Der Teufelsfürst
Wahnsinn! Dafür hätte er 5 000 Ochsen kaufen können! Die Vorstellung ließ ihn den Kopf über die eigene Unvernunft schütteln. Zwar war es ihm zusammen mit seinem Bancherius gelungen, einen Winkelzug zu ersinnen, der einen Teil seines Besitzes vor den Gläubigern seines Vaters schützte. Doch wenn er so weitermachte, würde er schon bald nach einer neuen Einkommensquelle Ausschau halten müssen. Er fegte die unangenehmen Gedanken beiseite und badete in der Aufmerksamkeit der Städter. Mehr als ein Augenpaar folgte ihm und seinen Männern, als sie zurück zur Kronengasse trabten, wo Ulrich den Kauf einem seiner Knappen anvertraute. »Wenn auch nur eine Fliege auf sein Fell scheißt«, drohte er, »dann Gnade dir Gott!« Mit einem vernehmlichen Schlucken nahm der Junge ihm den Zügel ab und führte das Vollblut davon. Was für eine Hinterhand, dachte Ulrich. Mit solch einem prachtvollen Tier würde es ihm bei dem Turnier im Sommer sicherlich gelingen, die Aufmerksamkeit einer Edeltochter auf sich zu ziehen. Und dann würde ihre Mitgift dafür sorgen, dass sein Leben in Zukunft weitaus sorgloser verlaufen würde. Er fuhr mit der Hand in die Tasche, in der weitere 50 Gulden darauf warteten, ausgegeben zu werden. Da ihn der Handel mit dem jungen Schacherer durstig gemacht hatte, beschloss er, in einem der zahllosen Gasthäuser der Stadt etwas zu trinken. Vielleicht ergab sich ja auch die Gelegenheit zu einem kleinen Spielchen, bei dem er zurückgewinnen konnte, was er beim Würfeln vor drei Tagen verloren hatte. Er lud drei seiner Ritter ein, ihn zu begleiten.
Wenig später betraten sie einen überfüllten Schankraum.
»Jetzt weiß ich, wo ich den Bengel schon mal gesehen habe«, rief Jörg von Berg plötzlich aus, nachdem sie sich an einem Tisch niedergelassen hatten. »Bei der Hexenaustreibung!« Ulrich runzelte die Stirn und griff nach dem Krug, den eine Magd ihm reichte. »Du hast recht«, erwiderte er. »Die Kleine muss seine Schwester gewesen sein«, fügte der Ritter hinzu.
Ulrichs Augen verengten sich, während sein Verstand fieberhaft arbeitete. Er legte die Stirn in Falten, als eine Idee Gestalt in seinem Kopf annahm. Sollte Jörg recht haben mit seiner Vermutung, hatte sich soeben vielleicht ein Weg aufgetan, wie er den Preis für das Vollblut doch noch senken konnte. So hoffte Ulrich jedenfalls. Er griff in die Tasche und zog drei beinerne Würfel hervor. Wenn er versprach, der Verbannten Schutz zu bieten, würde der Hengst ihn vielleicht gar nichts kosten. Er leckte sich die Lippen, als ein Teller mit Hasenkeulen an ihrem Tisch vorbeigetragen wurde. Blieben nur die Fragen, ob das Mädchen noch am Leben und in einem schützenswerten Zustand war und ihrem Bruder genug an ihr lag.
Kapitel 20
Edirne, Sultanspalast, März 1447
»Du darfst dich erheben.« In der Stimme des Großwesirs schwang ein Unterton mit, den Vlad nicht zu deuten vermochte. Vorsichtig – um seine Wunden nicht wieder aufzureißen – löste er die Stirn von den Fliesen und kam schwerfällig auf die Beine. Die Kammer, in der Halil Pascha und Sultan Murad ihn empfangen hatten, war geräumig und mit kostbaren Teppichen geschmückt. In den Ecken sorgten Kohlebecken für eine angenehme Temperatur. Außer dem Großwesir waren zwei seiner Leibwachen, ein halbes Dutzend Pagen und ein grimmig dreinblickender Mann anwesend, der Vlad unter halb geschlossenen Lidern hervor betrachtete. Zu seiner Erleichterung war jedoch von Sultan Murad und seinen Janitscharen weit und breit nichts mehr zu sehen. Offenbar hatte das Oberhaupt des Osmanischen Reiches sich zurückgezogen, sobald Vlad sich zu Boden geworfen hatte. Auch wenn er den alten Mann nicht halb so verachtete wie seinen Sohn Mehmet, empfand Vlad dennoch abgrundtiefen Hass gegen ihn. War er doch der Todfeind all seiner christlichen Glaubensbrüder – die Geißel, welche den wahren Glauben immer weiter zurückzudrängen drohte. Misstrauisch ließ er den Blick über zwei Nischen wandern, die von farbenfrohen Vorhängen halb verborgen waren. Halil Pascha lachte. »Keine Sorge«, sagte er, »der Sultan hat Wichtigeres zu tun. Und Prinz Mehmet ist zurück in Manisa, um dort seinen Pflichten als Sancakbeği nachzukommen. Immerhin kann dieser Bezirk nicht ewig führerlos sein.« Die unverhohlene Abscheu, mit der er den Namen des Thronfolgers ausspuckte, ließ Vlad den Atem anhalten. Zwar war es Halil Pascha mit dem Aufstand der Janitscharen gelungen, Mehmet abzusetzen. Aber hatte er denn gar keine
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