Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
zurück in den Schankraum. Eine Mischung aus Anspannung und gedämpftem Gelächter empfing ihn, doch binnen weniger Augenblicke schien sich die Spannung zu lösen. Bald erfüllte wieder Stimmengemurmel die Wirtsstube.
„Setzen Sie sich zu uns“, sagte Lothar. „Gerda, bring uns eine Runde Klaren.“
Ein schmales Lächeln umspielte Benedikts Lippen. Sein Mächtiger Schnauzbart glänzte im Schein der Lampen, seine geröteten Wangen leuchteten. „Wir wollen nicht streiten, Erik. Wir alle sind eine große Familie hier oben. Ich hoffe, Sie akzeptieren meine Entschuldigung.“
Gerda stellte drei gut eingeschenkte Schnapsgläser vor ihnen auf den Tisch. „Angerer, du wirst alt“, sagte sie und ließ ein meckerndes Lachen hören. „Sie hätten ihn vor ein paar Jahren erleben sollen!“
„Vor ein paar Jahren hätten Sie mir den Arm gebrochen“, sagte Erik leise. „So wie dem Wirt unten in Bruch.“
Benedikt sah ihn einen Moment lang ausdruckslos an, dann lachte er dröhnend. Sein Bauch wippte auf und ab und brachte den Tisch zum Wackeln.
„Stimmt das nicht?“, flüsterte Erik. „Sie haben ihm den Arm beim Karteln gebrochen. Er hat es mir erzählt.“
Benedikt grunzte zustimmend und erhob sein Glas. „Er hat beschissen, der Saukerl.“
Lothar hob ebenfalls sein Glas. „Kommen Sie schon, Erik. Trinken Sie mit uns.“
„Regel Nummer eins, Lehrer“, sagte Benedikt leise: „Lass dich nie erwischen.“
Erik sah Angerer direkt in die Augen. Benedikt zwinkerte ihm zu.
Erik schüttelte den Kopf. Er hob sein Glas, und sie stießen die beschlagenen Schnapsgläser aneinander. Dann tranken sie den eiskalten Obstler.
„Erik“, sagte Lothar, „was auch immer Sie glauben, gehört zu haben, Sie liegen falsch. Es ging nicht um Sie, sondern um Kanter. Sie kennen ihn nicht. Kanter arbeitet für uns. Er hat viel Kraft und wenig Verstand, deshalb erledigt er einfache Aufgaben, für die wir keine Zeit haben, nicht wahr? In letzter Zeit ist er nicht ganz bei der Sache. Er sollte die alte Mühle winterfest machen. Ich weiß nicht, ob Sie die Mühle kennen.“ Lothar sah ihn lange an. „Sie steht drüben am Waldrand. Kanter sollte die Flügel feststellen, die Fenster abdichten und so weiter, aber er hat sich einfach aus dem Staub gemacht. Wir haben ihn dann unten am Bergwerk gefunden, wo er seine Nase in den alten Stollen gesteckt hat, wo sie absolut nicht hingehört. Der Stollen ist einsturzgefährdet. Wir haben ihn vor Jahren zugenagelt und ein Verbotsschild aufgestellt.“
Benedikt lachte trocken. „Keine Ahnung, was Kanter dort wollte. Gott allein weiß, was in seinem Kopf vorgeht.“
„Wir machen uns Sorgen um ihn, nicht wahr? Und darüber haben wir uns unterhalten, Eri k.“ Lothar lächelte.
„Zufrieden?“, fragte Benedikt.
Erik blickte zu Boden. „Vielleicht war ich etwas voreilig. Ich bitte um Verzeihung.“
„Wir alle machen Fehler“, sagte Benedikt. „Und mit etwas Glück wachsen wir daran. So wie der Wirt unten in Bruch.“ Er bestellte eine neue Runde Schnaps, und Erik sah aus dem Augenwinkel das Grinsen, das sich unter seinem Schnauzbart ausbreitete.
Erst draußen vor der Schänke bemerkte Erik, dass er betrunken war. Er atmete tief die frische Luft ein, doch sie linderte seinen Zustand nicht. Er fühlte sich elend.
Du fühlst dich wie ein kleiner Junge , dachte er. Als Benedikt vorhin die Stuhllehne zerbrochen hat, hast du für einen Moment geglaubt, dein Vater sitze vor dir.
Ja , dachte er, aber nur für einen Moment. Vater hätte nicht aufgehört, nachdem er die Lehne zerbrochen hatte.
Das stimmt , sagte die Stimme seines Vaters. Ich hätte den verdammten Stuhl nach dir geworfen und dich mit der Lehne verdroschen. Und so wahr mir Gott helfe, ich hätte dafür gesorgt, dass du den Stuhl wieder zusammensetzt.
Ich weiß , dachte er. Und danach hättest du zwei Wochen lang kein Wort mit mir gesprochen.
Die Stimme seines Vaters klang laut im Inneren seines Schädels. Er hätte dir die gottverdammte Scheiße aus dem Leib prügeln sollen, Junge. Weil du es verdient hättest. Weil du anderer Leute Gespräche belauschst wie ein verfluchtes Tratschweib.
Sei still , brüllte Erik innerlich.
Er ging die Hauptstraße hinunter, schwankte dabei leicht, und das einzige Licht, das seinen Weg erleuchtete, war das Licht der Sterne. Die Nacht war kalt. Der Wind strich durch die Spalten des Gletschers. Es kla ng wie das Weinen eines Kindes.
Plötzlich hörte er ein Rascheln im hohen Gras neben
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