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Der Teufel in uns - Mord in Bonn

Titel: Der Teufel in uns - Mord in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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seinem Blick?
    „Ein Freund meines Cousins“, fabulierte Sascha. „Der arbeitet in der Firma von Werner, dem Freund von Yvette da hinten.“
    „Was bist du von Beruf?“
    „Filmemacher.“
    „Wie interessant, dann kannst du ja einen Dokumentar-Film über uns drehen!“
     Jonas wandte sich um und meinte: „Wir sollten anfangen. Es sind doch immer dieselben, die zu spät kommen! Mit denen muss ich mal ein ernstes Wörtchen reden.“
    Ramona, die graue Maus, packte Sascha ohne viele Umstände am Arm und zog ihn mit sich. „Komm, wir setzen uns zu Tina und Gottfried an den Tisch. Wir drei waren von Anfang an dabei.“
    Da Jonas nichts zu Saschas Hut gesagt hatte, behielt er ihn einfach auf und begrüßte ein paar Schritte weiter am Tisch Tina, eine Frau um die Vierzig mit strahlend blauen Augen und einer dunkelbraunen Lockenmähne, die Sascha gleich verdächtigte, nicht ganz echt zu sein. Neben ihr saß ein sehniger Mann mit großkariertem Holzfällerhemd und kurz gestutztem Vollbart. Die beiden grüßten ernst und eher wortkarg zurück, und Gottfried starrte ihm in die Augen, als wolle er Saschas Gehirn bis in den letzten Winkel ausspionieren. Sascha starrte zurück, bis plötzlich ein großes Stühle-Rücken anhob, als sich nämlich die noch herumstehenden Mitglieder an den Tischen niederließen. Aber schließlich war es still, und fast alle blickten zu Jonas hinüber, der am Kopfende eines Tisches stand und die Hände faltete.
    „Beginnen wir damit, dass jeder in sich schaut und Gott um Selbsterkenntnis und Zufriedenheit bittet“, forderte Jonas die Leute auf, die tatsächlich mehrere Minuten schwiegen.
    Hier ging es um Selbsterkenntnis? Wie anspruchsvoll.
    Sascha nutzte die Gelegenheit, um nach potentiellen Serienkillern Ausschau zu halten, aber alle Männer, die vom Alter her in Frage hätten kommen können, sahen aus, als könnten sie nicht einmal ein Auto klauen. Außer vielleicht Valoschek und der Froschmann...oder der kräftige Kerl in der schwarzen Lederjacke, der dauernd nervös mit den Augen zuckte...oder Kirch, der fast schon zu gut schien, um wahr zu sein.
    Sascha war gerade bei Gottfried, dem Vollbärtigen mit den dunkel glühenden Augen angekommen (der ihn übrigens schon wieder anstarrte), als Kirch erneut das Wort ergriff.
    „Da wir heute einen Gast aus der Filmbranche hier haben“, er lächelte Sascha zu, „werde ich meine Predigt umstellen und über Filme reden. Ihr alle wisst, liebe Brüder und Schwestern, wie gefährlich negative Gedanken für uns sind, weil sie uns nur unglücklich machen und zu nichts führen. Aber es gibt auch negative Filme. Natürlich kann und will ich euch nicht vorschreiben, was ihr euch anseht, aber ihr solltet wenigstens vorher darüber nachdenken.“
    Ach, du liebes bisschen! Sascha ahnte schon, worauf das hinauslief. Und prompt ereiferte sich Jonas über Action- und Horrorfilme, die einem empfindsamen Menschen durch ihre massive Negativität wochenlang schwer auf der Seele liegen könnten. Sascha war natürlich anderer Meinung, aber das behielt er tapfer für sich.
    „Glücklicherweise gibt es auch aufbauende Filme“, dozierte Jonas Kirch weiter. „Filme über Menschen, denen Gott ein besonderes Talent geschenkt hat und die alle Hindernisse und Versuchungen überwinden, um das zu tun, wofür sie geboren sind. Denn nur das macht letztlich glücklich. Nicht Geld und nicht Ruhm. Ein schönes Beispiel dafür ist der Film über Billy Elliot. Hat den jemand gesehen?“
    Etwa ein Drittel der Anwesenden hob zögernd die Hand. Auch Sascha.
    Kirch fuhr fort: „Billy Elliot ist ein Junge aus dem Norden Englands, dessen größter Wunsch es ist, Balletttänzer zu werden. Denn das ist das einzige, das ihn glücklich macht. Das ist sein Talent, das ist für ihn der Sinn seines Lebens. Und dafür kämpft er, gegen den Vater, der ihn lieber zum Box-Training schicken würde, und gegen einen Großteil der Gesellschaft, die mit männlichen Balletttänzern nichts anfangen kann. Das ist ein Film, der Mut macht.“
    Deutlich vernehmbar knurrte Gottfried, der Bärtige, auf der anderen Seite des Tisches: „Ich kann aber nicht tanzen!“
    Ein paar Leute lachten, während Kirch ihm einen mahnenden Blick zuwarf. „Davon ist hier auch niemand ausgegangen. Aber du hast eine andere Begabung, von der du uns selbst erzählt hast. Du kannst Dinge reparieren, und das ist genauso viel wert wie Tanzen. Oder wie Kindergroßziehen. Wie Komponieren, wie Putzen, Lebensmittel verkaufen, und so

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