Der Teufel von New York
Polizisten, die einen Kupferstern tragen, genau dazu da sind«, erwiderte ich kühl.
»Aber es wird keine Schucker mehr geben , du einfältiger Sack Dünger!«, stöhnte Val und schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wenn die Öffentlichkeit dahinterkommt und wenn wir dann den Fall nicht schwuppdiwupp lösen – und das können wir nicht –, das wäre das Ende der New York City Police! Wenn du richtig Kohle machen willst, dann wette darauf, dass es mit der Polizei ein Ende hat, sobald erst die Nachricht die Runde macht, dass wir einen Kindermörder mit einer Schwäche für Freiluft-Rippchen nicht schnappen können.«
»Das hat der Polizeichef auch gesagt. Aber ich soll den Fall weiterverfolgen, Befehl von Matsell. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.«
»Scheiß auf Matsell«, knurrte er, » ich erteile hier die Befehle.«
»Ich gehöre nicht zum Achten Bezirk.«
»Nicht als Polizist, aber als ...«
»Und ich bin auch kein Feigling . Wie manch anderer.«
Das hatte gesessen, und zwar ein bisschen besser als es mir üblicherweise gelang. Val blinzelte. Seine Lippen zuckten vor Wut wie verbrannte Weidenrinde, ich machte mich schon darauf gefasst, dass ich gleich eins aufs Auge bekommen würde. Dann blinzelte er wieder, und ein spöttisches Grinsen glitt über die Wut wie eine Karnevalsmaske, die man sich schief auf die Nase setzt.
»Da ist noch was«, setzte ich langsam hinzu, »sonst würdest du dich nicht so aufregen. Was ist passiert?«
Er sagte kein Wort mehr, zog nur ein zusammengefaltetesPapier aus der Jackentasche und warf es auf den Boden. Mit dem unbestimmten Gefühl, eine ungeschriebene Regel verletzt zu haben, ging ich hin und hob es auf. Und ich brauchte es mir nicht lange anzuschauen, um zu begreifen, warum mein Bruder die ganze Versammlung unterbrochen hatte, um mir das zu zeigen. Ein paar kleine, aber kalte Tropfen Schuld liefen mir den Rücken hinunter. Und Schuld, so gering sie auch sein mag, ist ein Gefühl, das man unmöglich ignorieren kann.
In dem Brief stand:
Nehmt euch in Acht ihr prottesstantischen Türannen, denn ich bin das Fleisch gewordene Böse, das Laster ist gesünt und die Unzucht beschtraft aber es werden noch weitere geopffert ehe unsere Messer amerikanisches Blut vergiessen werden. Huhrenlaiber sollen mit dem Zeichen des Kreuzes gezeichnet werden, und das ungezihfer soll sich an ihren gedärrmen lahben, das haben sie verdient als Strafe für ihre schweren Sünden, und wenn die kleinen Teuffel zum schwaigen gebracht worden sind, dann isst eure Zeit gekommen. Gott wird uns erheben und die Iren werden auf euren Gräbern tanzzen. Glaubt mir, denn ich bin
Die Hand des Gottes von Gotham
»Ob das nun Humbug ist oder nicht, und wer auch immer das geschrieben haben mag, es macht dir Sorgen«, gab ich entschuldigend zu. »Ich verstehe sehr wohl, weshalb.«
Val sagte nichts. Mein Angriff hatte ihn offensichtlich mundtot gemacht. Er zog eine der Schreibtischschubladen auf und holte eine Whiskeyflasche heraus. Aus dieser nahm er drei kräftige Schlucke, bevor er behutsam mit seiner Manschette über die Öffnung wischte, die Flasche zurücklegte und die Schublade mit einem geringschätzigen Knall schloss.
»Das bedeutet, dass weitere Morde geplant sind«, wurde mir plötzlich klar. »Mein Gott, Val. Glaubst du das? Dass er sich wieder an die Arbeit macht? Dass ein Einwanderer mit verwirrtemGeist für all diese Toten verantwortlich ist? Ist es das, was dir zu schaffen macht?«
»Wer auch immer das geschrieben haben mag, er hat einen gewaltigen Sprung in der Schüssel. Wer auch immer glaubt, Kindern die Eingeweide aufzuschlitzen, sei ein lustiger Sport, ist ebenso geisteskrank. Die Polizei ist ein Verbündeter der Demokraten, und die Demokraten sind verbündet mit den Iren. Du kannst dir denken, was mir zu schaffen macht, Timothy, du hast ja Augen im Kopf.«
»Umso mehr Grund für mich, den Fall zu lösen, und zwar so schnell wie möglich, nicht wahr?«
»Wie schaffst du das bloß, morgens aufzustehen, wo du doch immer erst diesen strohdummen Quadratschädel hochbekommen musst? Na gut. Nehmen wir mal an, die Briefe sind echt. Nehmen wir mal an, du schaffst es, diesen meschuggenen Kerl hopszunehmen. Nehmen wir an, es ist tatsächlich ein Ire, der sich einen Spaß daraus macht, Schratzen zu fezzen – was meinst du, wie die Stadt auf die Nachricht reagieren wird?«
So ungern ich es auch zugab, mein Bruder hatte recht. Und mir dämmerte der wahre Grund, weshalb ich nicht hatte
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