Der Teufel von Herrenhausen
bisher nichts Rechtes gemacht hatte, und dieser erfolgsverwöhnte
Akademiker passten einfach nicht zusammen. Sie bog in die Waterloostraße ein und
stellte ihr Auto ab.
Als sie den ZKD betrat, war Ostermann nicht zu sprechen. Er befand
sich in einer wichtigen Vernehmung, wurde ihr von Frau Kaiser, der Sekretärin,
mitgeteilt. Charlotte ging in ihr Büro, wo sie ihren Posteingang kontrollierte.
Nichts, was man nicht ignorieren konnte. Die Uhr zeigte kurz vor zwölf. Sie war
schlecht gelaunt und hungrig. Aber vielleicht war sie hauptsächlich deswegen
schlecht gelaunt, weil sie hungrig war. Sie
beschloss, sich in der Markthalle zu stärken und dann Ostermann zu stören, ob
ihm das nun gefiel oder nicht. Schließlich war er es, der immer über alles
genau Bescheid wissen wollte. Einen Moment zögerte sie und fragte sich, was das
wohl für eine wichtige Vernehmung war, bei der ihr Chef anwesend sein wollte.
Ob es was mit Bergheims Fall zu tun hatte? Der hatte ein paarmal versucht, sie
über Handy zu erreichen. Auch etwas, das man getrost ignorieren konnte, sagte
sie sich und machte sich zu Fuß auf Richtung Karmarschstraße. Sie musste
nachdenken.
Eine Stunde später
betrat Charlotte geläutert und satt die KFI1 .
Sie hatte eine Riesenportion Spaghetti carbonara verdrückt – Kohlenhydrate
machten eben doch glücklich. Auf dem Gang zu Ostermanns Büro kam ihr Bremer
entgegen.
»Aha«, begrüßte
sie ihn, »du kommst gerade richtig. Es hat sich was Neues ergeben …«
Bremer winkte ab.
»Weiß schon Bescheid, Martin hat mich angerufen.«
»Tatsächlich?«,
sagte Charlotte, die verwundert zur Kenntnis nahm, dass Martin Hohstedt
manchmal mitdachte.
»Und noch was,
Maren hat gesagt, dass einer der Hochzeitsgäste gesehen hat, wie sich zu später
Stunde am Rande des Hockeyfeldes zwei Männer gestritten hätten. Wäre beinah zu
einer Schlägerei gekommen.«
»Ach«, sagte
Charlotte, »wieso hat das sonst keiner gesehen?«
»Weil es sehr spät
war oder sehr früh am Morgen, ganz wie du willst, und der Typ auf dem Heimweg
war und vorher noch mal austreten musste.«
»Kannte er die
beiden?«
»Den einen nicht,
aber der andere war der Trauzeuge.«
»Malinek?«
»Ja, so ähnlich
heißt er.«
»Interessant«,
sagte Charlotte. »Darum kümmern wir uns später.«
Sie gingen zum
Vernehmungsraum, in dem Bergheim saß, zusammen mit einem kaugummikauenden
jungen Mann mit hellen, kleinen Augen und einem geschniegelten Mittdreißiger,
vor dem eine Aktentasche auf dem Tisch lag, was die Vermutung nahelegte, dass
er der Anwalt des Kaugummikauers war, und einem Uniformierten, der neben der
Tür stand. Ostermann war nicht da. Bergheim und Charlotte warfen sich einen
Blick zu, und Bremer starrte zu dem jungen Mann hinüber.
»’tschuldigung«,
sagte Charlotte, schloss die Tür wieder und machte sich auf den Weg zu
Ostermanns Büro.
»Moment«, sagte
Bremer verwirrt. »Den Typen kenn ich irgendwoher.« Er zog die verwirrte
Charlotte in den Nebenraum, und sie betrachteten die Männer im Vernehmungsraum
durch die Sichtscheibe.
»Also«, Bremer
hackte mit seinem Zeigefinger in Richtung des jungen Mannes, der niemand anders
als Sokolow war, »wenn der nicht auf der Hochzeit von dem Hofholt gewesen ist,
will ich kein Bulle mehr sein.«
Charlotte blickte
verwundert von Bremer zu Sokolow. »Bist du sicher?«
Bremer nickte
heftig. »Ich kann mich sogar an die Szene erinnern, wo ich den gesehen habe.
War ziemlich am Schluss an der Theke, da hat er sich mit einem betrunkenen
Pickelgesicht gestritten. Irgendwer hat sich dann zwischen die beiden gestellt.
Ich glaub sogar, es war der Bräutigam.«
Charlotte schwieg
und dachte nach. Was hatte das zu bedeuten? Hatte Sokolow etwas mit dem Mord an
Jutta Frieder zu tun?
»Komm«, sagte sie
zu Bremer. »Such mir die Stelle auf der DVD raus. Ich werd mit Rüdiger reden.« Wenn auch nur ungern, setzte sie in Gedanken
hinzu. Aber wenn es um einen Fall ging, musste man seine privaten
Empfindlichkeiten zurückstellen.
Sie betrat erneut
den Vernehmungsraum und bat Bergheim um ein Gespräch.
Der nickte dem
Uniformierten zu und kam dann zu Charlotte auf den Korridor, wo er sie
ärgerlich ansah.
Charlotte
ignorierte das. Wenn hier jemand Grund hatte, ärgerlich zu sein, dann war sie
das ja wohl. Sie räusperte sich. »Also, möglicherweise hat dein Gast unsere
Tote im Georgengarten gekannt. Bremer hat ihn identifiziert. Er ist sicher, ihn
auf einer der Hochzeits- DVD s gesehen zu
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