Der Teufel und die Lady
durchscheinende Haut und herrliches goldblondes Haar. Sie sah aus wie der Sonnenschein, und ihre Augen hatten die Farbe eines strahlend blauen Sommerhimmels.
Betörend wie Helena von Troja sah sie zu ihm auf, und ihr Blick hätte zweifellos ganze Nationen erobern können. Sie war eine Frau, die sehr genau um ihre Schönheit wusste und sie ganz gezielt einsetzte.
„Ihr bietet Euch mir an, um Eure Schwester zu retten?“, fragte er beherrschter, als ihm eigentlich zumute war.
„Ja, Mylord.“
„Ich verstehe.“ Er würde sie jemandem zur Frau geben, der blind für ihre Schönheit war und mit derartigen Weibsbildern umgehen konnte. Er wandte sich von ihr zu dem rothaarigen Frauenzimmer, das versuchte, die andere zum Aufstehen zu zwingen.
Als hätte sie gespürt, dass nun für sie die Stunde der Abrechnung geschlagen hatte, ließ seine Gemahlin ihre Schwester los und richtete sich auf, stolz und gerade wie eine Königin.
Er strich über das Heft des Dolchs in seinem Gürtel und zog den Augenblick in die Länge, um sie nervös zu machen. Am vergangenen Tag hatte sie für kurze Zeit die Nerven verloren und ihn förmlich angefleht, sie zu enthaupten. Vielleicht war ihre Ungeduld eine Waffe, die er viel besser gegen sie richten konnte als die Peitsche.
Seine Mission hätte eigentlich ganz einfach verlaufen sollen – durch die Hochzeit mit Lecrows Tochter eine gewisse Stabilität in die Region bringen, die Kontrolle über den Hafen übernehmen und die Rebellen vernichten, die den König zur Witzfigur gemacht hatten, indem sie verbotene erotische Kunstwerke verkauften, um Waffen dafür zu erstehen.
Stattdessen hatte man ihn in einen Hinterhalt gelockt. Beinahe erstochen. Getäuscht.
Er strich mit dem Finger über die Narbe auf der Wange seiner Frau und spürte zufrieden, wie sie erschauerte, trotz ihrer stolzen Haltung. Sie war hübsch, aber seine Braut war als Schönheit beschrieben worden, als eine englische Rose, deren strahlendes Aussehen Männer zum Weinen bringen konnte.
Er hätte wissen müssen, dass eine solche Beschreibung niemals einer Frau mit einer Narbe hätte gelten können. Die Gesellschaft übersah Narben oder sonstige vermeintliche Unvollkommenheiten nur äußerst selten.
Er hätte sich ohrfeigen können, weil er nie den Verdacht geschöpft hatte, vielleicht die falsche Frau geheiratet zu haben. Sie hatten ihn wie einen Narren behandelt, weil er sich wie ein Narr benommen hatte. In ihrer Kammer hatte ihn ihr Mut beeindruckt, ihre Bereitschaft, ihre Schwester sofort hinter sich zu ziehen und ihm furchtlos in die Augen zu blicken, so wie sie es jetzt auch tat. Als er in ihre funkelnden Augen gesehen hatte, war ihm der Widerspruch zwischen ihrer Narbe und den Gerüchten über ihre Schönheit gar nicht mehr aufgefallen.
Seine Finger gruben sich in ihre Schulter. Er widerstand dem Drang, sie aus der Großen Halle zu zerren, sie auf sein Bett zu werfen und ihr zu zeigen, wer hier der Herr und Meister war.
Er ärgerte sich schwarz, dass er das Sendschreiben des Königs nicht genauer gelesen hatte, mit dem er zu dieser Heirat aufgefordert worden war. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gegeben, den Namen seiner zukünftigen Gemahlin zu überprüfen. Schließlich war eine Adelige wie die andere. Zumindest hatte er das gedacht, bis seine jetzige Gemahlin versucht hatte, ihn zu erstechen und er gezwungen war, sie in Ketten zu legen.
Aber nicht einmal ihr Anblick in Ketten vermochte das brüllende Tier in seiner Brust zu besänftigen. Nicht, solange sie so unbeugsam und hochmütig dastand.
Gwyneth bemerkte sein offensichtliches Interesse an diesem Wildfang, mit dem er verheiratet war, und befeuchte ihre Lippen aufreizend mit der Zunge. „Ich möchte alles wiedergutmachen. Ich kann Euch gefällig sein. Ich möchte …“
„Gwyneth“, fiel James ihr ins Wort und betonte dabei ihren Namen absichtlich spöttisch, „ich habe bereits eine Gemahlin. Aber vielleicht bietet sie mir ja den gleichen Handel an wie Ihr, damit ich Euer Leben verschone.“
Seine Gemahlin schnappte erschrocken nach Luft, und er gönnte sich ein finsteres, zufriedenes Lächeln. Das Tier geisterte immer noch in ihm herum, aber es brüllte nicht mehr vor Zorn.
Die Dominanzfrage in ihrer Beziehung ein für alle Mal zu klären, war mit Sicherheit das beste Heilmittel für seine Wunden. Bei der Vorstellung, diese Furie, die ihn hatte erstechen wollen, gefügig in seinem Bett zu haben, durchzuckte ihn ein Stich des Verlangens. Wie
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