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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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jetzt war ich schlicht verärgert. »Na schön. Nehmen wir also eine Auszeit«, stieß ich sarkastisch, ja böse hervor. »Und schnaufen tief durch. Hört sich doch nach einem guten Plan an.«
    In seinen großen braunen Augen waren ungläubige Überraschung und Kränkung zu lesen; er presste sie fest zusammen, als wollte er mein Gesicht um keinen Preis mehr sehen. »Okay, Andy. Dann befreie ich dich jetzt von meiner deprimierenden Gegenwart und gehe. Ich wünsche dir viel Spaß in Paris, ganz ehrlich. Bis bald.« Er küsste mich auf die Wange, als wäre ich Lily oder meine Mutter, und ließ mich völlig verdattert sitzen.
    »Und wenn wir noch mal darüber reden?« Ich versuchte ganz ruhig zu bleiben. Wollte er denn wirklich und wahrhaftig gehen?
    Er drehte sich um und sagte mit einem traurigen Lächeln: »Heute nicht mehr, Andy. Das hätten wir in den letzten paar Monaten, im ganzen letzten Jahr tun sollen. Jetzt alles in einen Abend zu stopfen, bringt nichts. Denk über das Ganze nach, okay? Ich melde mich in ein paar Wochen bei dir, wenn du wieder gut gelandet bist. Und viel Glück in Paris – du machst das super, das weiß ich.« Er ging zur Tür hinaus und schloss sie leise hinter sich.
    Ich rannte schnurstracks in Lilys Zimmer, um mir von ihr bestätigen zu lassen, dass er überreagierte, dass ich nach Paris musste, weil es das Beste für meine Zukunft war, dass sie kein Alkoholproblem hatte und dass ich keine schlechte Schwester
war, bloß weil ich außer Landes ging, nachdem Jill eben gerade ihr erstes Kind bekommen hatte. Aber Lily war, vollständig bekleidet, auf ihrer Tagesdecke weggesackt. Das leere Cocktailglas stand auf dem Nachttisch, der aufgeklappte Laptop neben ihr auf dem Bett. Ob sie wohl schon was fabriziert hatte? Na bravo! Die Kopfzeile war da: Name der Studentin und des betreuenden Professors, Nummer des Doktorandenseminars und (mutmaßlicher) Arbeitstitel des Beitrags: »Die psychologischen Folgewirkungen der emotionalen Verstrickung von Autor und Leser«. Ich prustete laut los, aber sie rührte sich nicht; also beförderte ich den Laptop zurück auf ihren Schreibtisch, stellte den Wecker auf sieben und machte das Licht aus.
    Kaum war ich in meinem Zimmer, klingelte das Handy. Nach den üblichen fünf Anfangsschrecksekunden, in denen ich jedes Mal zitterte, dass SIE es war, klappte ich es blitzartig auf; es konnte nur Alex sein. Unmöglich, dass er die Dinge so im Raum stehen ließ: er, der ohne Gutenachtkuss und »Träum was Schönes« keinesfalls einschlafen konnte. Ausgeschlossen, dass er so mir nichts, dir nichts davonspazierte und kein Problem mit der Vorstellung hatte, wochenlang nichts von mir zu hören.
    »Hi, Baby«, hauchte ich in den Hörer. So sehr ich ihn – ganz akut – vermisste, war ich fürs Erste doch auch froh, ihn bloß am Telefon zu haben. Mir brummte der Schädel, die Schultern klebten mir förmlich an den Ohren, so verkrampft fühlten sie sich an: Sag doch einfach, dass das Ganze ein Riesenfehler war und du dich morgen wieder meldest. »Schön, dass du anrufst.«
    »›Baby‹? Wow! Was sind denn das für rasante Fortschritte, Andy. Vorsicht, am Ende komme ich noch auf die Idee, dass Sie mir nicht ganz abgeneigt sind.« – Christian, der Süßholzraspler, mit hörbarem Grinsen in der Stimme.
    »Ach, Sie sind’s.«
    »Puh – nicht gerade die herzlichste Begrüßung, an die ich mich erinnern kann. Was ist los, Andy? Täuscht der Eindruck, oder blocken Sie mich in letzter Zeit ab?!«

    »Kein Gedanke«, log ich. »Ich hatte bloß einen miesen Tag. Wie üblich. Was gibt’s?«
    Er lachte. »Na, na, na. Jetzt aber. Kein Grund, Trübsal zu blasen. Sie sind auf der Überholspur zum großen Glück. Apropos, ich rufe an, weil ich fragen wollte, ob Sie Lust hätten, morgen Abend zu einer Preisverleihung und Lesung vom PEN-Club mitzukommen. Sind bestimmt viele interessante Leute dabei, und ich würde Sie gerne mal wieder zu Gesicht bekommen – aus rein beruflichen Interessen natürlich.«
    Für jemandem wie mich, der in Cosmo haufenweise Artikel zum Thema »Woran man erkennt, dass er es ernst meint« las, mussten spätestens an diesem Punkt die Warnglocken läuten. Taten sie auch, aber ich ließ sie bimmeln. Nach diesem elend langen Tag gab ich mich – bloß für ein paar Minuten – der Illusion hin, er könnte es am Ende vielleicht, vielleicht doch aufrichtig meinen. Scheiß drauf. Es tat gut, ein paar Worte mit einem männlichen Wesen zu wechseln, das nicht auf mir

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