Der Teufel und die Lady
mit Öl und Tempera einzufangen und sie festzuhalten.
Sie entfernte auch die Schienen seines anderen Arms und machte sich dann am Brustharnisch zu schaffen. Sie öffnete die seitlich angebrachten Schließen und nahm die Platten Stück für Stück ab. Während sie arbeitete, nahm ihre Ehrfurcht vor der Perfektion seines Körpers mehr und mehr zu.
Sie hatte ihrem Vater und ihrem Bruder schon unzählige Male beim An- und Ablegen der Rüstungen geholfen, das gehörte schließlich zu den Pflichten einer Frau von Adel. Doch bislang hatte sie das stets für eine langweilige Aufgabe gehalten, eine Pflicht, die im Grunde nichts anderes war als eine stumpfsinnige Schinderei. Dieser Mann jedoch faszinierte sie wie eine todbringende Schlange – wunderschön und gefährlich zugleich.
Als sie mit dem Harnisch fertig war, half sie ihm aus dem Kettenhemd und dem Wams darunter, bis sein Oberkörper nackt war. Ein silbernes, herzförmiges Medaillon, das er an einer einfachen Lederschnur um den Hals trug, weckte ihre Aufmerksamkeit. Das ausgefallene, filigrane Schmuckstück nahm sich seltsam aus an diesem wuchtigen, breiten Männerkörper, und Brenna streckte neugierig die Hand danach aus.
„Nein.“ Er bedeckte es mit seiner eigenen Hand und verbarg es vor ihren Blicken, noch ehe sie es berühren konnte. Seine Anspannung war plötzlich fast greifbar.
War das Medaillon ein Familienerbe? Das Geschenk einer Geliebten? Sie konnte sich nicht vorstellen, warum ein abgehärteter Krieger ein so zartes Schmuckstück tragen würde.
Wortlos nahm er das Medaillon ab, wickelte es in ein Tuch und legte es zur Seite, ehe Brenna es sich genauer ansehen konnte. Sein warnender Ausdruck in seinen Augen ließ keine weiteren Fragen oder Bemerkungen zu.
Sie zuckte zusammen und konzentrierte sich wieder darauf, seinen Körper zu begutachten. Wenn sie ihn umbringen wollte, durfte sie nichts anderes als ein Ungeheuer in ihm sehen – und kleine silberne Medaillons machten ihn nur allzu menschlich.
Sie strich mit dem Finger über seine Schulter. Nie zuvor hatte sie einen Mann wie ihn gesehen. Seine Schultern waren sogar noch breiter, als sie gedacht hatte. Andere Männer mochten den Umfang ihrer Arme und Schultern mit Polstern und Stoffeinlagen betonen – er hatte das nicht nötig.
Die Vollkommenheit seines Körpers weckte in ihr den Wunsch, mit den Händen die kraftvolle Beschaffenheit seiner Muskeln zu erkunden, sich zu vergewissern, ob er tatsächlich ein lebendes Wesen war, das man töten konnte. Sie fühlte sich hin- und hergerissen zwischen Faszination und Abneigung.
Sie zählte die feinen Narben auf seinem Bizeps. Vier zogen sich kreuz und quer über die eine Seite des Muskels, sieben auf der anderen. Beweise für die vielen Kämpfe, die er ausgetragen hatte. Und sehr wahrscheinlich siegreich.
Sie nagte an ihrer Unterlippe, als ihr klar wurde, dass sie sehr, sehr vorsichtig würde sein müssen. Mit den Händen konnte er ihr vermutlich das Rückgrat brechen, als wäre es gleichsam ein dünner Zweig. Nur ein einziges Mal konnte sie mit l’occhio del diavolo zustechen – und dabei musste sie erfolgreich sein.
Ein feiner Schweißfilm bedeckte seine gebräunte Haut, dadurch schienen seine Schultern zu schimmern, fast wirkten sie, als seien sie poliert. Brenna versuchte sich vorzustellen, wo sein Herz war. Keine Bewegung auf seiner Brust verriet, wo es schlug. Vielleicht hatte er ja gar kein Herz.
Sein Gesicht wirkte wie eine steinerne Maske, doch seine Augen glitzerten. „Kniet nieder und zieht mir die Stiefel aus.“
Sein Tonfall verletzte sie, aber sie kniete sich auf den Boden.
Hass schwelte in ihr. Er war wirklich der widerwärtigste Schurke, den sie je gesehen hatte. Bestimmt gehörte das Ausziehen des Schuhwerks zu ihrer Strafe. Genießt es ruhig. Nach der heutigen Nacht werdet Ihr mich nie wieder herumkommandieren. Sie sah ihn aus schmalen Augen an, sagte aber nichts. Wenn die Zeit gekommen war, musste er so verwundbar sein wie möglich. Selbst nur halb mit einer Rüstung bekleidet, sah er immer noch so aus, als wäre er imstande, einen Mann kaltblütig zu töten.
Oder eine Frau.
Sie unterdrückte einen Schauer, als sie daran dachte, was ihre Schwester von dem Unglücklichen erzählt hatte, der Ale auf Montgomerys Wams verschüttet hatte.
Vom Boden aus betrachtet, wirkte er noch riesiger als ohnehin. Sie umfasste erst den einen der großen schwarzen Stiefel an der Ferse und zog ihn aus, dann den anderen.
Seine Beinmuskeln
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