Der teuflische Lord (German Edition)
mit dem feuchten Tuch über seine Brust, nachdem sie ihm genügend Zeit gegeben hatte, dass ihre Worte in seinen Geist eintauchen konnten.
„Ich werde versuchen Euch keine Schmerzen zu bereiten. Aber ich bitte Euch, mir auch nicht weh zu tun.“
Dass sie eine Forderung stellte, die nicht hierher gehörte, beschämte Melisande, kaum dass sie die Worte ausgesprochen hatte. Deshalb nahm sie sie sofort wieder zurück, während sie vorsichtig mit dem Lappen über die Haut des Ritters strich.
„Ich habe es nicht so gemeint, wie es sich für Euch vielleicht angehört hat, Nikolas. Es sollte keine Drohung sein. Ich werde Euren Zustand nicht dafür ausnutzen, Euch Schaden zuzufügen!“
Sie tauchte den Stoffstreifen erneut in die Wasserschüssel und wand ihn aus, bevor sie damit über die kräftigen Armmuskeln des Ritters fuhr. Zuerst über den linken Arm und dann auf die gleiche Weise über den rechten Arm. Dabei wurde kein Wort gesprochen. Das zerrte an Melisandes Nerven, auch wenn sie wusste, dass ihr Patient im Augenblick gar nicht ansprechbar war. Um ihre Nervosität nicht vor sich selbst eingestehen zu müssen, füllte sie die Stille einfach mit ihrer eigenen Stimme und ihren eigenen Worten.
„Ihr seid wirklich ein beeindruckender und stattlicher Ritter, Mylord. Warum musstet Ihr nur so ein Verhalten an den Tag legen, das Euch diesen schrecklichen Beinamen eingebracht hat?“
Schon wieder hatte sie etwas gesagt, das sich wie ein Vorwurf anhörte. Sie hatte wahrlich nicht das Recht, ihm Vorhaltungen zu machen. Deshalb nahm sie auch diese Worte sofort wieder zurück.
„Vergesst, was ich gesagt habe! Ich bin ganz sicher nicht dazu geeignet, ein Urteil über Euch zu fällen. Aber wenn Ihr nur der wäret, der sich mir in der Hütte gezeigt hatte, dann wäre vieles einfacher…“
Sie sollte solche Dinge weder sagen noch denken. Sie sollte ihm auch nichts unterstellen, wozu er sich gerade nicht äußern konnte. Ihre Aufgabe bestand darin, seine Pflege gewissenhaft zu erledigen und nicht sich zu fragen, wie Nikolas zu dem Titel Teufel von Thorn gekommen war.
„Wisst Ihr eigentlich“, schnitt Melisande darum ein anderes Thema an, „dass diese Tätigkeit das erste wirklich Nützliche ist, was ich seit langer Zeit getan habe? Der Haushalt des Oheims brauchte keinerlei Unterstützung, und ich war wohl noch zu sehr mit der Trauer um meinen Vater beschäftigt.“
Melisande hielt inne und tauchte das Tuch erneut ins Wasser, um es dann auszuwinden, bevor sie damit dieses Mal über das markante Gesicht des Ritters strich.
„Wenn Anouk hier wäre, dann würde sie mich sicher dafür schelten, solch unsinnige Dinge von mir zu geben. Aber leider ist sie nicht hier, und ich weiß nicht, wo sie jetzt sein könnte…“
Als sie aussprach, was ihr außer der Gesundheit des Ritters noch Sorgen bereitete, musste Melisande hart schlucken. Ihre Freundin hatte sie dabei unterstützt, sich vor den Klauen eines vermeintlichen Monsters zu schützen. Auch wenn dieser Plan nicht von Erfolg gekrönt war, so blieb doch die bange Frage, was mit Anouk geschehen war.
„Mylord, wenn Ihr wieder gesund seid“, und diese Möglichkeit zweifelte sie im Augenblick gar nicht mehr an, „würdet Ihr mir dann vielleicht einen Wunsch gewähren?“
Diese dreiste Frage an einen Bewusstlosen zu stellen erschien ihr nicht zu vermessen, da sie ja wusste, dass er darauf sowieso keine Antwort geben würde. Aber wenn sie ihr Anliegen schon einmal probeweise äußerte, würde es zu einem späteren Zeitpunkt leichter sein, es zu wiederholen.
„Könntet Ihr nach meiner lieben Anouk suchen lassen? Ich muss wissen, ob es ihr gut geht. Sie ist der Mensch, der mich immer umsorgt und behütet hat. Könntet Ihr Euch vielleicht dazu überwinden, mir diesen großen Gefallen zu tun, wenn Eure Gesundheit wieder hergestellt ist?“
Sie strich ihm das feuchte Haar aus dem Gesicht und kühlte Stirn und Hals.
„Ich möchte keine Forderung an Euch stellen, Nikolas. Es ist nur eine innig geäußerte Bitte.“
Sie entschuldigte sich schon wieder. Warum tat sie das nur, wo er doch sowieso nicht in der Verfassung war, auf ihre Worte zu reagieren. Machte er ihr sogar in diesem Zustand noch Angst?
Wenn das so wäre, dann wäre das keine gute Voraussetzung, um seine Braut zu werden. Diese Vorstellung machte Melisande traurig, und sie wollte nicht traurig sein. Darum ließ sie sich auch zu einer Bemerkung hinreißen, die der Ritter zum Glück genauso wenig hörte wie all
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