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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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seine hämmernden Schläfen. »Was soll ich dem Boten sagen, Herr?«, fragte der Diener schüchtern. Ja, was?, dachte Vlad. Allein dieser eine Gedanke schien seinem Gehirn wehzutun. Auf keinen Fall konnte er dem Gesandten in diesem Zustand entgegentreten! Er versuchte, sich aufzusetzen, gab den Versuch jedoch auf, als ein Brechreiz in ihm aufstieg. Mühsam rang er den Drang nieder, sich zu übergeben, und schwor sich, nie mehr der Versuchung nachzugeben, das Vergessen zu erzwingen. Zwar hatte er einige Stunden geschlafen wie ein Toter. Aber dann waren die furchtbaren Bilder des Tages zurückgeschlichen in Träume, die durch den Alkohol verstärkt worden waren. Er schloss die Augen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Es half alles nichts. Er musste den Boten empfangen!
    »Sag dem Mann, ich komme gleich«, stieß er gepresst hervor. Nachdem das Schlagen der Zeltleinwand verriet, dass sein Çokadar den Befehl befolgt hatte, stemmte er sich unter allergrößten Schwierigkeiten in die Höhe. Sobald er sich in einer sitzenden Position befand, schien der Boden sich ihm entgegen zu bewegen. Einige Momente lang war er um sein Gleichgewicht bemüht. Erst als er sich zu dem Wassereimer zu seiner Linken vorgetastet und sich dessen Inhalt über den Kopf gegossen hatte, fühlte er sich ein wenig besser. Wie hatte er nur so töricht sein können, schalt er sich und wischte sich das nasse Haar aus der Stirn. Vorsichtig, um nicht zu fallen, kam er auf die Beine. Der Boden bewegte sich zwar immer noch ein wenig unter ihm, aber der kalte Wasserguss hatte geholfen. Da er offenbar in voller Kleidung auf sein Lager gesunken war, musste er nicht mit Stiefeln und Panzerhemd kämpfen, sondern konnte so, wie er war, hinaustreten in die Dämmerung. Der Mann, der ihn im Freien erwartete, war der gleiche, den er selbst vor zwei Wochen nach Edirne geschickt hatte. Er hatte Halil Pascha die Botschaft überbracht, dass Vlad seinen Auftrag erfüllt hatte. »Nun?«, fragte Vlad um einen festen Ton bemüht, während er sich unauffällig an einer der Zeltstangen abstützte. Der Reiter verneigte sich und hielt Vlad ein versiegeltes Schreiben unter die Nase. »Die Antwort des Großwesirs«, sagte er. Die Tatsache, dass Halil Pascha sich die Mühe gemacht hatte, etwas Schriftliches zu schicken, konnte nur eines bedeuten. Vlad ließ die Zeltstange los und erbrach mit zitternden Händen das Siegel. Dann trat er langsam zurück in sein Zelt, in dem eine kleine Talglampe für etwas Licht sorgte. Die wenigen Zeilen verscheuchten den Rest an Trunkenheit und ließen sein Herz leichter werden.
    »Der Großherr befiehlt dich an den Hof zurück. Brich ohne Unterlass auf. Der Ağa ist unterrichtet.«
    Die kühn geschwungenen Lettern darunter stellten den Namenszug des Großwesirs dar. Vlad bekreuzigte sich. »Allmächtiger Vater, ich danke dir.« Er faltete die Nachricht zusammen und verstaute sie unter seinem Zırh gömlek. Auch wenn er sich immer noch schwach fühlte, bückte er sich nach Waffen und Helm und rief seinen Diener zurück. »Sorge dafür, dass wir kurz nach dem Morgengrauen aufbrechen können«, forderte er den Jungen auf. Und trotz der schwachen Beleuchtung im Inneren des Zeltes sah er Erleichterung in den dunklen Augen des Knaben aufblitzen. Erleichterung, die auch ihn wie ein heilender Strom durchflutete. Das Abschlachten seiner Glaubensbrüder hatte ein Ende! Wie gut, dass er dank der Hilfe des Paters herausgefunden hatte, was Halil Pascha wissen wollte. Der Gedanke an den Priester verdrängte die Erleichterung, da Vlad klar war, was mit dem Mann geschehen würde, sobald der Ağa dachte, dass dieser seine Schuldigkeit getan hatte. Und das würde der Fall sein, noch bevor Vlad die Hälfte der Strecke nach Edirne zurückgelegt hatte. Die Übelkeit kehrte zurück, als er begriff, was das bedeutete. Der Laut, der sich in seiner Kehle bildete, klang wie das Ächzen eines uralten Mannes. Wie eine Gliederpuppe sackte er in die Knie, nur um sich sofort zu fangen und sich fahrig einen dunklen Umhang überzuwerfen. Dann verließ er auf steifen Beinen erneut seine Unterkunft. Zum Glück hatte sich der Bote bereits entfernt. Auch sein eigener Diener war nirgends zu sehen, da er den Aufbruch vorbereitete. Er hatte ihm aufgetragen, alle Sachen zusammenzusuchen und die Pferde zu satteln. Zögernd und widerwillig steuerte Vlad auf den Pferch der Gefangenen zu, die aufschreckten, sobald sie die Umrisse einer sich nähernden Gestalt erkannten. Ohne auf

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