Der Teufel und die Lady
Gedanken gelesen. „Denkt gut nach, bevor Ihr handelt.“
Brenna legte den Kopf in den Nacken, um sein Gesicht zu studieren.
Seine Augen leuchteten wie dunkle Saphire, und er sah sie eindringlich an. Schließlich ließ er ihre Hand wieder los und zeigte auf die Seife und den Hocker neben ihrem Bett. „Rasiert mich.“
Sein knapper Befehlston ärgerte sie. Wenn sie ihn nun rasierte, anstatt ihn umzubringen, bewies das einmal mehr, wie vollständig sie ihm ausgeliefert war. Sie musste wenigstens noch einmal einen Versuch unternehmen, ihn loszuwerden. Sie musste . Oder etwa nicht?
Er drehte sich um, kehrte ihr offen den Rücken zu und ging zu dem Hocker. Arroganter Schuft! Als hielte er sie für so erbärmlich, dass er sie nicht einmal anzusehen brauchte. Er wusste auch so, dass sie parieren würde wie ein Hund.
Brenna fuhr mit dem Finger leicht über die Klinge und nahm die Spitze zwischen Daumen und Zeigefinger. Beim ersten Mal hatte sie versucht, ihn aus unmittelbarer Nähe zu erstechen, anstatt das Messer nach ihm zu werfen. Das direkte Zustechen beherrschte sie nicht. Aber jetzt befand er sich am anderen Ende der Kammer, wie eine ihrer Zielscheiben. Und dieses Mal war der Dolch sehr scharf.
Sie konnte ihn umbringen.
Er hat sich entschuldigt. Der Gedanke schoss ihr unerbittlich durch den Kopf. Er hat mich gebadet, massiert und nach meinem Sturz die Treppe hinaufgetragen.
Das waren nicht die Taten eines Ungeheuers.
Aber er hat mich über einen Monat in Ketten gelassen, ohne mich waschen zu dürfen und in ständiger Angst, meldete sich eine andere Stimme in ihr zu Wort.
Er hat mich gebadet.
„Brenna?“
Sie blinzelte und kehrte in die Gegenwart zurück, froh, von ihren widerstreitenden Gedanken abgelenkt zu sein.
Montgomery saß mit ausgestreckten Beinen auf dem Hocker, den er sich an den Tisch gezogen hatte. In dieser Pose hätte sie ihn nur allzu gern gemalt. Ein Gebieter, ein Gemahl, ein Mann, das ja. Aber kein Ungeheuer, das man töten musste.
Sie konnte ihn nicht umbringen. Bei dieser Erkenntnis unterdrückte sie nur mit Mühe einen Seufzer. Wenn sie doch nur den Mut gehabt hätte, sich selbst das Leben zu nehmen. Aber leider wollte sie leben, auch wenn das bedeutete, dass sie irgendwann die Ehe vollziehen musste.
Sie betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. Selbst in dieser entspannten Haltung hatte er keinerlei Ähnlichkeit mit den nackten Männern, die sie bislang gemalt hatte. Sie schmunzelte leicht. In Zukunft würde sie so etwas besser wiedergeben können.
„Ich möchte malen“, entfuhr es ihr unbedacht. „Ein Teil unseres Handels bestand darin, dass ich wieder malen darf.“
Er strich sich über die Bartstoppeln auf seinem Kinn. „Eigentlich war davon die Rede, dass Ihr mich jetzt rasiert.“
„Nein, es war die Rede davon, ob ich versuchen würde, Euch zu erstechen oder nicht, und ob es Euch gelingen würde, die Ehe zu vollziehen, ohne mich wieder in Ketten legen zu müssen.“ Sie hielt den Dolch hoch, um ihre Worte zu unterstreichen, aber jetzt hielt sie es nicht mehr an der Klinge, sondern am Heft. Harmlos.
Er schlug sich auf den Oberschenkel und lachte. „Wie überaus scharfsinnig, Mylady. Und wie habt Ihr Euch entschlossen?“
„Ich möchte malen. Ich möchte, dass Ihr die verdammte Truhe aufschließt und mich malen lasst. Ohne meine Kunst kann ich die Ehe und mein weiteres Los im Leben nicht ertragen.“
„Noch ein Handel, Mylady?“
„Einer von vielen, die wir bereits abgeschlossen haben“, gab sie scharf zurück. „Ihr habt mich im letzten Monat angekettet wie ein Tier, und wenn Ihr mich in diesem Zustand belassen wollt, dann will ich wenigstens, dass Ihr diese Truhe aufsperrt.“ Sie überlegte kurz, ob es ihrer Forderung Nachdruck verleihen würde, wenn sie sich den Dolch an die Kehle hielt, aber bestimmt durchschaute er sie, dass sie es nicht ernst meinte.
Er schürzte die Lippen, stand auf, holte den Schlüssel aus seiner Tunika und schloss die Truhe auf. Dann klappte er den Deckel hoch.
Eine Woge der Erleichterung überflutete sie. Am liebsten wäre sie gleich zu der Kiste hingelaufen und hätte in ihren Utensilien gewühlt.
Es irritierte sie, dass er ihre Freude und ihren Schmerz so leicht beeinflussen konnte – nach ihrer Malerei hatte sie sich in den vergangenen Wochen am allermeisten gesehnt. Sie war förmlich davon besessen gewesen, und das hatte sie noch mehr gestört als die Ketten und der Schmutz.
Montgomery stand breitbeinig vor der Truhe und stemmte
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