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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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hat die Zeit anscheinend einen viel stärkeren Einfluss. Alles vermehrt sich in so rasender Geschwindigkeit, dass man kaum mitkommt. Kennt Ihr den Sachsenhof in Greven?«
    »Nein, ehrlich gesagt nicht.«
    »Man hat dort Gebäude aus der Sachsenzeit ausgegraben und rekonstruiert. Nicht ganz so, wie die Originale gewesen sind, als ich durch diese Lande als Branagorn von Corvey im Auftrage verschiedener Herrscher streifte. Aber bisweilen suche ich solche Orte auf, weil sie wie ein Stück gefrorener Zeit wirken, wo zumindest die groben Umrisse an den früheren Zustand erinnern. Manche Kirchen gehören dazu, wie St. Martinus – ebenfalls in Greven –, wohin ich einst ein Evangeliar aus Corvey brachte. Aber selbst dieser Name hat heute keine Strahlkraft mehr! Viele glauben, Corvey wäre eine englische Stadt, dabei ist diese Abtei bei Höxter hier in Westfalen mal das geistige Zentrum des Reiches gewesen …«
    »Seien Sie nicht deprimiert, Branagorn.«
    »Habe ich keinen Anlass dazu?«
    »Nein.«
    »Selbst Ihr nehmt meine Mahnungen nicht ernst, werte Cherenwen, denn wie könnt Ihr sonst unvollkommen und nachlässig in Eurer Befragung der Bewohner des Hauses in der Nordwalder Straße sein?«
    »Ich bin unvollkommen, Branagorn. Wie wir alle.«
    Ein Satz, den Anna nicht gerne über die Lippen brachte und der sich fremd anfühlte. Nichtsdestotrotz traf er zu, auch wenn sie selbst sich gerne mit einem größeren Grad an Perfektion gesehen hätte. Aber das waren ihre ganz persönlichen Lebenslügen, und vielleicht tat sie besser daran, diese so weit wie irgend möglich auszublenden, wenn sie mit Branagorn sprach.
    »Ich halte Sie nicht für verrückt«, sagte Anna schließlich in die Stille hinein. »Sie haben besondere Talente und Eigenschaften, die Sie von den meisten anderen unterscheiden. Dadurch entstehen immer wieder Probleme. Darüber hinaus haben Sie zweifellos nicht nur besondere Talente, sondern auch besondere Schwierigkeiten, wobei das eine aus dem anderen zum Teil resultieren dürfte.«
    »Ich werfe Euch nicht vor, dass Ihr nicht vollkommen seid, Cherenwen, denn auf Eure Weise seid Ihr das für mich schon in jener anderen Welt gewesen, in der sich unsere Seelen zum ersten Mal begegnet sind. Aber ich werfe Euch vor, dass Ihr Euch mutwillig in Gefahr begebt.«
    »Wieso das?«
    »Ihr versteht noch nicht einmal, worauf ich hinauswill.«
    »Erklären Sie es mir.«
    »Ihr habt eher beiläufig davon berichtet, wie Ihr Eure Visitenkarten im Haus an der Nordwalder Straße verteilt habt.«
    »Ja, und?«
    »Ich glaube, das war ein Fehler.«
    »Wieso?«
    »Weil man das Böse nur dann anlocken sollte, wenn man auch bereit ist, sich ihm zu stellen, werte Cherenwen. Und das seid Ihr nicht.«
    Anna schwieg. Das Gespräch schien ihr nicht sehr ergiebig zu sein, und abgesehen davon hatte sie auch etwas dagegen, dass es darin mehr und mehr um ihre eigene Person zu gehen schien. Die Rollen sollten klar verteilt bleiben, dachte sie. Ich Therapeut – er Patient. Aber das sagte sie Branagorn aus irgendeinem Grund nicht. Nicht in dieser Klarheit zumindest.
    »Soll ich Sie direkt nach Kinderhaus bringen, Branagorn?«

Zugriff in Kattenvenne

    »Es macht vermutlich wenig Sinn, Tornhöven noch länger festzuhalten«, meinte Raaben, der auf dem Beifahrersitz des Volvo saß. Sie hatten Kattenvenne fast erreicht. Sven Haller war gefahren wie der Teufel, während Raaben per Handy Verstärkung angefordert hatte – weniger weil man damit rechnete, dass Timothy Winkelströter großartigen Widerstand leisten würde, als vielmehr deshalb, weil man Unterstützung bei der Durchsuchung seiner Wohnung und vielleicht auch des Lagers brauchte, wo er die Waren seines Internetshops lagerte.
    »Abwarten«, meinte Haller. »›Im Verlauf des nächsten Tages‹ ist noch nicht vorbei, würde ich sagen.«
    »Aber du kennst den Staatsanwalt, der wird das nicht mitmachen.«
    »Wir haben bis dahin ja vielleicht auch einen anderen Verdächtigen, auf den noch sehr viel mehr Indizien hindeuten.«
    »Schon mal darüber nachgedacht, dass diese Taten vielleicht irgendeine Art Mutprobe oder ein Einführungsritual innerhalb dieser Sekte sein könnte, um in der internen Hierarchie eine Stufe höher zu steigen?«
    »Sicher. Ich persönlich glaube ja auch, dass ein Verein, der Fliegen mit Stinkmorcheln anlockt und mit so einem Zeug die Teilnehmer für irgendwelche absolut unappetitlichen magischen Rituale einreibt, damit die Fliegen sie umschwirren, als wären es Leichen,

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