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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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wofür er jahrelang gelitten hatte. Während ihm bittere Galle in die Kehle stieg, hob er die Waffe, schloss die Augen und rammte ihr die Klinge mitten ins Herz.
    »Heiliger Vater im Himmel, vergib mir!«, wisperte er und kam stolpernd auf die Beine. Er hatte einen wehrlosen Menschen getötet! Die Erkenntnis machte ihn schwindelig. Er musste sich an einem Baumstamm abstützen, um nicht den Halt zu verlieren. Einen Freund, einen Glaubensgenossen!
    Die Übelkeit verstärkte sich. Hatte ihn das Morden mit Pfeil und Bogen schon um seine Seele bangen lassen, schien die Untat, die er soeben begangen hatte, so ungeheuerlich, dass er erwartete, Gott würde ihn umgehend vom Antlitz der Erde tilgen. »Was ist?«, ertönte die Stimme des Akıncı so dicht hinter ihm, dass er zusammenfuhr. »Willst du dich nicht auch ein bisschen vergnügen?« Er legte Vlad eine gepanzerte Hand auf die Schulter und grinste ihn mit blutbesudeltem Gesicht an.
    Auch sein Zırh gömlek glänzte rot vom Blut der Erschlagenen.
    »Keine Sorge, niemand wird davon erfahren.« Er wies mit dem Kinn auf die drei jungen Mädchen, denen die Jäger Stofffetzen in die Münder geschoben hatten, um zu verhindern, dass ihr Geschrei andere Fliehende warnen konnte. »Komm schon, du hast es verdient.« Er schob Vlad auf die kleine Gruppe zu – vorbei an den Leichen der Albanerinnen. Über zweien der Gefangenen grunzten bereits Akıncı, wohingegen das dritte Mädchen sich noch mit Händen und Füßen wehrte.
    Wie eine Furie trat sie um sich, und selbst die harten Schläge in ihr von Furcht entstelltes Gesicht konnten sie nicht bändigen. »Lass es ihn mal mit dieser Hexe versuchen!«, tönte der Kerl neben Vlad und gab ihm einen Stoß in den Rücken, sodass er vorwärtsstolperte. Der andere Jäger ließ mit einem verächtlichen Knurren von dem Mädchen ab, versetzte ihm einen Tritt in den Bauch und zuckte die Achseln. »Bitte«, brummte er. »Ich nehme eine der anderen.« Damit kehrte er der Gefangenen den Rücken. »Nimm sie dir«, drängte Vlads Begleiter. Und während der junge Walache die Albanerin bestürzt ansah, wurde ihm erneut siedend heiß klar, dass es keinen Ausweg für ihn gab. Wenn er vor den anderen Akıncı nicht das Gesicht verlieren wollte, musste er tun, was von ihm erwartet wurde.
    Mit einem grauenvollen Gefühl in der Magengegend trat er an das Mädchen heran und benetzte die trockenen Lippen. Dann gab er sich einen Ruck, kniete sich über sie und nestelte an seinem Gürtel herum. Als sie sich auch gegen ihn zur Wehr setzte, holte er aus und machte sie mit einem gewaltigen Schlag besinnungslos. Das war die einzige Gnade, die er ihr gewähren konnte. Sicher, dass sie nichts von alledem merken würde, packte er sie am Genick, rollte sie auf den Bauch und tat, was nicht zu vermeiden war. Kaum hatte er sich in sie ergossen, stemmte er sich in die Höhe, zog den Dolch und erlöste sie von ihrem Leid. »Warum hast du das getan?«, empörte sich sein Begleiter und starrte enttäuscht auf die tote junge Frau hinab. »Was ist mit mir?« Vlad hob gezwungen gleichgültig die Schultern und bemühte sich um einen abfälligen Ton. »Mit der hättest du nicht mehr viel Spaß gehabt.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, machte er sich steifbeinig auf den Weg zu seinem Reittier und schwang sich auf dessen Rücken. Dort wartete er, bis auch der letzte Akıncı auf seine Kosten gekommen war – bemüht, sich die Verachtung, die er für sich selbst empfand, nicht anmerken zu lassen. Er hatte sich benommen wie eines dieser wilden Tiere, die er mehr verabscheute als sonst etwas auf der Welt. Der gehetzte Ausdruck im Gesicht der Albanerin würde ihn vermutlich bis ans Ende seines Lebens verfolgen. Er biss die Zähne zusammen und zwang das Stöhnen nieder, das in ihm aufsteigen wollte. Alles, was er tat, hatte nur einen Zweck: Am Ende den Feind der Christenheit zurückzuschlagen und Gottes Namen zu ehren. Und dazu waren Opfer nötig, redete er sich ein. Opfer, die erbracht werden mussten, ganz egal, wie furchtbar sie waren!
    Die Rückkehr ins Lager der Akıncı verlief ohne weitere Zwischenfälle. Zwar hatte sich der Brand von dem Dorf auf ein angrenzendes Waldstück ausgebreitet – inzwischen lief eine Feuerschneise den Steilhang eines der vielen schroffen Berge hinauf. Jedoch stellte dieses Inferno keine Bedrohung für die Türken dar, da sie ihr Lager mehrere Meilen weiter östlich aufgeschlagen hatten. Rings um den Ohridsee thronten trutzige Festungen, auf deren

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