Der Teufel in uns - Mord in Bonn
und machte seine Stimme dunkel: „Du meinst, die Frau da ist Satan? Da irrst du dich! Sieh mir in die Augen, Holger! Sieh mir tief in die Augen!“
Er nagelte den verwirrten Zorn mit seinem Blick regelrecht fest, während er langsam ein möglichst diabolisches Lächeln auf seine Lippen legte. Er registrierte, wie die Hand mit der Wasserflasche abwärts sank – und wie plötzlich von der Seite Gottfried auftauchte, Ramona am Arm packte und sie zur Seite riss.
Bevor der alkoholisierte Mann richtig wusste, wie ihm geschah, war Gottfried mit Ramona schon aus seiner Reichweite, und Sascha verpasste Zorns Arm einen Handkantenschlag, der nicht von schlechten Eltern war.
Zorn schrie auf, ließ aber die verdammte Flasche nicht fallen, sondern ging jetzt damit auf Sascha los.
*
Holger stieß das spitze Glas ein paarmal nach vorne, aber viel erhoffte er sich nicht davon. Er war eingekesselt. Allein auf sich gestellt, die Geisel weg, er war ohne Chance!
Um Himmelswillen – Gott, so hilf mir doch!
Holger hielt die zerbrochene Flasche immer noch nach vorn, um diesen Satan abzuwehren. Denn der war schnell und hinterhältig.
Holgers Herz raste, er fühlte sich komplett nüchtern, ein Gedanke beherrschte seinen Verstand: Du darfst dich nur ja nicht überwältigen lassen! Versuche, durch das Fenster zu fliehen!
Gerade wollte er sich umdrehen, um durch das geschlossene Fenster zu springen, da sah er, wie die Augen des Teufels aufblitzten. Rot aufblitzten. Wie vorhin, als Holger von seinem Blick durchbohrt wurde und er in finsterste, rotglühende Abgründe geschaut hatte.
Noch bevor er reagieren konnte, war die Kreatur hinter ihm und nahm ihn in den Schwitzkasten. Er legte den brennenden Arm um seine Kehle und dünstete einen Geruch nach Schwefel aus.
Holgers Angst wuchs zur Panik, er brüllte „Du Scheißvieh!“ und versuchte, den Teufel abzuschütteln. Der aber hielt Holger fest umklammert, schrie ihm ins Ohr „Lass die Flasche fallen!“ und drückte ihm noch ein bisschen mehr den Hals zu.
Holger wurde die Luft knapp, und obwohl sein Verstand ihm sagte: Gib auf - gegen diese Mächte kannst du nicht gewinnen!, taten sein Arm und seine Hand etwas anderes: Sie versuchten, mit den Glaszacken der Flasche nach hinten dem Teufel ins Gesicht zu stechen.
Doch dann ließ der ihn ganz plötzlich los. Dann ein schrecklicher Schmerz in Holgers Knie. Er wusste, er würde fallen.
*
Nachdem Zorn mit der zerbrochenen Flasche fast Saschas Auge getroffen hätte, reichte es ihm. Er stieß den Mann von sich und trat ihm dann mit solcher Wucht in die Kniekehle, dass Zorn ächzend zu Boden stürzte. Als er bäuchlings vor Sascha lag, kickte der ihm noch schnell die Flasche aus der Hand.
Kurz darauf versuchte Zorn, sich aufzurichten, aber diese Anstrengung gab ihm wohl den Rest, denn auf einmal fing er an, sich zu übergeben. Sofort kamen ein paar Frauen näher, die anscheinend den Drang verspürten, sich um den Mann zu kümmern.
Sascha wandte sich ab und suchte nach Gottfried und Ramona. Die unscheinbare Ramona saß, noch blasser und grauer als sonst, auf einem Stuhl an der Wand. Eine schwarzhaarige Frau Mitte 30 presste ein Papiertuch gegen die Schramme an Ramonas Hals, wo sie vom Glas geschnitten worden war. Vor ihr standen Gottfried und Tina, verstrickt in eine Diskussion.
Sascha lächelte Ramona zu und meinte: „Na, bei euch ist ja wirklich was los! Schade, dass ich keine Kamera dabei hatte!“
Leidend lächelte sie zurück. „Danke, Arthur, das war genial von dir...und wie du Holger zum Schluss zu Fall gebracht hast – wo hast du das denn gelernt?“
„Ach was, das war doch alles Gottfrieds Idee.“ Sascha gab sich bescheiden und behielt Zorn immer noch im Auge. Ein Halbkreis aus Sektenmitgliedern hatte sich um den Schauplatz gebildet. Manche schauten ängstlich auf Zorn herab, der stöhnend am Boden lag, andere tuschelten, während sie zu Sascha hinübersahen. Vielleicht war jetzt eine Erklärung fällig. In Windeseile saugte sich Sascha eine aus den Fingern. „Weißt du, mein Hobby ist Kampfsport. Ich verdiene mir nämlich als Stuntman ein bisschen Kohle dazu. Grad vor zwei Wochen hatten wir eine ähnliche Szene im ,Tatort‘.“
„Du hast im ,Tatort‘ mitgespielt? Ist ja toll!“
Ramona schenkte ihm einen bewundernden Blick, und Sascha fühlte sich gebauchpinselt. Auch die schwarzhaarige Frau, die inzwischen ein Pflaster auf die Schramme geklebt hatte, geizte nicht mit verzückten Blicken und einem
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