauses hinter sich zu, riss sich in der Dunkelheit die nassgeschwitzte Kleidung vom Leib und ließ sie achtlos neben das Bett fallen. Er schlüpfte unter die Decke, drehte den Kopf zur Seite und lauschte mit geschlossenen Augen und hämmerndem Herzen auf die Geräusche auf dem Pfarrhof.
    Nach weniger als zwei Minuten, in denen er mühsam versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen, hörte er Stimmengemurmel vor dem Gästehaus. Dann wurde die Tür aufgerissen. Das Geräusch von Schritten auf den hölzernen Bodendielen kam näher, wurde lauter und verstummte. Hinter seinen geschlossenen Lidern nahm Erik den flackernden Lichtschein einer Lampe wahr. Seine Muskeln verkrampften sich unter der Bettdecke.
    „Erik“, sagte der Pfarrer. „Sind Sie wach?“
    Nach einem Moment der Stille erklang Benedikts dröhnender Bass. Er brachte das Zimmer zum Vibrieren. „Strauss! Ich weiß, dass Sie wach sind.“
    Erik öffnete die Augen. Er zwinkerte verschlafen und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Benedikt“, murmelte er und war selbst überrascht, wie benommen seine Stimme klang. „Thomas.“ Er richtete sich im Bett auf. „Und Sie auch, Konrad. Ist etwas passiert?“
    „Es ist alles in Ordnung, Erik“, sagte der Pfarrer. „Wir wollten nur nach Ihnen sehen. Wie fühlen Sie sich?“
    „Ich fühle mich besser. Ich habe tief und fest geschlafen.“
    Benedikt trat näher heran und hob die Lampe. „Sie sind ja ganz rot im Gesicht, Herr Strauss.“ Seine Stimme klang gepresst, so als könnte er seine Wut nur mühsam zurückhalten. „Und der Schweiß läuft Ihnen runter, als hätten Sie gerade einen Marathon hinter sich.“
    „Haben Sie Fieber?“, fragte der Pfarrer und legte ihm eine Hand auf die Stirn. „Sie sind ganz heiß.“
    „Ich hatte furchtbare Alpträume.“
    „Alpträume.“ Benedikt schnaubte verächtlich.
    „Ich sehe immer wieder diese Bilder vor mir“, sagte Erik mit erstickter Stimme. „All das Blut ...“ Er schüttelte den Kopf. Dann sah er Benedikt direkt in die Augen. „Wenn Sie jetzt die Freundlichkeit hätten, mir den Grund Ihres nächtlichen Besuchs zu nennen, wäre ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Andernfalls würde ich Sie bitten zu gehen.“
    „Reden Sie nicht so geschwollen daher, Strauss.“ Ärger schwang in Benedikts Stimme mit, doch die mühsam gezähmte Wut schien abzuklingen.
    Konrad knetete seine ineinandergeschlungenen Finger und ließ die Gelenke knacken. Er sah sich unbehaglich um.
    „Das führt doch so zu nichts“, sagte Benedikt nach einer Weile. „Ich gehe.“ Er drehte sich um und marschierte ohne ein weiteres Wort zur Tür hinaus.
    Der Pfarrer räusperte sich. „Bitte verzeihen Sie unser Eindringen, Erik. Versuchen Sie noch ein wenig zu schlafen, das wird Ihnen gut tun. Ich selbst werde mich jetzt auch wieder zu Bett begeben. Gute Nacht.“
    „Gute Nacht“, sagte Erik.
    Konrad nickte langsam. „Nichts für ungut“, sagte er. Sein Lächeln wirkte freundlich, aber etwas in seinen Augen jagte eine Gänsehaut über Eriks Körper.
    „Lassen Sie uns gehen, Konrad.“ Der Pfarrer klang müde.
    Konrad wandte sich ab, legte Thomas Hellermann einen Arm um die Schulter und führte ihn zur Tür hinaus.
    Als sie endlich fort waren,

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