Der Teufelsfürst
dir«, sagte der Bürgermeister und winkte den dritten Zeugen vor die Richterbank. »Als letzten hören wir Markus Beinlein, den Bader. Was hast du gegen die Angeklagte vorzubringen?« Zehra starrte den Mann ungläubig an.
Was sollte jemand, den sie noch niemals zuvor gesehen hatte, zu sagen haben, fragte sie sich. Und warum sah der Kerl dauernd in Richtung Tür? Sie wandte ebenfalls den Kopf, konnte aber in der Menge der Schaulustigen niemanden ausmachen, dem die Aufmerksamkeit gelten konnte. Die hochgewachsenen Stadtsoldaten versperrten die Sicht. »Vor einigen Wochen kam diese da«, er zeigte auf Zehra, »in mein Badehaus und gab mir einen kleinen Beutel mit einem Pulver.« Zehra öffnete erneut den Mund, um zu protestieren, aber Jakob Löw hob rechtzeitig die Hand, um sie davon abzuhalten. »›Kommt Karl von Katzenstein nicht regelmäßig zu dir?‹, hat sie gefragt.
Und als ich geantwortet habe: ›Ja, das tut er‹, hat sie mir das hier gegeben.« Er hob die Hand, in der ein kleines, ledernes Säckchen lag, sodass alle es sehen konnten. »›Wenn dir dein Leben lieb ist, mische ihm das in den Wein‹, hat sie mir befohlen.« Erneut blickte er sich ängstlich um, doch außer Zehra schien niemandem aufzufallen, dass seine Augen nicht in ihre Richtung wanderten. »Sonst«, fuhr der Bader fort, »würde sie mich mit einem Zauber belegen, der so mächtig ist, dass mir das Fleisch von den Knochen fault.« Er verstummte und mit ihm der gesamte Saal. Einige Lidschläge lang herrschte vollkommene Stille, dann räusperte der Prokurator Jakob Löw sich und verkündete mit fester Stimme: »Wir zweifeln die Redlichkeit der Zeugen an. Diese dort«, er wies auf die Magd Ita, »ist voller Lügen, weil sie ihrer ehemaligen Herrin grollt.«
Sein Zeigefinger wanderte weiter zu Beinlein, dem Bader.
»Und hat er nicht gerade gestanden, dem Opfer das Gift verabreicht zu haben?« »Richtig!«, rief jemand aus den Reihen der Zuschauer. Markus Beinlein erbleichte. »Wäre somit nicht viel eher er derjenige, der als Angeklagter hier vor Gericht stehen sollte?« Der Bürgermeister schien dieses Argument einen Moment lang abzuwägen. Dann allerdings schüttelte er den Kopf und erwiderte zu Zehras Entsetzen: »Mit diesen Argumenten hat das Gericht bereits gerechnet. Da Ihr somit zweien der drei Zeugen Unredlichkeit unterstellt, bleibt uns nichts anderes übrig, als zum wahren Schub zu greifen.« Zehra runzelte verwirrt die Stirn. Der Prokurator, der ihre Frage zu erraten schien, murmelte: »Indizien. Sie wollen auf Indizien zurückgreifen.« Sorge schwang in seiner Stimme mit. Ehe Zehra fragen konnte, worum es sich bei diesen Indizien handeln könnte, wandte sich der Bürgermeister wieder an Ita: »Du hast bei der Befragung durch die Wache erwähnt, dass du am linken Oberschenkel der Angeklagten ein Hexenmal gesehen hast, als du ihr beim Baden geholfen hast. Stimmt das?« »Ja«, gab Ita leise zurück. »Ein pechschwarzes Mal, dort wo der Leibhaftige sie berührt hat.« Zehras Kehle schnürte sich schmerzhaft zusammen. Das konnte nicht wahr sein! Wie hatte Ita das Mal sehen können? Hatte sie nicht stets darauf geachtet, dass es verborgen war? Hatte ihre Großmutter, von der sie den Makel geerbt hatte, sie nicht davor gewarnt, was geschehen konnte, wenn es jemand entdeckte? »Ein Aberglaube«, hatte die alte Frau abgewiegelt, doch offenbar ein gefährlicher. »Da Ihr die Redlichkeit der Zeugen anzweifelt«, wandte sich nun der Ammann an Jakob Löw, »bleibt dem Gericht nichts anderes übrig, als nachzusehen, ob dieses Hexenmal existiert.« Den Bütteln befahl er: »Haltet sie fest und entblößt ihre Beine.« »Nein!« Die Scham ließ Zehras gesamten Körper brennen. »Bitte nicht.« Ohne auf ihr Flehen zu achten, griff einer der Gerichtsdiener nach ihren Armen und hielt sie fest, während der andere ungeschickt ihre Röcke nach oben schob. Als sie spürte, wie der Stoff über ihr Geschlecht raschelte, wäre Zehra am liebsten im Erdboden versunken.
Mit glühenden Wangen senkte sie den Blick und unterdrückte ein Würgen, da der vor ihr kniende Büttel sie mit einem gierigen Ausdruck betrachtete. »Sie soll sich bücken. Dreht sie um«, forderte der Ammann. Und Zehra war beinahe froh, als die starken Hände des zweiten Dieners sie schließlich vornüber zwangen. Wenigstens war es jetzt nur ihre unbedeckte Rückseite, die von den Augen der Männer entehrt wurde.
Während sich eine Gänsehaut über ihre Glieder legte, dachte sie
Weitere Kostenlose Bücher