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Der Teufel in uns - Mord in Bonn

Titel: Der Teufel in uns - Mord in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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für die soziale Ungerechtigkeit in diesem Land? Was war das hier für ein weltfremder Verein?
    Als anschließend ein paar von Kirchs Regeln diskutiert wurden, wunderte sich Sascha noch ein bisschen mehr. Keine Nachrichten gucken? Nicht im Internet surfen? Niemals neidisch sein auf andere? Wie sollte das denn gehen?
    Was war das für ein Leben, in dem man alles Negative einfach ausblendete? Gab es nicht Leute, die behaupteten, man wachse eben gerade an Katastrophen und Schicksalsschlägen?
    Sascha begutachtete die Sektenmitglieder und kam zu dem Schluss, dass die meisten von ihnen vermutlich schon so viele Schicksalsschläge hinter sich hatten, dass sie einen weiteren nicht verkraften würden – und deshalb einfach den Kopf in den Sand steckten und hofften, das Schicksal sähe sie nicht.
    Eben sprach Jonas salbungsvoll: „Ich weiß, dass ich die Welt oder die Menschen nicht ändern kann, niemand kann das…aber ich kann versuchen, mich zu ändern und mir mein engeres Umfeld so einzurichten, dass es mir zumindest nicht mehr wehtut.“
    Als Fiedler, der Mann mit dem dünnen Hals, daraufhin völlig zusammenhanglos das Thema: ,Kann das Malen von Spiralen ein Zeichen von Besessenheit sein?‘ ansprach, verschwand Sascha schnell ein zweites Mal auf der Toilette, um sich ein paar Notizen zu machen. 

    *

    Tina war immer noch aufgewühlt: Da hatte Holger ja mal einen sensationellen Auftritt hingelegt! Was mochte nur in seinem armen Hirn vorgegangen sein? Und wie Gottfried und der seltsame Arthur zusammen Ramona befreit hatten! Als würden sie seit Jahren nichts anderes machen! Sehr eigenartig.
    Noch weit mehr hatte sie aber Tabeas Verhalten aufgeregt. Erstens klebte sie seit ihrem Eintreffen an Jonas wie Kaugummi am Schuh, zweitens hatte sie sich gar an ihn geklammert, als Holger gewalttätig wurde, und drittens hatte sich Jonas die ganze Zeit fast ausschließlich um sie gekümmert! Fast sah es so aus, als gebe es neuerdings eine besonders innige Beziehung zwischen den beiden!
    Gottfried hatte mehrmals versucht, Tina abzulenken, so als habe er gemerkt, was in ihr vorging. Aber sie wollte nicht abgelenkt werden! Verstand er nicht, dass er nur zweite Wahl war? Jonas war der, den sie haben wollte!
    Und es schien so, als müsse sie sich noch ein bisschen mehr anstrengen, um ihn zu bekommen!

    *

    Benjamin mochte den Kerl mit dem Hut und der komischen Brille nicht. Von Anfang an nicht, und erst recht nicht, als er den Helden spielen und Ramona retten musste! So ein Angeber!
    Zuerst hatte Benjamin sogar vermutet, dieser sogenannte Filmemacher habe sich mit Holger abgesprochen, um für einen spektakulären Auftritt in der Gruppe zu sorgen. Aber wie Holger zum Schluss zusammengebrochen war… Nein, ein so sensationeller Schauspieler war er bestimmt nicht!
    Und was Holger anging…der erinnerte ihn immer an seine Säufereltern, die er am Tag seiner Einschulung das letzte Mal als Paar gesehen hatte. 
    Ja, er hatte das Bild noch vor Augen, wie er mit seiner bescheidenen Schultüte (man hatte nie viel Geld übrig, das wurde ja in Alkohol investiert!) zurück nach Hause kam, in die Küche, wo sein Vater saß, mit diesem hässlich roten Gesicht, mit diesem verhangenen und gleichzeitig bösartigen Blick.
    Benny wollte gleich wieder aus der Küche verschwinden, aber sein Vater befahl ihm, zu erzählen, wie der erste Schultag gewesen war. Vor Angst fing Benny an zu stottern und bekam zu hören, dass er den Schulabschluss sowieso nicht schaffen würde. Er sei eine Niete, sei nichts wert, er würde als Obdachloser auf der Straße enden…also das, was er dreimal am Tag zu hören bekam. Und das alles mit einem Hass in der Stimme, den Benny nicht verstand.
    Seine Mutter, die genauso gern zum Glas griff wie sein Vater, mischte sich ein, es gab Streit, Gegenstände flogen durch die Luft, und plötzlich hatte der Vater ein Messer in der Hand. Er jagte Frau und Sohn durch die ganze Wohnung, ein Nachbar rief die Polizei, und die brachte Benny und seine Mutter erst einmal in Sicherheit.
    Ein paar Monate im Frauenhaus folgten, dann eine neue Wohnung. Mutter kam mit der Situation nicht zurecht und soff noch mehr als vorher.
    Vier Jahre später klappte sie mit schwerem Leberschaden und Wahnvorstellungen zusammen. Benny kam ,vorübergehend‘ in ein Heim, und auch er war kein einfaches Kind mehr. Schließlich entschieden die Behörden, dass er an Pflegeeltern vermittelt werden sollte. Aber Benny war nicht vermittelbar und blieb im Heim. Und hasste

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